Borkenkäfer nehmen die Fichten in die Zange
Bevor die nächste Generation der Borkenkäfer ausschwärmt, werden befallene Bäume aus den Wäldern der Region entfernt.

Von Ralf Scherer
Neckar-Odenwald-Kreis. (rjs) Wenn der Mudauer Förster Michael Schwarz dieser Tage gen Himmel schaut, schwankt seine Gemütslage zwischen Freude und Besorgnis. Dunkle Wolken bringen die von den Wäldern in der Region so dringend benötigten Niederschläge. Der Blick in Richtung Baumwipfel verrät ihm aber auch: Der Borkenkäfer hat vielen Fichten in seinem Revier über die Wintermonate erheblich zugesetzt.

Die rötlich gefärbten, teilweise kahlen Baumkronen im Walddistrikt "Neuhof" sind unübersehbar. Ungewöhnlich spät haben die Schädlinge im Herbst vergangenen Jahres die Fichten noch einmal buchstäblich in die Zange genommen. Denn während der Buchdrucker die unteren Regionen des Stammes bevorzugt, befällt der Kupferstecher die Baumkrone.
"Die Schäden halten sich noch in Grenzen. Aber die Gefahr einer flächendeckenden Ausbreitung besteht", betont Schwarz. Am Stamm einer erst vor kurzem gefällten Fichte schabt er mit seiner Hippe entlang und wird schnell fündig: Unter der Rinde kommen auf kleiner Fläche dutzende Larven des Kupferstechers in den typisch sternförmig verlaufenden Fraßspuren zum Vorschein. Eingenistet haben sich die Insekten in einer trocken-warmen Phase Ende September, als kaum noch jemand mit dem Schwärmen einer Käfergeneration gerechnet hatte.
Begünstigt wurden sie nach der Einschätzung von Schwarz durch zwei Faktoren. Nach spätem Schneebruch im April 2022 waren einzelne Fichten den Sommer über in den Wäldern liegengeblieben. Von diesen Brutstätten aus befielen die Käfer von wochenlanger Trockenheit geschwächte Bäume.
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"Es sieht hier nicht aus wie im Sauerland oder in anderen Gegenden mit völlig kahlen Flächen", ordnet Forstbetriebsleiter René Maxeiner die Situation im Neckar-Odenwald-Kreis ein. Er stellt aber auch klar: "Es ist trotzdem besorgniserregend."

Damit die Sorgenfalten nicht noch größer werden, ist für Maxeiner und Schwarz die Marschrichtung für die kommenden Wochen klar: Bevor die nächste Generation der Borkenkäfer ab Anfang April ausschwärmen kann, sollen die befallenen Fichten aus den Wäldern der Region entfernt werden. "Wir müssen jetzt noch mal aufräumen", unterstreicht Maxeiner die Dringlichkeit.
In dieses "wir" schließt er neben den für die ...
Von Ralf Scherer
Neckar-Odenwald-Kreis. (rjs) Wenn der Mudauer Förster Michael Schwarz dieser Tage gen Himmel schaut, schwankt seine Gemütslage zwischen Freude und Besorgnis. Dunkle Wolken bringen die von den Wäldern in der Region so dringend benötigten Niederschläge. Der Blick in Richtung Baumwipfel verrät ihm aber auch: Der Borkenkäfer hat vielen Fichten in seinem Revier über die Wintermonate erheblich zugesetzt.

Die rötlich gefärbten, teilweise kahlen Baumkronen im Walddistrikt "Neuhof" sind unübersehbar. Ungewöhnlich spät haben die Schädlinge im Herbst vergangenen Jahres die Fichten noch einmal buchstäblich in die Zange genommen. Denn während der Buchdrucker die unteren Regionen des Stammes bevorzugt, befällt der Kupferstecher die Baumkrone.
"Die Schäden halten sich noch in Grenzen. Aber die Gefahr einer flächendeckenden Ausbreitung besteht", betont Schwarz. Am Stamm einer erst vor kurzem gefällten Fichte schabt er mit seiner Hippe entlang und wird schnell fündig: Unter der Rinde kommen auf kleiner Fläche dutzende Larven des Kupferstechers in den typisch sternförmig verlaufenden Fraßspuren zum Vorschein. Eingenistet haben sich die Insekten in einer trocken-warmen Phase Ende September, als kaum noch jemand mit dem Schwärmen einer Käfergeneration gerechnet hatte.
Begünstigt wurden sie nach der Einschätzung von Schwarz durch zwei Faktoren. Nach spätem Schneebruch im April 2022 waren einzelne Fichten den Sommer über in den Wäldern liegengeblieben. Von diesen Brutstätten aus befielen die Käfer von wochenlanger Trockenheit geschwächte Bäume.
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"Es sieht hier nicht aus wie im Sauerland oder in anderen Gegenden mit völlig kahlen Flächen", ordnet Forstbetriebsleiter René Maxeiner die Situation im Neckar-Odenwald-Kreis ein. Er stellt aber auch klar: "Es ist trotzdem besorgniserregend."

