Wie begegnet man Starkregen in Mosbach?
In Mosbach und den Stadtteilen wird das Starkregenrisikomanagement vorgestellt. Jeder muss sein Haus selbst schützen.

Von Brunhild Wössner
Mosbach. Der Klimawandel bringt es mit sich, dass Naturphänomene wie Starkregen auch in unseren Breiten vorkommen können. Beispiele gibt es inzwischen genügend. Auch in Mosbach, Waldbrunn, Elztal und Allfeld ergossen sich bereits wahre Fluten. Im Juli 2024 kam es im Masseldorn zu Überschwemmungen aufgrund starker Regengüsse. Es gibt also genügend Gründe dafür, dass die Stadt Mosbach das Ingenieurbüro Winkler und Partner aus Stuttgart beauftragt hat, ein Starkregenrisikomanagement auszuarbeiten.
Deren Mitarbeiter, Geograf Joachim Lidl, war nun zum zweiten Mal vor Ort, um dieses Konzept der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Auftaktveranstaltung hatte bereits vor einigen Tagen für Neckarelz und Diedesheim in der Mensa der Pattberghalle stattgefunden. Jetzt waren die Höhendörfer Lohrbach, Reichenbuch und Sattelbach an der Reihe. Für die Kernstadt Mosbach findet die Veranstaltung am 27. November im Feuerwehrgerätehaus statt.
Starkregen ereignet sich, im Gegensatz zum Hochwasser, meist im Sommer, kommt unangekündigt und ist zeitlich und lokal sehr begrenzt. Wetterwarnapps, die relativ zuverlässig seien, sollen helfen, Schaden zu begrenzen. Lidl präsentierte eine Reihe von interaktiven Karten. Als Grundlage für deren Erstellung wurden Daten aus dem Leitfaden der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg herangezogen.
Maßgeblich waren Oberflächenabflusskennwerte, Geländemodelle und sogenannte Rauheitswerte. Schließlich fließt Wasser auf versiegelten Flächen schneller als auf begrünten. Außerdem haben sich die Experten zusammen mit der Mosbacher Feuerwehr und dem Bauhof die Gegebenheiten vor Ort angesehen, wie etwa Dohlen oder andere bauliche Abflüsse. Als Fachleute waren an diesem Abend Bürgermeister Patrick Rickenbrodt, Nanke Grißtede, Abteilungsleiter für Tiefbau, Stadtplaner Stefan Baumhackel und Feuerwehrkommandant Detlev Ackermann anwesend.
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Auf den Starkregengefahrenkarten, die Lidl für jedes Höhendorf gesondert zeigte, sind die gefährdeten Gebiete, in denen es zu mehr oder weniger starken Überschwemmungen kommen könnte, je nach Gefährdungsanfälligkeit von hellblau bis dunkelblau unterlegt. Die Risikoeinstufung ist freilich unscharf, denn eine hundertprozentige Sicherheit kann es auch mit diesem Konzept nicht geben, so Lidl.
Die Natur sei und bleibe unberechenbar. Er präsentierte drei Kartentypen, einmal für die Überflutungsausdehnung, dann für die Überflutungstiefe und eine für die Fließgeschwindigkeiten. Ausgegangen wird von einer Stunde Beregnungszeit und einer Stunde Nachfließzeit. Die Fachleute gehen dabei von drei Szenarien aus: vergleichsweise seltene mit 40 mm Niederschlag je Stunde, außergewöhnliche mit 50 mm je Stunde und extreme Regenereignisse mit 128 mm je Stunde, dem höchsten je in Baden-Württemberg gemessenen Wert.
Die Karten sollen auf den Internetseiten der Stadt Mosbach eingestellt werden. Denn erklärtes Ziel ist es, dass sich jeder Immobilienbesitzer über das Gefährdungspotenzial seiner Immobilie selbst informieren und vorsorglich aktiv werden kann. Mögliche Maßnahmen erläuterte Lidl an diesem Abend ebenso. Darüber hinaus riet er, sich unbedingt über die Leistungen einer gegebenenfalls bestehenden Gebäudeversicherung zu informieren, um abzuklären, welche Schäden abgedeckt wären.
Auf der Gefahrenanalyse baut die Risikoanalyse auf und auf diese dann das Handlungs- und Maßnahmenkonzept. Zunächst wird beispielsweise festgestellt, ob in den gefährdeten Gebieten Schulen, Kindergärten oder Seniorenheime liegen. Bei der Risikoanalyse betrachtet man etwa den Grad der Bodenerosion, die Stromversorgung oder die Verkehrsinfrastruktur.
Die Handlungskonzepte gliedern sich in unterschiedliche Bereiche, einmal Informationen über bestehende Risiken und Gefahren, die kommunale Flächenvorsorge und die Berücksichtigung derartiger Naturereignisse bei der Erstellung von Bebauungsplänen.
In Lohrbach, wo im Gebiet "Hofäcker" neue Bauplätze zur Verfügung gestellt werden sollen, muss nachgewiesen werden, dass sich keine Verschlechterung für die darunterliegenden Wohngebiete ergibt. Und für den Ortsteil Reichenbuch lautet die Empfehlung, dass die Optimierung der Straßeneinläufe angegangen wird. Auch der Unterhalt der Einläufe – sprich: turnusgemäße Reinigung – spielt dabei eine große Rolle, um verstopften Abflüssen entgegenzuwirken.
Für Sattelbach werden Schlammfangmulden und Blühstreifen vorgeschlagen, um Bodenerosion einzudämmen. Auch die Landwirtschaft ist ein wichtiger Mitspieler. Es macht schließlich schon einen Unterschied, ob Felder tief gepflügt oder nur die oberste Bodenschicht gegrubbert wird. Denn jeder Halm ist ein kleiner Damm, der Wasser aufhält. Dort wo es bereits kommunale Schutzprojekte gebe, hätten sich die Landwirte stets als sehr kooperative Partner erwiesen, so Lidl.
Dabei sei es grundsätzlich so, dass jeder Immobilieneigentümer selbst für den Schutz seines Hauses sorgen müsse. Es verstehe sich, dass dabei der Nachbar nicht geschädigt werden dürfe, etwa durch den Bau einer Mauer. So sollten möglichst versickerungsfähige Flächen um ein Haus erhalten werden oder mögliche Eintrittswege wie Kellerabgänge durch Stufen verbarrikadiert und Lichtschächte hochgesetzt werden.
Auch Rückschlagklappen in Abflüssen im Keller müssten regelmäßig überprüft werden, damit das Wasser nicht von überlaufenden Kanälen eindringt. Als erfreuliches Fazit attestierte der Experte den Mosbacher Höhendörfern, dass sie weniger gefährdet seien als die Flussanrainer Neckarelz und Diedesheim oder auch die Mosbacher Kernstadt.



