Kampf um Hygieneartikel

Buchener Pflegerinnen müssen Schutzmasken selbst nähen

Die Pflegedienste sind auch in Zeiten der Krise für die Pflegebedürftigen da und müssen zugleich um Hygieneartikel kämpfen

26.03.2020 UPDATE: 27.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
In der ansonsten gut besuchten Tagespflege von „Hand in Hand“ sind momentan nur die Senioren zu Gast, die absolut auf das Angebot angewiesen sind. Zum Schutz der Gäste wurde das Foto durch das geöffnete Fenster gemacht. Foto: Matthias Miltz

Buchen. (mami) In der Coronakrise erfahren die Pflegedienste eine Wertschätzung, die sie in die dieser Form noch nicht erlebt haben. Während sie im normalen Alltag mit ihrer Arbeit meist unter dem Radar fliegen, wird ihnen jetzt eine Aufmerksamkeit zuteil, die den Menschen verdeutlicht, wie enorm wichtig Pflegeberufe für unsere Gesellschaft sind. Die Pfleger sind weiterhin jeden Tag im Einsatz und kümmern sich in der Coronakrise um unsere Ältesten und Pflegebedürftigen.

Dieser Job ist alles andere als einfach, denn die Ausnahmesituation erfordert auch besondere Maßnahmen, wie Mazlum Oktay vom Pflegedienst "Hand in Hand" in Buchen erklärt: "Die Situation geht allen sehr nahe, da es ja auch eine gewisse emotionale Nähe zwischen den Pflegern und den Patienten gibt. Da fällt es schon schwer, eine Umarmung zurückzuweisen."

Gerade für die älteren Menschen sei es schwierig und ungewohnt, da es ihnen oft schwerfalle, die Lage richtig einzuordnen und die "Zurückweisung" nicht persönlich zu nehmen.

Doch nicht nur der Umgang mit den Menschen stellt eine neue Herausforderung dar. Auch die Sicherheits- und Hygienevorgaben mussten geändert werden, da die Pflegedienste vor allem mit Personen aus der Risikogruppe arbeiten.

"Bei uns kommt niemand mehr ohne triftigen Grund ins Haus, alle Pflegekräfte haben ein Auto mit nach Hause bekommen, so dass sie von dort aus ihre Route starten können, und in der Tagespflege sind wir nur noch in der Notbetreuung aktiv", zählt Oktay auf, wie in Buchen gehandelt wird.

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Wie überall sind auch beim Buchener Pflegedienst "Hand in Hand" die medizinischen Hilfsmittel Mangelware. "Unsere Heimaufsicht hat keine einzige Atemschutzmaske mehr", so Oktay weiter und auch das Desinfektionsmittel sei sehr knapp. "Wir haben deswegen das Landesministerium, das Bundesministerium und auch das Robert-Koch-Institut angeschrieben, aber die können uns leider auch nicht helfen."

In dieser Verzweiflung wandte sich Oktay an einen Freund, über den er Masken direkt in China bestellen konnte. "Uns blieb leider nichts anderes übrig, wir hoffen, dass die Masken nächste Woche bei uns ankommen." Es ging sogar so weit, dass Mitarbeiterinnen sich zu Hause an die Nähmaschine setzten und aus alten Kleidern hunderte provisorischer Masken nähten. Man wisse zwar, dass diese kein adäquater Ersatz seien, aber "immerhin besser als gar kein Schutz."

Als wäre das nicht alles schon genug, kommt noch eine weitere Herausforderung auf Oktay und seine Kolleginnen und Kollegen zu: Wegen der Notsituation werden viele Patienten aus den Krankenhäusern nach Hause entlassen. "Nur weil sie aus dem Krankenhaus entlassen werden, heißt das ja nicht, dass sie ab jetzt alles wieder alleine können. Auch diese Menschen brauchen dann wieder unsere Hilfe." Vor zwei Wochen habe man noch knapp 400 Menschen betreut und gepflegt. Seitdem seien rund 50 neue dazugekommen.

Oktay weiß, "dass alle am Limit laufen". Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schieben Überstunden. Wir haben auch Krankheitsfälle. Die Situation ist wirklich keine einfache."

Dennoch arbeitet das "Hand in Hand"-Team, ohne zu klagen: "Wir machen unseren Job gerne und versuchen, ihn unter den aktuellen Umständen trotzdem so gut wie möglich auszuüben. Wenn eine Tochter aus Hamburg bei uns anruft, ob wir abends noch einmal nach ihrer Mutter schauen können, weil sie sich verständlicherweise Sorgen macht, dann schauen wir nach der Mutter."

Außerdem ist Mazlum Oktay vom Zusammenhalt der Kollegen untereinander begeistert: "Es gibt keinen, der eine ‚Ellenbogentaktik‘ fährt, alle rücken zusammen."

Wer mit dieser Situation und all diesen Umständen so umgeht, allen Widrigkeiten trotzt, um für andere Menschen da zu sein und den Patienten die Pflege zu ermöglich, die sie benötigen, hat größte Wertschätzung und Dank verdient!

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