Buchen

Die Hebammen "nicht gegeneinander ausspielen"

Buchener Hebammen haben Verständnis für Situation der Kolleginnen in Mosbach, kritisieren aber die Art und Weise der Diskussion

22.01.2020 UPDATE: 23.01.2020 06:00 Uhr 3 Minuten
Babys und Eltern werden auf der Geburtshilfestation in den Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen gut betreut und versorgt. Das Foto zeigt (stehend v. l.) die Hebammen Ramona Throm und Gaby Kraus sowie (sitzen v. l.) Petra Müller, Astrid Raila (mit der kleinen Linnea), den frischgebackenen Vater Johannes Lammert (mit Sohn Denis) und Jeanette Schuster. Foto: Rüdiger Busch

Von Rüdiger Busch

Buchen. Mit gemischten Gefühlen verfolgen die Hebammen in Buchen die Diskussion über die geplante Schließung der Geburtshilfeabteilung in Mosbach: "Wir haben vollstes Verständnis dafür, dass die Kolleginnen in Mosbach für den Erhalt ihrer Abteilung kämpfen", sagt Astrid Raila. Nur mit dem Wie sind sie nicht einverstanden: Es bestehe die Gefahr, dass die Bevölkerung im Mosbacher Raum durch die Art und Weise der Diskussion gegen die Buchener Geburtshilfe aufgebracht werde. "Das können wir so nicht stehenlassen", betont Raila. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Gaby Kraus, Petra Müller, Jeanette Schuster und Ramona Throm verdeutlicht sie im Gespräch mit der RNZ die Sichtweise der Buchener Geburtshelferinnen der Hebammengemeinschaft "Kugelrund".

"Wir können für die Entwicklung nichts", sagt Gaby Kraus, "uns wäre es am liebsten, es gäbe auch in Zukunft zwei Abteilungen – in Buchen und in Mosbach." Die Entscheidung, die Geburtshilfe in Mosbach zu schließen, sei den Verantwortlichen bestimmt nicht leichtgefallen: "Unserem Chefarzt Dr. Munz liegen beide Standorte am Herzen", weiß Astrid Raila. Die Konzentration der Geburtshilfe auf Buchen sei jedoch Teil des Maßnahmenpakets, dessen Umsetzung für den Erhalt der Neckar-Odenwald-Kliniken unerlässlich sei.

Die Untersuchungen hätten ergeben, dass bei einer Zusammenlegung Buchen die besseren Voraussetzungen habe: "Wir haben hier genügend Platz für den Ausbau der Abteilung", verdeutlicht Petra Müller. So sei beispielsweise ein dritter Kreißsaal am Standort Buchen ohne großen Aufwand zu verwirklichen. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Vertragskonstellation: Während die Hebammen in Mosbach Angestellte der Neckar-Odenwald-Kliniken sind, arbeiten ihre Buchener Kolleginnen freiberuflich. "Mit unserem Wechsel ins Belegsystem haben wir 2012 unseren Beitrag für den Erhalt der Geburtshilfe in Buchen geleistet", erinnert sich Jeanette Schuster.

Damals stand die Zukunft der Buchener Abteilung auf der Kippe. Der Rückhalt in der Bevölkerung war jedoch beeindruckend: Rund 7000 Unterschriften für den Erhalt wurden damals gesammelt. 2015 gab es dann vom Kreistag grünes Licht, und das Thema "Schließung einer Geburtshilfeabteilung" war vom Tisch – bis der wirtschaftliche Druck so groß geworden ist, dass nun die Mosbacher Abteilung (knapp 600 Geburten im Jahr) vor dem Aus steht.

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Ob dadurch die Geburtenzahlen in Buchen (zuletzt rund 500 Geburten im Jahr) signifikant ansteigen werden, lässt sich nicht verlässlich vorhersagen. Einfach addieren lassen sich beide Zahlen natürlich nicht, denn zweifellos werden einige Frauen ihre Kinder dann in benachbarten Landkreisen zur Welt bringen. Umgekehrt – wenn die Wahl auf Buchen gefallen wäre – wäre dies aber ebenfalls der Fall. Bei der Demonstration in Mosbach seien dazu Zahlen in Umlauf gebracht worden, die nicht stichhaltig seien, kritisiert Petra Müller. "Jetzt zu sagen, dass nur zehn Prozent der werdenden Mütter aus dem Raum Mosbach in Buchen entbinden werden, ist unseriös."

Die beiden Standorte gegeneinander auszuspielen, sei der falsche Weg, verdeutlicht Gaby Kraus. Vielmehr gehe es den acht "Kugelrund"-Hebammen darum, die Stärken der Geburtshilfeabteilung in Buchen herauszustellen: "Wir sind ein gutes Team, wir leisten gute Arbeit, und wir sind auch in der Lage, mehr Geburten als bislang zu stemmen." Der Ruf der Geburtshilfe in Buchen sei gut, und die Rückmeldungen der Patientinnen seien positiv: "Sie fühlen sich bei uns gut betreut und loben vor allem die persönliche und familiäre Atmosphäre."

Dafür spricht auch, dass sich das Einzugsgebiet der Buchener Geburtshilfe in den vergangenen Jahren immer mehr ausgeweitet hat. Nicht nur aus dem Landkreis, sondern auch aus Unterfranken und Hohenlohe kommen inzwischen immer mehr werdende Mütter zur Entbindung nach Buchen.

Sollten die Pläne der Klinikleitung wie vorgesehen umgesetzt werden, dann würde sich die Hebammengemeinschaft um ein oder zwei neue Geburtshelferinnen bemühen. "Wir sind uns sicher, dass auch die Mosbacher Familien unsere gute Geburtshilfe und unsere Betreuung zu schätzen lernen werden", unterstreicht Astrid Raila.

Die entscheidende Frage sei auch nicht Buchen oder Mosbach, sondern sie gehe viel tiefer: "Es sagt viel über eine Gesellschaft aus, wie sie mit dem Anfang und dem Ende des Lebens umgeht", sagt Astrid Raila nachdenklich. Eine natürliche, komplikationslose Geburt rechne sich für ein Krankenhaus wirtschaftlich nicht. Erst bei Komplikationen, Frühgeburten oder Kaiserschnitten sehe dies anders aus. Der Fehler liegt also im System. Dass inzwischen 60 Prozent der Geburtskliniken in Deutschland nicht rentabel arbeiten – auf dem Land sind es sogar 75 Prozent – sei bezeichnend dafür, dass die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in die falsche Richtung gehen, betont Ramona Throm.

"Vor diesem Hintergrund wäre es deshalb völlig falsch, gegeneinander zu arbeiten", sagt die Geburtshelferin. Vielmehr sollten alle bei der Bevölkerung für die Kreiskliniken und ihre Angebote werben, damit die Gesundheitsversorgung in der Region eine Zukunft hat. Das ist die Botschaft. Sie muss nur gehört werden!

Info: Der Kreistag entscheidet in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. Januar, um 16 Uhr in der Alten Mälzerei in Mosbach über das von der Verwaltung vorgelegte Maßnahmenpaket. Am Donnerstag informiert die Klinikleitung um 18 Uhr am Standort Mosbach über die geplante Schließung der Geburtshilfe.

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