Gemeinderat ist Risiko einer neuen Millionen-Bürgschaft zu hoch
Keine neue Ausfallbürgschaft – Zweifel am sozialen Aspekt – "Es geht nur um Hauserhalt"

Dr.-Schmeißer-Stift Eberbach. Foto: Hüll
Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. In aller Deutlichkeit, mit 15 zu 2 Stimmen, sprach sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung gegen eine erneute millionenschwere Ausfallbürgschaft fürs Dr.-Schmeißer-Stift aus: unkalkulierbare Baukosten, ein löchriges Finanzierungskonzept durch den Verein Stiftung Altersheim und ein Worst-Case-Szenario, das die Stadt, aber auch das Seniorenheim "Lebensrad" in erhebliche Schieflage bringen könnte, wurden als zu riskant bewertet.
Auch Stadtkämmerer Patrick Müller befand: "Das Projekt ist auf Kante genäht." Mit seinem hochemotionalen Werben dafür, das Bauprojekt durch dieses Nein jetzt nicht zu stoppen, stand Klaus Eiermann (SPD) nicht nur in seiner eigenen Partei auf verlorenem Posten. Nur Michael Reinig (FW) appellierte seinerseits eindringlich dafür, das "einzigartige Gebäude" in der Luisenstraße jetzt nicht aufzugeben: "Risiken gibt's immer, die Chancen sind größer!" Auf Antrag der CDU soll nun in der nächsten Sitzung über eine mögliche Alternative der finanziellen Beihilfe durch die Stadt beraten werden. Die Rede ist von einem jährlichen Zuschuss von 20.000 Euro über zehn Jahre.
Was für die CDU gegen die Zwei-Millionen-Euro-Bürgschaft spricht, rechnete Wolfgang Kleeberger vor: Das Spendenaufkommen des Vereins zur Schließung der Finanzierungslücke liegt bei 40.000 Euro, es fehlen 210.000. Die Baukosten sind unberechenbar, und zusammen mit einer bereits früher gewährten Ausfallbürgschaft müsste die Stadt demnächst für Darlehen in Höhe von 5,5 Millionen Euro haften. Allerdings, so Kleeberger zur Begründung seines alternativen Antrags, "haben wir auch eine Verantwortung für unsere ältere Generation, die nach Betreutem Wohnen nachfragt".
Betreutes Wohnen, stellte Peter Wessely für die Freien Wähler von Anfang an klar, "ist keine Pflichtaufgabe der Kommunen". Im Bemühen darum, Sachinformationen und Emotionen in dieser Angelegenheit nicht zu vermischen, ging Wessely den "Stand der Dinge" Punkt für Punkt durch, um zu folgendem Schluss zu kommen: die Grundidee des Vereins, die Betreuung alter Menschen, "ist richtig und wichtig für Eberbach". Auch das Engagement der Beteiligten sei anzuerkennen. Die Idee selbst aber hänge nicht mit diesem Gebäude zusammen, "das ist dafür nicht mehr geeignet".
Auch interessant
Mit Fingerzeig aufs Gymnasium sagte Wessely, die Erfahrungen mit Sechzigerjahre-Gebäuden dieses Typs seien für die Stadt schon leidvoll genug gewesen. Weiterer wichtiger Kritikpunkt nicht nur für die FW: die Rechtsform der Stiftung Altersheim als Verein sei ungeeignet für einen Wirtschaftsbetrieb mit einem Jahresumsatz von 3,7 Millionen Euro. Wessely bemängelte, dass der Gemeinderat den Verein schon 2012 aufgefordert habe, sich darüber Gedanken zu machen. Bislang vergeblich. Nachhaltiges Arbeiten sei unter dieser Bedingung nicht gewährleistet. Schließlich wird angesichts von wegen hoher Baukosten zu erwartender hoher Mieten für die Bewohner auch der soziale Aspekt des Projekts in Zweifel gezogen.
Befürchtungen, die so auch die AGL teilt. Dazu Peter Stumpf: "Der Trägerverein hat in der Vergangenheit emotionale statt rationale Entscheidungen getroffen. Der Erhalt des Gebäudes ist bis heute sein Hauptziel". Dafür seien bislang 750.000 Euro an im Ergebnis letztlich nicht akzeptierten Gutachten ausgegeben worden. Unterstützung sei von der AGL daher nur zu erwarten, wenn soziale Aspekte stärker berücksichtigt würden und der Verein auch bereit sei, sich neuen Konzepten wie etwa Mehrgenerationenwohnen zu öffnen. "Wir dürfen so hohe Risiken nicht den jungen Menschen aufbürden!" so Kerstin Thomson.
Eine ziemlich undankbare Rolle in der Debatte spielte die SPD, deren Fraktionsvorsitzender Rolf Schieck den als Stiftungsvereinsvorsitzenden befangenen Bürgermeister vertreten musste. Schieck schaffte es nicht zu verdeutlichen, in welcher Funktion er seine Reden gerade führte.



