Neckar-Odenwald-Kliniken protestieren gegen Pflegestellenförderprogramm
Die Neckar-Odenwald-Kliniken beteiligten sich in Mosbach am Protest gegen das Pflegestellenförderprogramm - "Die Politik hilft zu wenig"

Protest vorm Krankenhaus: Jedes dieser Schilder steht für eine der fehlenden 162 000 Stellen im Pflegedienst. Foto: Judith Blüthner
Neckar-Odenwald-Kreis. (jbl) "162 000 für 162 000" lautete das Motto der bundesweiten Streik-Aktion gestern zur Mittagszeit - Hochzeit in den Krankenhäusern des Landes. Alles läuft auf Hochtouren. Dennoch hatten auch die Geschäftsführung und der Personalrat der Neckar-Odenwald-Kliniken zum "Klinik-Flashmob" (einer kurzen und spontanen Protestaktion) aufgerufen. Um 13 Uhr fand man sich vor dem Hauptportal in Mosbach mit nummerierten Schildern ein. "Jetzt ist es an der Zeit", meinte Hans-Joachim Leopold, Sprecher des Personalrats. Der Mangel müsse sichtbar werden.
162 000 Stellen fehlen in den Krankenhäusern, und das zwinge das Pflegepersonal täglich an seine Belastungsgrenzen zu gehen. Diejenigen, die sich für diese Aktion für einen Moment von ihren Stellen frei machen konnten, hielten die Protestschilder stellvertretend für alle, die ihren Arbeitsplatz nicht verlassen konnten. Dazu gehörten auch die Beschäftigten der NOK-Kliniken in Buchen. Schulterschluss wollte man mit dem Pflegepersonal der Kliniken im gesamten Bundesgebiet zeigen.
Denn Personalkosten werden gemeinhin über die Budgets der Krankenhäuser finanziert; die NOK-Kliniken sind tarifgebunden. Wie Geschäftsführer Norbert Mischer bei der spontanen Versammlung erläuterte, sind die Budgetkosten seit 2000 um 18 Prozent gestiegen, die Personalkosten jedoch um rd. 36 Prozent, und so klaffe hier eine Lücke, "die gezwungenermaßen zum Personalabbau führt". Rund 45 Mio. Euro betrage der Personalaufwand bei den Kliniken jährlich, das bedeute eine Finanzierungslücke von einem Prozent, und somit seien 450 000 Euro der Tarifsteigerung nicht finanziert, und das pro Jahr!
Zwar sei im neuen Gesundheitsstrukturgesetz ein Pflegestellenförderprogramm enthalten, das diesen Namen jedoch nicht verdiene. Die Bundespolitik sei nicht gewillt, hier etwas zu tun. Für die Kliniken rechne man mit zwei zusätzlichen Stellen, die aber zu zehn Prozent selbst finanziert werden müssten.
Die auch vom Betriebsrat unterstützte Forderung formulierte Mischer wie folgt: "Die Gesundheitsversorgung muss finanziell den Stellenwert in unserem Land erhalten, den die Menschen verdienen!" Die Politik helfe zu wenig: "Wir fühlen unsere Arbeit nicht wertgeschätzt".
Verständnis für die Situation der Beschäftigten in den Krankenhäusern äußert die Bundestagsabgeordnete Dr. Dorothee Schlegel. "Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in den Krankenhäusern, insbesondere im nichtärztlichen Dienst, ist eines der wichtigsten Ziele, das die SPD mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) verfolgt", meint sie in einer Pressemitteilung und verweist auf das genannte Pflegestellenförderprogramm. Bisher seien für die kommenden drei Jahre insgesamt 660 Mio. Euro zusätzlich ausschließlich für die "Pflege am Bett" vorgesehen. Die SPD wolle diese Mittel verdoppeln, "damit auch in der Übergangszeit bis zu einer weiterreichenden Reform Entlastung spürbar wird." MdB Schlegel ist überzeugt, dass man mit dem KHSG die Situation der Krankenhäuser nachhaltig verbessern werde. "Es ist uns dabei vor allem wichtig, dass die Finanzierung der pflegerischen Versorgung von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus dauerhaft und planbar gesichert wird."
Den Bediensteten und der Geschäftsleitung der Neckar-Odenwald-Kliniken ist dies zu wenig - beim Einsammeln der Schilder war man sich einig, dass dies nicht die letzte Aktion dieser Art war.



