Zusammengeschlagener Weinheimer

Just an diesem Abend fiel in der Straßenbahn die Kamera aus

Von den brutalen Schlägern, die auf Mehmet Efetürk in einem Zug der OEG-Linie 5 losgingen, gibt es keine Videoaufnahmen

01.09.2017 UPDATE: 02.09.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 44 Sekunden

28 von 38 OEG-Zügen der Linie 5 sind laut RNV-Pressestelle mit Überwachungskameras ausgerüstet. Foto: Dorn

Von Harald Berlinghof

Weinheim/Mannheim. Mehmet Efetürk ist ein regionaler Held. "Beistehen statt rumstehen" - dieses Motto hatte er sich zu eigen gemacht, als er am 11. März gegen 21 Uhr versuchte, einer Frau beizustehen, die von einer Horde Jugendlicher in der OEG-Linie 5 während der Fahrt durch Weinheim bedrängt und belästigt wurde.

Es gelang ihm auch, die Aufmerksamkeit der gewaltbereiten Jugendlichen von der Frau abzulenken - doch daraufhin geriet der Deutschtürke selbst ins Visier der Schläger. Hiebe und Tritte auf Kopf und Oberkörper des 29-Jährigen folgten.

Mehmet Efetürk

Doch keiner der im Zug anwesenden Mitfahrer ergriff Partei für den couragierten jungen Mann. Er erlitt einen Nasenbeinbruch und mehrere weitere Knochenbrüche. Die traumatische Erfahrung, als Unschuldiger zusammengeschlagen zu werden, wird bleiben.

Damit nicht genug, wurde er nach seinem selbstlosen Einsatz zum tragischen Helden. Nach mehrmonatiger Krankschreibung bis in den Juli kündigte ihm sein Mannheimer Arbeitgeber - auch seine Wohnung verlor er. Eine erste Anerkennung erhielt Efetürk, indem man ihn im Rahmen der Aktion "Beistehen statt rumstehen" auszeichnete.

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Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV), zu der die OEG gehört, betont, dass man derzeit prüfe, wie man den jungen Mann unterstützen könne. Die Stadt Weinheim engagiert sich, indem man versucht, Efetürk bei der Job- und Wohnungssuche zu helfen. Ansprechpartner für Hilfsangebote ist der persönliche Referent von Bürgermeister Torsten Fetzner, Patrick Walter. Auch ein Konto zur finanziellen Unterstützung (s. Infoteil) bei der Sparkasse Rhein-Neckar-Nord hat man eingerichtet, um dem in Not geratenen Mann unter die Arme zu greifen.

Insgesamt handelt es sich laut Staatsanwaltschaft Mannheim um sechs Verdächtige, die an der Tat beteiligt waren. Gegen zwei von ihnen wird vor der Jugendkammer des Landgerichts Mannheim der Tatvorwurf des versuchten Totschlags verhandelt, weil sie mit beiden Beinen auf den Kopf des Helfers gesprungen sein sollen. Sie befinden sich nach Aussage der Staatsanwaltschaft Mannheim in Untersuchungshaft.

Darüber hinaus wird Anklage erhoben wegen gefährlicher Körperverletzung und Raub. Die Täter konnten durch Zeugenaussagen ermittelt werden, nicht aufgrund von Videoaufnahmen, weil die Kamera in dem fraglichen Zug just an diesem tragischen Abend ausgefallen war, wie die RNV bestätigt. Immerhin 28 von 38 OEG-Bahnen der Linie 5 sind mit Überwachungskameras ausgerüstet, wie Moritz Feier von der RNV-Pressestelle betont.

Bei den Straßenbahnen des Verbandsgebietes liegt die Ausrüstung mit Videokameras bei rund 60 Prozent, bei Bussen sogar bei 100 Prozent. Bei Neuanschaffungen sind die Bahnen mittlerweile immer mit solchen Kameras ausgestattet. Die Videoaufzeichnungen werden 72 Stunden aufbewahrt, bevor sie überschrieben werden. Eine eventuelle Auswertung der Aufzeichnungen erfolgt nur bei eklatanten Vorkommnissen durch die Untersuchungsbehörden und nicht durch die RNV selbst, so dass die Datensicherheit gewährleistet ist.

Info: Kontaktadresse bei der Stadtverwaltung Weinheim: Patrick Walter: Telefon 06201/82-395, E-Mail: p.walter@weinheim.de. Konto zur finanziellen Unterstützung: Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE33.6705.0505.0063.0155.55, BIC: MANSDE66XXX, Betreff: "Mehmet Efetürk".

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