Mosbach

Kunstformen der Natur reloaded

Ausstellungspremiere in der Mediathek: Oliver Spannangel zeigt "Botanic Vision".

08.02.2023 UPDATE: 08.02.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden
„Ich finde die hiesigen Pflanzen spannend“, sagt der Mosbacher Künstler Oliver Spannagel (l.). In der Mosbacher Mediathek zeigt deren Leiter Raimar Wiegand erstmals Kunst – und zwar hoch oben auf den Regalen. Foto: Peter Lahr

Von Peter Lahr

Mosbach. "Eigentlich haben wir ja gar keine Ausstellungsfläche in der Mediathek", erklärt Raimar Wiegand. Denn alle Wände seien mit Bücherregalen belegt, so der Mediatheksleiter. Doch der Mosbacher Künstler Oliver Spannagel hatte eine kreative Idee: Er platziert seine Arbeiten einfach auf den Regalen. Unter dem Titel "Botanic Vision" sind die gerahmten Kunstwerke nun bis 26. März zu sehen. Und verweisen damit auch auf den (verschobenen) Vortrag von Bärbel Oftring, die am 22. März im Rahmen der Nachhaltigkeitsreihe über Blühparadiese vor der Haustür berichten wird.

Ernst Haeckel (1834 bis 1919) setzte sich nicht nur dafür ein, Darwins Evolutionslehren in Deutschland bekannt zu machen. Anfang des 20. Jahrhunderts publizierte er ein riesiges Tafelwerk, die "Kunstformen der Natur". Denn der "deutsche Darwin" war überzeugt davon, dass die Natur selbst Künstlerin und Schöpferin objektiv schöner Formen sei.

Dass das Mappenwerk auch über 100 Jahre später nichts von seiner Wirkkraft verloren hat, liegt an mehreren Kunstgriffen des Forschers. Denn er ordnete seine Schaubilder meist symmetrisch an, ließ sich von unterschiedlichen Größenverhältnissen nicht beeindrucken und schuf somit zeitlose, vom Jugendstil beseelte Naturkunst.

Auch Oliver Spannagel setzt in seinen Arbeiten gerne auf Spiegel- und Translationssymmetrien. Doch geht er einige kreative Schritte weiter als Haeckel. Am PC schafft Spannagel nicht minder zeitlose "Mixed-Media-Werke", die Fotografie, Handzeichnung, Aquarell, Radierung und Malerei gekonnt zusammenbringen. Seine – häufig gespiegelten Motive – kombiniert er mit klaren, starken Farben.

Der wissenschaftliche Hintergrund verbindet Spannagel ebenfalls mit Haeckel. Denn er hat lange Zeit für anatomische Bücher gezeichnet, also "von der Pike auf" gelernt, die Motive zu durchdringen. Während der Pandemie kam ein weiterer Schaffenszweig dazu. Wie einst im Botanikstudium, wollte Spannagel wieder Pflanzen "live" vor Ort zeichnen – und zwar im Jahresverlauf. Als Motive boten sich Tulpen und Rosen im Garten an, aber auch eine Wegwarte auf einer Lichtung im Wald. Motivische "Ausreißer" bilden ein menschliches Handskelett sowie ein Schädel.

"Das Zoom spielt eine große Rolle", verweist der Künstler auf die besonders kreativ umgesetzten Größenverhältnisse. Mit einem speziellen Grafikprogramm arbeitet er schon seit Jahren und liebt es, dabei immer wieder zu experimentieren: "Man kann im Prinzip aus einem Bild ein ganzes Universum entwickeln."

Am Ende steht dann ein Digitaldruck in begrenzter Auflage. Hier fand er bei der Mosbacher Firma "Indyarts" offene Ohren und tatkräftige technische Unterstützung. "Es geht noch weiter", hofft Spannagel nicht nur auf weitere Ausstellungsmöglichkeiten, sondern eventuell auch auf eine Form der Publikation. Dann könnten die Arbeiten auch in den Regalen der Mediathek stehen und es gäbe eine weitere Parallele zu Haeckels Tafelwerken.

"Ich bin mehr in der Natur als am PC", kommt Spannagel auf das zeitliche Verhältnis der Arbeitsprozesse zu sprechen. Die ausgestellten Blätter stammen aus den letzten Jahren – einen Schaffensschwerpunkt bildete dabei die Corona-Zeit. Wenn er die Betrachter mit seinen Werken für die Natur sensibilisieren kann, dann habe er einen "schönen Nebeneffekt" erzielt. Womit sich der Kreis zu Bärbel Oftrings Vortrag wieder schließt. Dessen Titel lautet: "Jede Blüte zählt." In der Natur wie auf dem Blatt.

Info: Die Ausstellung ist bis 26. März zu sehen. Geöffnet ist dienstags 10 bis 18 Uhr, mittwochs 14 bis 18 Uhr, donnerstags 10 bis 19 Uhr, freitags 14 bis 18 Uhr und samstags 10 bis 13 Uhr.

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