Eberbacher Dr. Schmeißer-Stift

"Wir werden’s durchziehen - gemeinsam"

Bei mindestens 15 Prozent Mehrkosten und unter zwei Vorbehalten fiel der Baufinanzierungsbeschluss

06.12.2017 UPDATE: 07.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Nicht einig ist der Altersheimvereinsvorstand eingangs der Mitgliederversammlung: Vorsitzender Peter Reichert (r.) hat Vorbehalte wegen der Projektrisiken, die übrigen Vorstandsmitglieder (hier v. l. Hans Wipfler und Heiko Stumpf) befürworten die Ausgangslage. Foto: Hüll

Von Felix Hüll

Eberbach. Es ist eine Mehrheitsentscheidung nach fast zwei Stunden währender kontroverser Diskussion: Trotz zusätzlichen Kosten von bislang berechnet 15 Prozent und trotz weiterer Unsicherheiten, trotz Vorbehaltes wegen eines erforderlichen neuen Bankkredits und Zustimmung eines externen Wirtschaftsprüfers will eine Mehrheit aus 65 der 418 Mitglieder im Verein Stiftung Altersheim Eberbach das Umbauprojekt jetzt so verwirklichen. Die jüngste Mitgliederversammlung im "Lebensrad" fasste den Baufinanzierungsbeschluss auf Basis neuer Einnahmeberechnungen.

Vorstandsmitglied Heiko Stumpf erläuterte, dass ein neuer Mietinteressent für die gewerblichen Flächen im Erdgeschoss bereit sei, bis zu 8,17 Euro pro Quadratmeter zu entrichten. Zudem wünsche er auch noch eine größere als die bisher angedachte Fläche. Die dadurch erzielbaren höheren Mieteinnahmen sowie die große Nachfrage nach den zwei 120-Quadratmeter-Penthouse-Wohnun-gen "mit traumhaftem Ausblick zwei Stockwerke über den Dächern der übrigen Stadt" ermöglichten laut Stumpf und Vorstandskollege Professor Dr. Gerhard Rohr ein neues Finanzierungskonzept.

Der Versammlung vorgelegt wurde ein Papier, auf dem für die vermietbare Fläche von 2837,67 (bislang rund 2632) Quadratmeter jährlich rund 324.500 Euro Mieteinnahmen zu erzielen wären. Das sind 25,1 Prozent mehr, als noch im April angenommen. Obwohl sich die Kosten von 5,9 auf 6,82 Millionen Euro um 15 Prozent erhöhten, geht der Vorstand von einer kalkulierten Rendite des Vorhabens von 1,06 Prozent aus.

Der Vorstand? Fedor Grißtede, Prof. Dr. Gerhard Rohr, Heiko Stumpf und Hans Wipfler ja, nicht aber Vorsitzender Peter Reichert: "Meine Bedenken aus der Aprilsitzung haben sich zum Teil nicht zerschlagen. Ich plädiere dafür, nicht um jeden Preis zu bauen. Die Wirtschaftlichkeit ist oberstes Gebot." Reichert begann seinen Bericht zum aktuellen Stand mit Beschreibung der Umstände: Architekt Christoph Weidner habe sich seit der April-Mitgliederversammlung sehr intensiv bemüht, Angebote einzuholen. Er konnte für 72 Prozent aller Gewerke abgesichert einen Kostenvoranschlag abgeben - der liegt aber trotz erhöhter Einnahmen immer noch 15 Prozent über den im April angenommenen 5,9 Millionen Baukosten. Im November 2015 hatte er sie noch mit 5,7 Millionen Euro beziffert.

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Unklar bleibe aber weiter, welche Gebote bei den ausstehenden 28 Prozent der restlichen Gewerke zu erwarten sind.

Hinzu kommt, dass sich bei der Sanierung eines Gebäudes dieser Größe und dieses Alters Unvorhergesehenes nicht ausschließen lasse. Fest steht zudem, dass 2018 Vorfälligkeitszinsen anstehen und dass ab 2019 die Tilgung des KfW-Bankkredits anläuft. Ein Gespräch mit Bankenvertretern am 1. Dezember habe noch keine Zusage des Zusatzkredits erbracht. Die Entscheider müssen darüber erst noch befinden. Reichert: "Ich kann Ihnen heute nicht zu einem Baubeschluss raten. Dieser Satz tut mir sehr leid und tut mir sehr weh. Ich kann den Verein in der derzeitigen Baukonjunktur nicht in ein solches Risiko schicken."

Dass Reichert es jetzt doch tut, obwohl er bei der Abstimmung dagegen votierte, hat damit zu tun, dass er selbst dem wiederholt angemahnten Ziel, bezahlbaren Wohnraum auch für sozial schwache Senioren bereit zu stellen, doch so sehr Erfolg wünscht. Mit dem Bankenvorbehalt und die durch Andreas Diehm initiierte Wirtschaftsprüferanforderung ging das. Diehm brachte zudem die aktuellen Preiserhöhungen im Lebensrad zur Sprache. Es dürfe nicht sein, dass das Lebensrad wegen des von Anfang an falsch geplanten Projekts gefährdet werde. Jens Thomson und Wolfgang Court sahen gar das Satzungsziel des Vereins aufgegeben: "Das hat mit dem ursprünglichen Sinn nicht mehr viel zu tun."

Nach seiner Abstimmungsniederlage bot Peter Reichert seinen Rücktritt als Vorsitzender an, wurde aber aufgefordert, weiter zu machen. Er frage sich, ob er noch das Vertrauen der Mitglieder besitze, wenn er ihren Mehrheitsbeschluss jetzt umsetzen solle, wo er doch für das genaue Gegenteil gestimmt habe.

Reichert erbat sich von den Versammelten einen Vertrauensbeweis und erhielt ihn auch durch Beifall und Zurufe. Reichert: "Heute haben wir demokratisch entschieden, dass es mit dem Projekt weiter geht. Mit allen Risiken gehen wir in das Bauvorhaben rein. Dann müssen wir gemeinsam dahinter stehen, dass man das ganze Projekt auch dann über die Runden bringt, wenn wir in Nöte kommen. Ich bitte Sie, in Gänze dahinter zu stehen. Wir werden’s durchziehen - gemeinsam."

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