Osterburken

Die Gigaliner wollen künftig auch den "RIO" ansteuern

Spedition Rüdinger beantragt Genehmigung der Zubringerstrecke von der Autobahn - Firmenchef unterstreicht Vorteile der Lang-Lkw

30.10.2020 UPDATE: 31.10.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 31 Sekunden
Lang-Lkw der Krautheimer Spedition Rüdinger sollen künftig auch den Regionalen Industriepark Osterburken ansteuern dürfen, wo die Firma eine Niederlassung hat. Die Aufnahme der Zubringerstrecke von der Autobahn ins sogenannte Positivnetz wurde beantragt. Foto: Burkard Gassenbauer

Von Burkard Gassenbauer

Osterburken/Krautheim. Die Krautheimer Spedition Rüdinger gehörte vor einigen Jahren zu den ersten vier im Land, die sogenannte Gigaliner einsetzten – überlange Laster, über deren Für und Wider bis heute gestritten wird. Die Logistik-Spezialisten aus dem Jagsttal aber haben mit dem Lang-Lkw beste Erfahrungen gemacht. Seit 2016 verfügt das Unternehmen auch über einen Standort im Regionalen Industriepark Osterburken, den die längsten Züge der Firma jedoch nicht anfahren dürfen. Das soll sich nun ändern.

"Zwei Lang-Lkw-Fahrten können drei Fahrten mit herkömmlichen Lastwagen ersetzen", betont Roland Rüdinger, der Chef des gleichnamigen Krautheimer Unternehmens und hofft darauf, dass er den Aktionsradius seiner umgangssprachlich Gigaliner genannten Lang-Lkw etwas erweitern kann. Zugleich nutzte Rüdinger ein Gespräch mit der RNZ zur nachdrücklichen Werbung für Gigaliner und Co.

Die Speditionen dürfen ihre überlange Laster, die eine Länge von bis zu 25,25 Metern aufweisen können – übliche Begrenzung: 18,75 Meter – nicht einfach auf jede Straße schicken. Der Einsatz beschränkt sich vielmehr auf die per Ausnahme-Verordnung zugelassenen Strecken, aufgelistet in einem sogenannten Positivnetz.

So hat Roland Rüdinger, ein Pionier in Sachen Lang-Lkw, im Hinblick auf die anstehende 10. "Änderungsverordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit Überlänge" für sein Unternehmen die Aufnahme zweier weiterer Strecken ins Positivnetz beantragt. Es handelt sich im Main-Tauber-Kreis um die Verbindung zwischen der Autobahn 81 bei Tauberbischofsheim und dem Grünsfelder Gewerbegebiet Walterberg sowie im Neckar-Odenwald-Kreis um die Abschnitte von B 292 und L 515 zwischen dem A-81-Anschluss Osterburken und dem Regionalen Industriepark in Osterburken (RIO).

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Im Frühjahr 2016 hat Rüdinger erstmals einen mehr als 25 Meter messenden Lastzug eingesetzt, der zunächst aber nur zwischen der Anschlussstelle Boxberg und Fulda auf der A 81 und A 7 fahren durfte, was den Betrieb umständlich und teuer machte: Damals mussten nämlich zwei einzelne Fahrzeuge vom Logistikzentrum in Altkrautheim aus auf einen Parkplatz an der A 81 geschickt werden, wo man dann die Zugmaschine und den separat antransportierten Sattel-Auflieger, der mittel "Dolly" an den Maschinenwagen angehängt wird, zum Lang-Lkw zusammenkoppeln konnte. Erst mit der Aufnahme eines Autobahn-Zubringers ins Positivnetz wurde der Start des langen Zugs am Firmensitz möglich.

Zuvor gab es allerdings Bedenken im Raum Ravenstein. In Ballenberg und Merchingen befürchtete seinerzeit mancher den Verkehrskollaps, nachdem ein Umweltverband fälschlicherweise behauptet hatte, die Zubringerstrecke ginge durch die beiden Orte. Das war und ist nicht der Fall. Die Rüdinger-Laster gelangen via Neunstetten und Schwabhausen und die B 292 zum BAB-Anschluss Boxberg, und es habe seither keinerlei Probleme gegeben, betont der Spediteur.

