Neckar-Odenwald-Kliniken: Wie ist die wirtschaftliche Lage?

2015 planen die Neckar-Odenwald-Kliniken "nur" noch 4,8 Millionen Euro Verlust - Geschäftsführer Mischer im RNZ-Gespräch

28.08.2015 UPDATE: 29.08.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 41 Sekunden

Zur Halbzeit der Sanierungsphase an den Neckar-Odenwald-Kliniken zieht Geschäftsführer Norbert Mischer eine positive Zwischenbilanz. Auch die Patientenzahlen steigen. Foto: A. Rechner

Von Alexander Rechner

Buchen/Mosbach. Er hat die Aufgabe, die Kliniken in Buchen und Mosbach auf ein tragbares finanzielles Fundament zu stellen und als Sanierer mit Rotstift und guten Ideen den Häusern eine gesicherte Zukunft in Trägerschaft des Kreises zu ermöglichen. Die Rede ist von Diplom-Kaufmann Norbert Mischer, der das Ruder an den hiesigen Kliniken in die Hand genommen hat. Bei seinem Antritt sprach er davon, dass die Sanierung drei Jahre dauern wird. Zur Halbzeit der Sanierungsphase sprachen wir mit Geschäftsführer Norbert Mischer.

Herr Mischer, ein Blick zurück auf die jüngsten anderthalb Jahre: Vor welchen Herausforderungen standen Sie?

Wir fanden eine Situation vor, die davon geprägt war, dass wir mehr Geld ausgegeben als eingenommen hatten. Auf der Kostenseite hatte man früher darauf spekuliert, dass man mehr Patienten behandelt. Die Häuser sind in Vorleistung getreten. Dabei wurden Personalstellen aufgebaut, nur waren schließlich die Leistungen nicht vorhanden. Also mussten wir auf die Kostenbremse treten - sowohl im Sachkosten- als auch im Personalkostenbereich. Ferner haben wir die Einnahmeseite betrachtet und mussten dabei leider feststellen, dass wir zu geringe Rechnungen an die Krankenkassen gestellt hatten.

Wie konnte dies geschehen?

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Wir rechnen Fallpauschalen ab. Kurz gesagt: Es wird dabei eine Verschlüsslung erstellt. Hierzu muss jede Behandlung und jeder Vorgang dokumentiert und verschlüsselt werden. Und das ist unzureichend erfolgt.

Und was unternahmen sie dagegen?

Wir haben unsere Ärzte geschult, dass sie alles dokumentieren. Und wir haben externe Experten für die Verschlüsselungen geholt, die, bevor wir Rechnungen stellten, jede Rechnung überprüft hatten. Heute kommt diese Firma allerdings nur noch punktuell.

Sie sprachen von einer Kostenbremse. Haben Sie Personal entlassen?

An unseren Kliniken ist niemand entlassen worden. Es ging rein über Fluktuation. Insgesamt haben wir 1000 Mitarbeiter an den Kliniken. Da kommt es vor, dass einer geht, weil er an einer anderen Stelle arbeiten möchte, oder es läuft ein befristeter Vertrag aus. Und darüber konnten wir Kosten einsparen.

Wie entwickeln sich die Patientenzahlen an den Kliniken?

Unsere derzeitige Entwicklung ist erfreulich. Wir haben steigende Patientenzahlen. In Buchen sind es 255 Patienten mehr als im Vorjahr, was ein Plus von 4,9 Prozent bedeutet. Und in Mosbach waren es bis Juli 120 Personen mehr, was ein Plus von 2,2 Prozent ist. Ein Grund für diese positive Entwicklung ist auch, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Das baut auch Vertrauen in der Bevölkerung auf.

Und wie ruhig ist das Fahrwasser, in dem das damals in Schieflage geratene Schiff "NO-Kliniken" unterwegs ist?

Damals haben wir gesagt, dass die Sanierung drei Jahre dauern wird, also 2014 bis 2016. Zur Halbzeit der Sanierungsphase läuft es richtig gut. Das Kliniken-Schiff hat richtig Fahrt aufgenommen. Das ist eine große Teamleistung. Alle Mitarbeiter engagieren sich, machen mit. Dabei verfolgen wir konsequent das vom Kreis ausgegebene Ziel, die Krankenhäuser auf jeden Fall im Eigentum zu behalten und nicht zu verkaufen. Ich hätte auch hier niemals angefangen zu arbeiten, um die Braut zu schmücken und meistbietend zu verkaufen.

