Achim Brötel einstimmig zum Präsident des Landkreistags gewählt
Der Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises ist nun auch Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg. Mit der Doppelfunktion sollen weitere Synergien geschaffen werden.

Balingen/Neckar-Odenwald-Kreis. (RNZ) Die Wahl brachte das erwartet klare Ergebnis: In Balingen wählte die Landkreisversammlung am Montag einstimmig Dr. Achim Brötel zum neuen Präsidenten des Landkreistags Baden-Württemberg. Der 62-Jährige, seit 20 Jahren Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises und seit September 2024 Präsident des Deutschen Landkreistags und damit Interessenvertreter der 294 Landkreise auf Bundesebene, folgt auf Joachim Walter, der seit 2013 an der Spitze des Landes-Landkreistags stand.
Der scheidende Präsident erklärt zur Wahl seines Nachfolgers: "Ich gratuliere Achim Brötel herzlich und freue mich für die Landkreise. Denn eine idealere Besetzung für das Amt des baden-württembergischen Landkreistagspräsidenten hätte ich mir nicht vorstellen können. Als überzeugter Kommunalpolitiker und versierter Verwaltungsfachmann, aber auch in seiner ganzen empathischen Art ist Achim Brötel genau der Richtige, um die Anliegen der baden-württembergischen Landkreise in einem äußerst schwierigen Umfeld entschieden nach vorne zu bringen." Die Doppelfunktion als Verbandspräsident in Bund und Land sei hier ein zusätzlicher Vorteil.
"Nachdem ich über viele, viele Jahre auf das Engste mit Achim Brötel zusammengearbeitet habe und daher auch seinen schier unerschöpflichen Einsatzwillen kenne, weiß ich den Landkreistag Baden-Württemberg bei ihm in den besten Händen", so Walter nach der Wahl.
Der 64-Jährige selbst hatte Ende des vergangenen Jahres öffentlich erklärt, Ende September 2025 aus seinem Hauptamt als Landrat des Landkreises Tübingen ausscheiden zu wollen. Damit endet auch seine Amtszeit als Landkreistagspräsident. In Anerkennung seiner besonderen Verdienste um den Landkreistag wurde Walter in Balingen von der Landkreisversammlung zum ersten Ehrenpräsidenten in der Geschichte des Verbands gewählt.
"Niemand hat das Amt des Präsidenten des Landkreistags Baden-Württemberg bislang länger ausgeübt als Joachim Walter. Mit seiner bei aller Entschiedenheit immer wertschätzenden Art, seiner ungemeinen Sachkunde, seinen enormen Qualitäten als Netzwerker und seinem einzigartigen Gespür für die Menschen im Land hat er die Interessen der Landkreise über zwölf Jahre hinweg meisterhaft vertreten", würdigte Achim Brötel.
Es sei den Landrätinnen und Landräten daher ein besonderes Anliegen gewesen, seine Leistungen für den Landkreistag durch die Ehrenpräsidentschaft zu würdigen. Dass die Landkreisfamilie das Amt überhaupt erst für Joachim Walter geschaffen hat, spreche für sich, so der neue Landkreistagspräsident, der Walter für sein "in jeder Hinsicht herausragendes Engagement zum Wohle der Landkreise und des gesamten Landes" dankte.
Gewählt wurde bei der Landkreisversammlung mit Landrat Günther-Martin Pauli (60, Landrat Zollernalbkreis, Balingen) auch ein neuer Vizepräsident des Landkreistags Baden-Württemberg. "Mit Günther-Martin Pauli und den beiden amtierenden Vizepräsidenten Dr. Richard Sigel aus dem Rems-Murr-Kreis und Dr. Wolf-Rüdiger Michel aus dem Landkreis Rottweil sind wir in der Verbandsspitze wieder schlagkräftig aufgestellt", freut sich Brötel.
Hinsichtlich der immensen bestehenden und noch kommenden Herausforderungen sei diese Schlagkraft auch zwingend notwendig, so der neue Präsident. Neu ins Präsidium des Landkreistags gewählt wurden zudem Landrat Dietmar Allgaier (Landkreis Ludwigsburg) und Landrat Heiner Scheffold (Alb-Donau-Kreis).
Freude über die Wahl Achim Brötels herrscht auch beim Deutschen Landkreistag. Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke erklärte: "Es ist das zweite Mal in der Geschichte des DLT, dass unser Präsident auch Präsident eines Landesverbandes geworden ist – und nicht umgekehrt. Dies war beide Male in Baden-Württemberg der Fall."
Henneke betonte, dass Brötel mit seiner Doppelfunktion wichtige Synergien schaffen könne: "Gerade in schwierigen Zeiten, in denen die Landkreise bundesweit mit massiven finanziellen und organisatorischen Herausforderungen konfrontiert sind, ist es ein Gewinn, wenn Bundes- und Landesebene eng verzahnt zusammengeführt werden."
"Wir brauchen dringend einen Befreiungsschlag"
Achim Brötel nutzte seine Antrittsrede für klare Worte und eindringliche Appelle. Er stellt konkrete Forderungen an Bund und Land.
Kaum gewählt, manifestierte der neue Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg auch gleich seinen Ruf als Mann der klaren Worte. "Die Kommunen stecken auch in Baden-Württemberg momentan in der größten Finanzkrise, die dieses Land jemals erlebt hat. Was wir deshalb jetzt dringend brauchen, ist endlich ein finanzieller Befreiungsschlag für die kommunale Ebene. Über allem muss dabei die Devise stehen: Nicht kleckern, sondern klotzen. Jeder, der auch nur einen Funken Verständnis für unser von unten nach oben aufgebautes Gemeinwesen hat, muss wissen, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn das untere Stockwerk unseres Staatsgebäudes wegen statischer Fehler in sich zusammenbrechen würde", appellierte Dr. Achim Brötel eindringlich.