Wie vor der "Jungfernfahrt" vor einigen Jahren ist Rüdingers Antrag auf Aufnahme zweier weiterer Strecken ins Positivnetz in einem Fall auf wenige Gegenliebe gestoßen: Der Grünsfelder Bürgermeister Markert zeigt sich dem Vernehmen nach wenig erfreut über Lang-Lkw-Verkehr vor seiner Haustür – aus Gründen der Verkehrssicherheit, weil sich Pkw-Fahrer beim Überholen eines 25-Meter-Trucks auf der Steilstrecke Richtung Grünsfeld verschätzen könnten.

Hingegen sieht Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm bezüglich der RIO-Anbindung "keine Probleme", zumal die Verbindung B 292/L 515 gut ausgebaut und mit dreieinhalb Kilometern relativ kurz sei. Der Wunsch Rüdingers, den Industriepark bei Bedarf mit Lang-Lkw anfahren zu können, sei verständlich. Die Gesamtbetrachtung spreche für die Genehmigung. Das sieht auch die Untere Verkehrsbehörde so.

Roland Rüdinger, Vizepräsident des Verbandes Spedition und Logistik Baden-Württemberg, wird nicht müde zu fordern, die in der Politik und der öffentlichen Diskussion nach wie vor umstrittenen Gigaliner nach tatsächlichen Fakten zu beurteilen – statt durch ideologische Brillen. Lang-Lkw, es gibt insgesamt fünf verschiedene Typen, seien speziell bei leichten Transportgütern den "normalen" Lastern unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten überlegen.

"Lang-Lkw stärken die Wettbewerbsfähigkeit, bringen Effizienzgewinn und beträchtliche Kraftstoffersparnis (laut Bundesverkehrsministerium bis zu 25 Prozent) und können in erheblichem Maße zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen." Zudem erhöhten sie allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz den Erhaltungsaufwand an der Infrastruktur nicht, weil sie mit mehr Achsen bei gleichem Gewicht die Straßen weniger belasteten als ein Standard-Lkw, und sie verfügten über die modernsten Sicherheitssysteme.

Umso mehr beklagt Rüdinger, der seit Jahren auf solche Vorteile verweist, die Haltung des baden-württembergischen Verkehrsministers. Hermann bremse die Gigaliner aus, kritisiert der Verbands-Vize mit Blick auch auf die aktuelle Genehmigungsrunde. Denn das Land habe nur einen kleinen Teil der von Spediteuren für die Positivliste eingereichten 350 Streckenanträge, darunter die zwei von Rüdinger, an den Bund gemeldet. Nicht nachvollziehbar sei zudem, dass die in Weinsberg die A 81 kreuzende Ost-West-Autobahn A 6 nicht freigegeben werde.

Dass es in Baden-Württemberg in Sachen Lang-Lkw "ein extrem zähes Vorankommen" gebe, liege am Ziel des grünen Verkehrsministers, mehr Güter auf die Bahn zu bringen. Die Absicht sei zwar nachvollziehbar, sagt Rüdinger, der auch selber den Schienenweg nutzt, aber letztlich handle es sich um eine Scheindebatte, weil die Bahn bevorzugt Ganzzüge von A nach B fahren lassen wolle und im ländlichen Raum kaum noch Be- und Entlademöglichkeiten biete, weil heute viele Industrie- und Gewerbegebiete wie der RIO weit von der Schiene entfernt lägen und weil es keinen Sinn mache, leichte Güter auf schweren Bahnwaggons zu transportieren.

Rüdinger ist derweil zuversichtlich, die erhofften Streckengenehmigungen zu erhalten. Ob dann aber in nächster Zeit bereits Gigaliner zwischen Autobahn und RIO fahren werden, bleibt offen. Momentan habe man hier noch keinen Bedarf sagt der Chef des 1930 gegründeten und heute mehr als 250 Mitarbeiter zählenden Transport- und Busunternehmens, unter dessen Firmenlogo europaweit derzeit rund 180 schwere "Brummis" und leichtere Lieferwagen unterwegs sind. Als man 2017 den Regelbetrieb mit Lang-Lkw aufgenommen habe, hätten sich "die Befürchtungen der Bevölkerung schnell in Luft aufgelöst." Auch auf den (ortsdurchfahrfreien) neu beantragten Strecken werde der Gigaliner keine Probleme machen.

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