Zusammengeschlagener Weinheimer

Der tragische Held Mehmet Efetürk bekommt Hilfe

Weißer Ring und Unfallkasse Baden-Württemberg kümmern sich um Mehmet Efetürk - Spenden von Bürgern und Jobangebote

20.09.2017 UPDATE: 21.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden

Für seinen selbstlosen Einsatz war Mehmet Efetürk (2. v. l.) im Rahmen der Aktion "Beistehen statt rumstehen" in Weinheim ausgezeichnet worden. Ihn flankieren Siegfried Kollmar, Leiter der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg, Torsten Fetzner (Bürgermeister Weinheim) und Tanja Kramper (Kriminalprävention). Foto: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim/Rhein-Neckar. Sein selbstloser Einsatz, für den Mehmet Efetürk mit schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden bezahlen musste, findet für den jungen Mann türkisch-arabischer Abstammung nun doch ein einigermaßen glimpfliches Ende: Ihm wird von verschiedenen Seiten geholfen.

Rückblick: Am 11. März war Efetürk in einer voll besetzten Straßenbahn der RNV-Linie 5 einer jungen Frau zu Hilfe gekommen, die von einer Horde Jugendlicher belästigt worden war. Als der 29-Jährige die Jugendlichen zur Rede stellte, wandten sich die Täter ihm zu und verletzten ihn in einer unmenschlichen Gewaltorgie durch Schläge und Tritte schwer. Damit nicht genug: Efetürk verlor aufgrund seines darauffolgenden mehrmonatigen Krankenstandes auch seine Arbeitsstelle und Wohnung.

Nach der Veröffentlichung von Efetürks Geschichte in der RNZ, der bei einem Empfang der Stadt Weinheim von Bürgermeister Torsten Fetzner und der Aktion "Beistehen statt rumstehen" mit einem Präsent und einer Urkunde ausgezeichnet wurde, setzte eine Welle der Hilfsbereitschaft für den mutigen Helden ein, dem niemand in der voll besetzten Bahn beigesprungen war.

Ein von der Stadt Weinheim eingerichtetes und von Patrick Walter, dem persönlichen Referenten von Bürgermeister Fetzner, verwaltetes Hilfskonto für Mehmet Efetürk weist derzeit einen "erfreulichen Betrag" aus, so Walter. Exakte Zahlen wollte man von Seiten der Stadt auch im Interesse von Efetürk nicht nennen. Darüber hinaus erreichten die Verwaltung, welche die Weiterleitung übernommen hat, zahlreiche Anerkennungsmails für Efetürk mit konkreten Jobangeboten unter anderem als Lagerist, dem Beruf, den er zuletzt ausübte. Und auch Ditmar Flothmann vom "Weinheimer Unterstützerkreis Berufsstart" (WUB) hat sich bereits mit Efetürk in Verbindung gesetzt und eine mögliche Arbeitsstelle für ihn in Hirschberg ausfindig gemacht.

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Den weiten Weg Efetürks zurück in den Alltag zu erleichtern ist auch Ansinnen von Thomas Franz vom "Weißen Ring" sowie der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW). Opfer einer Gewalttat zu sein, sei fast immer ein einschneidendes Erlebnis, unter dem die betroffenen Menschen leiden, so Dirk Astheimer und Franziska Lüdtke von der Stabsstelle Grundsatzfragen der UKBW. Hintergrund des Gesprächs im Polizeipräsidium Mannheim mit Kriminalhauptkommissarin Tanja Kramper von der Kommunalen Kriminalprävention Rhein Neckar als Gastgeberin: "Opfer brauchen persönlichen Beistand und rechtliche Hilfe." Immer wieder dasselbe Hindernis dabei: "Häufig kennen die Opfer von Kriminalität und Gewalt ihre Rechte nicht." Und das, obwohl sie oft noch monate- oder jahrelang mit den Folgen zu kämpfen haben.

Für derartige Fälle gibt es seit 1976 das sogenannte "Opferentschädigungs- gesetz" (OEG). Anspruch auf Entschädigungsleistungen hat jeder sogenannte "Nothelfer", der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriffs einen gesundheitlichen Schaden erleidet. "Mit den gleichen umfangreichen Geld- und Sachleistungen wie sie auch Kriegsopfer erhalten." Im Falle Efetürks betrifft dies nicht nur die körperlich sichtbaren Spuren der Tat, sondern auch die psychische Betreuung, Heilverfahren sowie weitere Reha-Maßnahmen, welche ein solcher Vorfall oft nach sich zieht.

"Helfer - auch ausländische Staatsbürger - die sich als Privatpersonen, das heißt außerhalb ihres Beschäftigungsverhältnisses, in Gefahrensituationen für andere einsetzen und hierbei ihre eigene Gesundheit gefährden, verletzt oder deren Sachen beschädigt werden, sind automatisch gesetzlich unfallversichert", so die eindeutige Aussage von Astheimer.

In gleichem Maße gilt dies auch für Helfer, die sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder - wie im Fall Efetürk - zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen. Im vergangenen Jahr waren es 432 Fälle sol-cher couragierter "Einzel- oder Nothelfer", welche der UKBW gemeldet und von ihr bearbeitet wurden.

Entschädigungs- und Rentenleistungen können darüber hinaus auch Angehörige wie Witwen und Witwer, Waisen und Halbwaisen in Anspruch nehmen, wenn das Straftatopfer an den Folgen seines selbstlosen Einsatzes stirbt. Sollte der Helfer unter dem ihm beigefügten Schaden ein Leben lang leiden, so erfolgt die Entschädigungsleistung "ohne Kostendeckelung" ein ganzes Leben lang.

Im Beispiel von Efetürk ist die entsprechende Fallaufnahme beim Weißen Ring und der Unfallkasse Baden Württemberg mittlerweile in Bearbeitung. Fazit auch für den jungen Türken: "Man steht nicht alleine, wenn man anderen hilft und dabei einen Schaden erleidet."

Info: Das von der Stadt Weinheim eingerichtete Konto zur finanziellen Unterstützung von Mehmet Efetürk schließt am 30. September. Bis zu diesem Zeitpunkt sind noch Einzahlungen unter "Betreff: Mehmet Efetürk" bei der Sparkasse Rhein Neckar Nord unter IBAN DE33.6705.0505.0063 0155 55, BIC MANSDE66XXX möglich.

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