Vernommen wurde diese klare Botschaft unter anderem auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der neben 250 weiteren Persönlichkeiten aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Verwaltung, zur Landkreisversammlung nach Balingen gekommen war.
In seiner Grundsatzrede unterstrich Brötel die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung für die bisherige Erfolgsgeschichte des Landes Baden-Württemberg. "Wenn irgendetwas wirklich immer funktioniert hat, dann ist es zweifelsohne die kommunale Bank gewesen. Wir stehen deshalb wie keine zweite staatliche Ebene für lösungsorientiertes, zupackendes Handeln und damit auch für Verlässlichkeit vor Ort". Entsprechend scharf kritisierte er, dass sowohl der Bund als auch das Land den Kommunen in aktuellen Krisenzeiten die dringend benötigte finanzielle Unterstützung vorenthielten.
"Bei den Landkreisen sind es insbesondere die dynamisch aufwachsenden Ausgaben für die Eingliederungs- und Jugendhilfe sowie die absurd hohen Defizitausgleiche im Klinikbereich, wo wir im Interesse unserer Bürger als Ausfallbürge einer Politik einspringen müssen, die ihre Hausaufgaben nicht mehr geregelt kriegt", so der neuen Landkreistagspräsident. Vom Bund fordert er "eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer auf künftig sechs Prozent". Vom Land erwarte man derweil "kurzfristig einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag zur strukturellen Stabilisierung der Kommunalfinanzen." Brötel skizzierte weitere zentrale Erwartungen der Landkreise an die Landespolitik. Dabei ging es etwa um die Neuausrichtung des Sozialstaats, die Ertüchtigung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung oder die Flexibilisierung und Finanzierung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung an Grundschulen.
Im Hinblick auf die Neuausrichtung des Sozialstaats warb Brötel für gezielte Bundesratsinitiativen des Landes: "Was spricht denn beispielsweise gegen eine schrittweise Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung?" In Bezug auf die Eingliederungshilfe konkretisierte Achim Brötel: "Was läge näher, als dass das Land seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur aufgabenangemessenen Finanzausstattung der Kommunen in der Weise nachkommt, dass es sich anteilig an den Nettobelastungen der Kommunen bei der Eingliederungshilfe beteiligt?"
Final bedankte sich der Doppel-Präsident unterdessen bei Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann, der letztmals als Regierungschef an einer Landkreisversammlung teilnahm: "Sie waren und sind uns ein Ministerpräsident mit kommunalem Herz und Verstand. Wir sagen Ihnen deshalb heute von Herzen Dank für alles, was Sie für unser Land und natürlich auch für unsere Landkreise geleistet haben."
Großes Lob spendete Achim Brötel auch seinem Vorgänger im Amt, Joachim Walter: "Die Erfolge, die wir in Deiner Amtszeit erzielt haben, das Mehr an Sichtbarkeit, das wir erlangt haben, die Augenhöhe zum Land, auf die wir stolz sind – all das ist auf das Engste mit Deinem unermüdlichen, von klaren Überzeugungen getragenen und von tiefer Fachkenntnis geprägten Engagement verbunden", so Brötel. Ohne Walters Einsatz stünde man nicht da, "wo wir tatsächlich aber stehen", befand der neue Landkreistagspräsident abschließend.
Update: Montag, 22. September 2025, 17.20 Uhr
Achim Brötel steht zur Wahl als Nachfolger von Joachim Walter
Er will an die Spitze der baden-württembergischen Landkreise rücken.

Buchen/Balingen. (rüb) Vor fast genau einem Jahr wurde Dr. Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, in Seeon zum Präsidenten des Deutschen Landkreistags (DLT) gewählt.
Nun stellt sich der 62-Jährige für ein weiteres Amt zur Wahl: Brötel soll an die Spitze auch der baden-württembergischen Landkreise rücken. Bei der 43. Landkreisversammlung, die am heutigen Montag in Balingen im Zollernalbkreis tagt, soll der Buchener die Nachfolge von Joachim Walter antreten, der seit 2013 das Amt des Präsidenten des Landkreistags Baden-Württemberg innehat. Eine entsprechende Wahlempfehlung hatte das Präsidium des Landkreistags Baden-Württemberg bereits im März gegeben.
"Mit seiner langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung, seiner exzellenten Fachexpertise als Spitzenjurist und seiner integrierenden Persönlichkeit ist Achim Brötel die Idealbesetzung für das Amt", hatte Walter damals betont.
Und weiter: "In seiner Doppelfunktion als Verbandspräsident in Bund und Land wird er den Anliegen der Landkreise in den kommenden Jahren das nötige Gehör verschaffen können. Dies wird auch bitter nötig sein, denn die Landkreise stehen nicht nur in finanzieller Hinsicht vor gewaltigen Herausforderungen."
Der promovierte Jurist Brötel gilt als ausgewiesener Verwaltungsfachmann und begnadeter Redner. Als Richter auf Lebenszeit wurde er 1997 an den Bundesgerichtshof abgeordnet, 1998 zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Buchen gewählt. 2005 wählte ihn der Kreistag, dem er seit 1999 angehörte, zum Landrat.
Dieses Amt übt er inzwischen in dritter Amtszeit aus. Seit 2018 ist Brötel zudem einer von drei Vizepräsidenten des Landkreistags Baden-Württemberg. Im September 2024 wurde er von der Mitgliederversammlung des Deutschen Landkreistags zum Präsidenten gewählt und vertritt seither die Interessen der 294 deutschen Landkreise auf der Bundesebene.