Und wie drückt sich die aktuelle Situation in wirtschaftlichen Zahlen aus?

Für das Jahr 2015 planen wir einen Verlust von 4,8 Millionen Euro und gehen nach den ersten sieben Monaten davon aus, dass wir darunter liegen werden. Um wie viel, ist heute schwer zu prognostizieren. Aber, was mir wichtig ist: Wir werden besser sein als geplant. Und diesen Plan halten wir ein.

Aber dennoch ein Verlust...

Ausgehend von dem, was wir als Situation Ende 2013 angetroffen hatten, haben wir einen großen Schritt im letzten Jahr gemacht. Der Maßnahmenplan aus dem Frühjahr des letzten Jahres, den wir sowohl auf der Einnahmenseite als auch auf der Ausgabenseite konsequent umgesetzt haben, zeigte Wirkung. Die Ergebnisverbesserung im letzten Jahr war ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nun prüfen wir in zwölf Projekten die Eckpunkte unseres medizinischen Gesamtkonzepts, das wir im Frühjahr dieses Jahres vorlegten.

Was ist denn die Kernbotschaft dieses neuen Medizinkonzepts?

Die Grund- und Regelversorgung, wie heute auch, bleibt an beiden Standorten umfänglich erhalten. Die Bevölkerung kann sich verlassen, wohnortnah medizinisch versorgt zu werden. Jedoch werden wir intern unsere Prozesse optimieren müssen, um effizienter zu werden.

Vor welchen Herausforderungen werden die Kliniken in Zukunft stehen?

Wir stehen vor der generellen Herausforderung, dass wir in den letzten Jahren eine reine Tarifsteigerung in den Löhnen von 36 Prozent hatten, aber unsere Budgets nur um 18 Prozent erhöht wurden. Das ist eine Schere, die auseinandergeht. Und für uns bedeutet dies: Wir müssen jedes Jahr gegensteuern, weil wir allein die Tariflohnsteigerung nicht refinanziert bekommen. Deshalb fordern wir bei der Reform des Krankenhausstrukturgesetzes die Bundesregierung auf, im neuen Gesetz zu verankern, dass die Tariflohnsteigerungen den Krankenhäusern voll erstattet werden. Leider ist der Gesetzgeber Lichtjahre davon entfernt.

Sie wollen also, dass sich die Bundesregierung bewegt und das geplante Gesetz überarbeitet?

Ein deutliches Ja! Wenn das vorgelegte Gesetz so käme, wie es auf dem Tisch liegt, fehlen allein den Neckar-Odenwald-Kliniken rund 850 000 Euro pro Jahr.

Wie möchten Sie diesen Fehlbetrag dann auffangen?

Entlassungen würde es nicht geben, um das klar zu sagen. Aber wenn dieses Gesetz so kommt, muss das Personal reduziert werden. 850 000 Euro bedeuten zwischen 15 und 20 Stellen. Wir würden wieder über Fluktuation gehen.

Ein anderes Thema: Es gibt doch immer wieder Leserbriefe, in denen Bürger von erlebten zumeist negativen Vorkommnissen an den Kliniken berichten. Wie gehen Sie intern damit um?

Ich versuche, persönlich Kontakt mit den Leserbriefschreibern aufzunehmen und möchte mit diesen Bürgern ins Gespräch kommen, um zum einen im Originalton zu hören, was bei uns vorgefallen war, zum andern intern reagieren zu können. Wir nehmen das sehr ernst.

Wie sieht die Situation am Wohn- und Pflegezentrum Hüffenhardt aus?

Seit Februar haben wir im Wohn- und Pflegezentrum eine positive Entwicklung. Hüffenhardt hat eine anerkannt gute Qualität, das war schon immer so. Aber man muss sich schon bemühen, dass man Bewohner bekommt. Und unser neuer Heimleiter ist darin sehr stark. Seine konsequente Arbeit zusammen mit der Pflegedienstleistung und dem gesamten Team trägt Früchte. Inzwischen leben dort 9,2 Prozent mehr Bewohner.

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