Damit die Sorgenfalten nicht noch größer werden, ist für Maxeiner und Schwarz die Marschrichtung für die kommenden Wochen klar: Bevor die nächste Generation der Borkenkäfer ab Anfang April ausschwärmen kann, sollen die befallenen Fichten aus den Wäldern der Region entfernt werden. "Wir müssen jetzt noch mal aufräumen", unterstreicht Maxeiner die Dringlichkeit.
In dieses "wir" schließt er neben den für die Gemeindewälder zuständigen Revierleitern ausdrücklich auch die Privatwaldbesitzer mit ein. "Die Fichte ist im Privatwald noch stärker vertreten", erklärt der Forstbetriebsleiter.
Den Mudauer Distrikt "Neuhof" hat er deshalb nicht zufällig als Anschauungsbeispiel ausgewählt. Nach schweren Stürmen in den 1990er Jahren und zur Jahrtausendwende haben dort viele Waldbesitzer ihre oftmals völlig kahlen Flächen überwiegend mit Fichten aufgeforstet. Um ihre noch relativ jungen Bestände zu schützen, müssen deshalb auch sie in den kommenden Wochen besonders aufmerksam sein.
"Wichtig ist, dass sich jeder kümmert", bringt es Maxeiner auf den Punkt. "Vielen ist vielleicht gar nicht bewusst, dass jetzt noch einmal aufgeräumt werden muss." In der Vergangenheit hätten die Privatwaldbesitzer bereits viel getan. Nach den zurückliegenden schwierigen Jahren sei auch bei manchem eine gewisse Frustration eingetreten.
Trotzdem ist der Forstbetriebsleiter zuversichtlich, dass die Privatwaldbesitzer ihre Flächen weiterhin regelmäßig kontrollieren und von Borkenkäfern geschädigte Bäume entfernen. Hinweise auf Befall durch den Buchdrucker könnten Bohrlöcher am Stammfuß liefern. Der Kupferstecher mache sich dagegen in den Baumkronen bemerkbar.
Durch entsprechende Schulungen könne die Forstverwaltung Privatwaldbesitzer beim Erkennen von Schädlingsbefall unterstützen. "Wir versuchen hier, auf die Leute zuzugehen", so Maxeiner. Die Kontrolle der Bestände in Privatwäldern könnten die Revierförster allerdings nicht zusätzlich leisten. Deshalb sei in diesem Bereich ein hohes Maß an Eigenverantwortung gefragt.
Um eine Verbreitung des Borkenkäfers in der Fläche erfolgreich zu verhindern, skizziert der Forstbetriebsleiter ein verbleibendes Zeitfenster von etwa sechs Wochen. In der Vergangenheit habe das zuverlässig funktioniert. "Die Waldbesitzer sind gemeinschaftlich aktiv. Unter Nachbarn sprich man sich gegenseitig an. Das klappt gut", sagt auch Michael Schwarz. Kurzfristig gehe es jetzt darum, die Schäden "zu reparieren". Langfristig müssten auch Privatwaldbesitzer verstärkt den Umbau ihrer überwiegenden Monokulturen in Mischwald vorantreiben.
Diesbezüglich müsse ein Umdenken stattfinden. Denn, so René Maxeiner: "Schädlingsbefall ist ein Grundproblem von Monokulturen." In natürlich gewachsenen Wäldern seien Monokulturen kaum zu finden. Auch altersmäßig seien solche Bestände ganz anderes strukturiert.
Obwohl jede Baumart "ihren eigenen Käfer" habe, könnten Mischwälder Schädlingsbefall viel besser kompensieren. "In der Vergangenheit war die Fichte betriebswirtschaftlich unschlagbar und immer eine gute Baumart", weiß Maxeiner. "Inzwischen hat man aber gemerkt: Mit der Fichte allein ist das Risiko zu hoch."
Eine Blaupause für den Wald der Zukunft hat momentan auch er nicht parat. Zwar könne man erkennen, wo klimatisch die Reise hingehen wird. Gleichwohl gebe es nicht viele passende Baumarten, die mit zunehmend trockenen Sommern, aber auch weiterhin frostigen Wintern zurechtkommen.
Die häufig von Waldbesitzern gestellte Frage "Was soll ich pflanzen?" lasse sich deshalb schwer beantworten. In zukünftigen Wäldern in der Region könnten weiterhin Tanne, Douglasie, Eiche und teilweise auch die Buche eine Rolle spielen. "Es muss ein ausgewogener Mittelweg bleiben. Das ist unsere Hauptaufgabe", betont Maxeiner.