Massive Einschnitte gegen tiefrote Zahlen
Haushaltsentwurf 2020 in Kreistag eingebracht - Kreisumlage soll deutlich erhöht werden

Im aktuellen Zuschnitt kann sich der Landkreis die Neckar-Odenwald-Kliniken nicht mehr leisten. Daher steht die gesamte Krankenhausstruktur auf dem Prüfstand. Bis zum Frühjahr soll die Klinik-Geschäftsführung einen konkreten Maßnahmenplan erarbeiten. Foto: A. Rechner
Von Alexander Rechner
Neckar-Odenwald-Kreis. "Es war schon lange nicht mehr so schwer, einen ausgewogenen und zugleich noch verantwortbaren Haushaltsentwurf vorzulegen", betonte Landrat Dr. Achim Brötel in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs 2020, um gleich danach auf die "Schicksalsfrage" zu kommen: Wie geht es mit den Neckar-Odenwald-Kliniken weiter?
Nachdem die Kliniken-Bilanz des Jahres 2018 ein Defizit von rund sieben Millionen Euro ausweist, geht er davon aus, dass in diesem Jahr am Ende sogar zehn Millionen Euro nicht reichen werden. Und für 2020 hat man nochmals zehn Millionen Euro an Verlustabdeckung bei den Kliniken eingeplant.
Angesichts dieser finanziellen Entwicklung kündigte der Landrat an, die "gesamte Krankenhausstruktur schon sehr schnell und vor allem auch sehr intensiv auf den Prüfstand zu stellen". Die Geschäftsführung der Neckar-Odenwald-Kliniken mit Frank Hehn an der Spitze habe bereits den Auftrag erhalten, bis zum Frühjahr einen konkreten Maßnahmenplan zu erarbeiten, der auch teilweise massive strukturelle Einschnitte und Veränderungen nicht ausspare.
"Im jetzigen Zuschnitt können wir uns die Neckar-Odenwald-Kliniken nämlich schlicht und ergreifend nicht mehr leisten", räumte Brötel ein. Diesen Schritt wollte der Kreischef nach eigenen Worten bisher möglichst vermeiden, aber die Haushalteckdaten ließen den Verantwortlichen nun keine andere Wahl mehr. Leider, wie er betonte.
Auch interessant
Im laufenden Haushalt sind dem Landrat zufolge gerade einmal 4,5 Millionen Euro für die Neckar-Odenwald-Klinken vorgesehen. Aber die neuesten Zahlen zeigten, dass für 2019 mindestens weitere fünf Millionen Euro oder wahrscheinlich sogar noch mehr fehlen, die nachfinanziert werden müssen. "Für uns bedeutet dies 15 Millionen Euro", erläuterte Brötel mit Blick auf die Verluste für 2019 und 2020. "Die Kliniken nehmen uns selbst also die Luft zum Atmen", befand er.
Allerdings habe man sich entschlossen, dieses Ergebnis der Neckar-Odenwald-Kliniken überplanmäßig schon 2019 im Ergebnis des Landkreises abzubilden. "Voraussichtlich werden wir dieses negative Jahresergebnis zwar gerade noch einmal mit unseren vorhandenen Ergebnisrücklagen abdecken können", kündigte Achim Brötel an, aber wenn der Notgroschen nun aufgezehrt sei, wäre auch der Landkreis blank. "Diesen Status werden wir jetzt leider definitiv erreichen."
Brötel empfahl deshalb dem Kreistag eine Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage um drei Prozentpunkte. "Wenn man alle bekannten oder sich zumindest schon am Horizont abzeichnenden Belastungen für den Kreishaushalt hinzuaddiert, müsste ich jetzt allerdings eine Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage um mindestens zehn Punkte vorschlagen", unterstrich er klar. Das hätte aus seiner Sicht aber zur Folge gehabt, den Kreis und seine Städte und Gemeinden lahm zu legen.
Einen flammenden Appell schrieb er dem Bundesgesetzgeber in Berlin ins Stammbuch. "Solange sich an den Grundstrukturen der Krankenhausfinanzierung nicht endlich etwas ändert, werden wir deshalb nie und nimmer auf einen grünen Zweig kommen können", urteilte der Landrat scharf.
Der Kreischef war ferner davon überzeugt, dass man unterhalb der Schwelle des klassischen Grund- und Regelversorgers noch einen weiteren Krankenhaustyp benötige, den er als Landkrankenhaus bezeichnete. Im ländlichen Raum benötige man dringend einen sektoralen Umbau der Krankenhausversorgung, der diejenigen Strukturen vor Ort erhält, die dort zwingend erforderlich sind, der umgekehrt aber auch das zentralisiert, was ohne weiteres zentralisiert werden kann. "Das ist etwas grundlegend anderes als der immer wieder diskutierte einseitige Abbau von Betten und die damit einhergehende Schließung von angeblich verzichtbaren Krankenhäusern."
Auch den am Mittwoch auf der Tagesordnung stehenden geplanten Verkauf des Wohn- und Pflegezentrums Hüffenhardt sprach Brötel an: Es gebe keine verantwortbare Alternative zur vorgeschlagenen Betriebsübertragung auf ein privates Unternehmen. Zumal inzwischen weitaus mehr auf dem Spiel stehe, sagte der Landrat.