Mosbach

Der Hardhofsee soll wieder Lebensraum für Amphibien werden

Der Neustart erfordert Fingerspitzengefühl. Ausgesetzte Goldfische müssen weichen.

08.09.2021 UPDATE: 09.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
Der Hardhofsee soll von den Goldfischen befreit werden. Deshalb werden Wasser und Schlamm abgepumpt, die Fische im Zoo in Heidelberg verfüttert. Der Hardhofsee soll dann wieder ein Lebensraum für schützenswerte Amphibien werden. Foto: Stephanie Kern

Von Stephanie Kern

Mosbach. Das Problem besteht schon seit einiger Zeit, nun soll Abhilfe geschaffen werden: Der Hardhofsee in Mosbach ist von Goldfischen vereinnahmt. Ausgesetzte Goldfische vermehren sich seit mehreren Jahren und fressen nicht nur, was ihnen vor das Maul kommt. Mit ihren Ausscheidungen trüben sie zudem die Wasserqualität des stehenden Tümpels. Dabei ist der Hardhofsee eigentlich die Heimat der streng geschützten Kammmolche. Deshalb hat der Nabu – dem elf von 16 Teilen des Sees gehören – nun in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Mosbach einen Plan entwickelt, um den Hardhofsee wieder zu einem wertvollen Lebensraum für viele Tiere zu machen.

"Unser Plan: Wir pumpen den See ab, keschern die Goldfische raus und töten sie fachgerecht. Danach werden die Fische im Heidelberger Zoo verfüttert. Der Maschinenring pumpt den Schlamm ab und verteilt ihn auf den Feldern", skizzierte der Vorsitzende des Nabu Mosbach, Peter Baust, das Vorgehen. "Wir haben viele Beteiligte und viele Schnittstellen, die sehr kompliziert sind", betonte Petra Birkefeld, die Umweltbeauftragte der Stadt Mosbach, bei einem Vor-Ort-Termin. Gewisse Eckpunkte gebe es aber dann doch: Nämlich den Zeitplan der Feuerwehr und des Bauhofs, die das Wasser abpumpen, und den 30. September – bis dahin müsste der Schlamm laut Düngemittelverordnung ausgebracht sein.

Auch der Fischereiverein Mosbach und Umgebung ist einer der Akteure, auf die es ankommt: Sobald das Wasser aus dem See ist, keschern sie die Goldfische heraus. Besonders wichtig: Jeder Fisch muss raus, sonst war die Aktion umsonst. Die Fischer übernehmen auch den Part, der Fingerspitzengefühl erfordert: Sie töten die Fische mit einem gezielten Stich ins Herz. "Leider will niemand Goldfische, auswildern kann man sie nicht", berichtete Vorsitzender Thomas Nawotka.

Um Punkt 13 Uhr müssen die Fische dann Richtung Zoo in Heidelberg transportiert werden. Auf rund fünf Kilogramm Fisch schätzt der Fisch-Fachmann die Masse der Goldfisch-Population im Hardhofsee.

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Vor Ort zeigt sich auch, dass das Wasser nicht über den Berg abgepumpt werden kann. Dafür bräuchte es mehr als einen Kilometer Schlauch – und selbst dann wäre es fraglich, ob der See in acht Stunden leer wäre. Deshalb wird nun Landwirt Michael Schoch in die Bresche springen: Das Wasser wird in sein Zubringfass gepumpt und dann weggefahren, ein weiterer Fahrer des Maschinenrings Mosbach wird ihn (mitsamt eines zweiten Fasses) unterstützen.

In die Planungen eingebunden war auch der Landschaftserhaltungsverband im Neckar-Odenwald-Kreis. "Es ist die einzige Methode, die Erfolg verspricht", sagt Petra Birkefeld. "Und die einzige legale Möglichkeit", fügt Peter Baust hinzu. Dass das Vorhaben heikel ist, das ist Baust und Birkefeld bewusst. "Wir müssen aber jetzt was machen, sonst ist die Amphibienpopulation hier nicht mehr zu retten", betont Baust.

Eigentlich wäre der Nabu der Hauptverantwortliche für so eine Reaktivierung des Hardhofsees, in finanzieller Hinsicht ist er das auch. Aber: "Wir waren mit der Lösung des Problems schlicht überfordert", bekennt Baust. Die Stadtverwaltung habe Hilfe angeboten, nachdem auch sie immer wieder auf die Goldfischpopulation angesprochen wurde und sich gezeigt habe, wie komplex die Problemlösung ist. "Zusammen mit dem Landschaftserhaltungsverband haben wir ein Konzept entwickelt, das funktioniert", sagt Birkefeld. Sie verschweigt auch nicht, dass es trotz allem ein heikles Vorhaben ist. "Es sind Schmerzen dabei, aber die sind unserer Meinung nach aushaltbar."

Der Hauptzweck sei, wieder Lebensraum für die Amphibien zu schaffen, stellt Peter Baust klar. Er vermutet, dass die Goldfische vor einigen Jahren von Privatleuten ausgesetzt wurden. Nun will man dem Hardhofsee zu einem Neustart verhelfen. "Wenn der See abgepumpt wurde, trocknet er aus und füllt sich bis zur nächsten Laichperiode wieder – das hoffen wir zumindest", sagt Peter Baust. "Dann ist der See ohne Fische und hat auch wenig Wasser, aber für die Amphibien wird es reichen."

Ort des Geschehens

Bevor nun aber der See abgepumpt werden kann, müssen die Nabu-Mitglieder erst dem Rohrkolben rund um den See zu Leibe rücken, auch der hat sich massiv ausgebreitet. Dass man ein Stück Natur erst mal wieder zurückbauen muss, damit sie geschützt werden kann, das hätte so mancher Naturschützer wohl auch nicht gedacht ...

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