Das Zauberwort lautet "Teamarbeit"
Die Corona-Pandemie ist für Mütter eine besonders große Herausforderung

Von Tanja Radan
Neckar-Odenwald-Kreis. Die Corona-Pandemie belastet alle. Jeder muss sich einschränken und auf so manche Gewohnheiten verzichten. Besonders herausfordernd ist Corona jedoch für Mütter, die nun oft mit Kleinkind auf dem Schoß im Homeoffice sitzen. Wir haben uns zum morgigen Muttertag mit Angelika Bronner-Blatz, der Beauftragten für Chancengleichheit im Neckar-Odenwald-Kreis, unterhalten und gefragt, wie es den Müttern in Zeiten von Corona geht.
Die Schule fällt aus, die Kita ist geschlossen und Virologen empfehlen, die Kinder nicht zu Oma und Opa zu bringen. Wie geht es Müttern damit?
Es handelt sich um eine neue Situation, die für alle Familien eine erhebliche Umstellung bedeutet. Denn in der Tat sind alle, die in solchen Zeiten Kinder betreuen, wieder einmal als Multitasking-Talent gefordert, um den Spagat zwischen Homeoffice, Kinderbetreuung und Haushalt zu meistern. Die neue Situation birgt aber nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen: Können Oma und Opa ihre Enkel nicht vor Ort betreuen, so gibt es beispielsweise – je nach Alter der Kinder – auch Möglichkeiten der Nutzung neuer Medien, um den Enkeln vorzulesen, die Schulaufgaben zu betreuen, von früher zu erzählen. Umgekehrt können Oma und Opa von den Enkeln profitieren, die ihnen weitere Möglichkeiten der Nutzung neuer Medien erschließen helfen. Oder auch: das Mittagessen für die junge Familie vorbereiten und in gebührendem Abstand mit Mund-Nasen-Maske übergeben. Ich sehe viele Familien, die sehr kreativ mit dieser Situation umgehen.
Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, war schon vor Corona für viele Mütter ein ständiger Kraftakt. Inwiefern hat die Pandemie die Doppelbelastung für Mütter verschärft?
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Frauen in Deutschland verwenden täglich gut anderthalbmal so viel Zeit für die Sorgearbeit für Kinder und pflegebedürftige Senioren als Männer. Und diese Arbeit rückt in der aktuellen Situation noch einmal verstärkt in den Blickpunkt. Aber meine Wahrnehmung ist: Die jungen Familien haben arbeitsteilige, funktionierende Lösungen gefunden.
Man kann immer wieder lesen, dass die Corona-Krise eine Krise der Frauen ist. Warum ist das so?
Die Zeichen verdichten sich, dass die mit der Corona-Krise verbundenen Einschränkungen zu einer Zunahme von häuslicher Gewalt führen. Im Neckar-Odenwald-Kreis verfügen wir über ein gut funktionierendes Hilfesystem, das in Gewaltsituationen im häuslichen Umfeld beraten und helfen kann. Experten des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) rechnen aufgrund von wirtschaftlichen Einbrüchen, anhaltenden Ausgangsbeschränkungen und unterbrochenen Lieferketten mit einem Anstieg bei ungeplanten Schwangerschaften, Kinderehen und häuslicher Gewalt. Die Pandemie könnte außerdem auch noch zu erheblichen Verzögerungen von Programmen zum Schutz von Frauen führen.
Man hört, dass Mütter verzweifelt versuchen, Homeoffice, Kinder und Haushalt unter einen Hut zu bringen, während die Väter die Tür schließen, um ungestört ihrer Arbeit nachzugehen. Sieht Arbeitsteilung im Jahr 2020 wirklich so aus?
Nein, definitiv nicht. In vielen Familien ist die Arbeitsteilung alltäglich. Sofern nicht bereits eine möglichst ausgeglichene Aufteilung zwischen den Partnern besteht, wird es spätestens mit dem "Corona-Alltag" höchste Zeit. Als positiver Nebeneffekt stärkt die gemeinsame Aufgabenbewältigung ja auch den Familienzusammenhalt. Klar ist, dass Arbeit und Familienleben am selben Ort einer klaren Planung bedürfen: Der Tag und die Woche müssen strukturiert werden: Was ist für wen an welchem Tag besonders wichtig? Was kann verschoben werden? Was lässt sich am Abend oder am Wochenende tun? Die Absprachen sind anders als vor Corona. Ein Prozess, der Zeit braucht. Aber auch hier zeigen Gespräche mit jungen Familien, dass sich der neue Alltag einspielt.

Was müsste man seitens der Politik in dieser Krise besser machen?
Diese Krise hat von Anfang an einen sehr dynamischen Verlauf mit sehr vielen Fragezeichen genommen. Die Politik reagiert darauf aus meiner Sicht sehr umsichtig und bedacht. Im Endeffekt sind wir in der jetzigen Zeit doch alle Krisenmanager. Jeder trägt sein Mögliches zur Bewältigung bei. Das kann weder die Politik noch eine Mutter alleine.
Wäre aus Ihrer Sicht ein "Corona"-Elterngeld sinnvoll?
Hierzu darf ich die Bundesregierung zitieren: "Um junge Familien auch während der Corona-Pandemie unterstützen zu können, werden die Regelungen für das Elterngeld zeitlich befristet angepasst. Das ist wichtig, damit Eltern, die aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen Einkommenseinbußen erleiden, keine Nachteile haben." Das finde ich richtig.
Wie können Kinder ihren Müttern und Männer ihren Frauen in Zeiten von Corona den Alltag erleichtern?
"Teamarbeit" ist hier das Zauberwort. Wenn sich alle ihren persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten nach in die Familie einbringen und so zu dem guten Miteinander und Füreinander beitragen, sind die gestellten Aufgaben gemeinsam zu bewältigen. Dabei können Eltern und Kinder sehr viel voneinander lernen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen zudem, dass in der Familienarbeit erworbene Elternkompetenzen auch positive Auswirkungen auf das Berufsleben haben.



