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Schwetzingen schreibt Filmgeschichte

Premiere des Doku-Films über die Stadt begeistert Hunderte Zuschauer im Lutherhaus

19.07.2018 UPDATE: 20.07.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 6 Sekunden

Trotz Hitze kamen mehrere Hundert Gäste zur Premiere des Doku-Films "Schwetzingen schreibt Geschichte" mit mehr als 250 ehrenamtlichen Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen. Foto: Lenhardt

Von Marion Gottlob

Schwetzingen. Nur wenige Menschen können wie Michael Fuchs sagen: "Ich bin stolz darauf, dass meine Mutter in unserem Film mitspielt. Sie hat die Rolle einer Hausdame von Johann Michael Zeyher und öffnet Peter Hebel die Tür." Es geht um den Doku-Film "Schwetzingen schreibt Geschichte", an dem mehr als 250 Menschen ehrenamtlich vor und hinter den Kulissen mitgewirkt haben. Nun wurde im Lutherhaus mit drei Vorstellungen Premiere gefeiert. Veranstalter war neben Michael Fuchs auch die Evangelische Kirchengemeinde.

Pfarrer Steffen Groß hat selbst einen Pfarrer gespielt: "Es ist ein Beispiel für das Konzept ,Meikel‘ - viele Schwetzinger spielen sich selbst, aber in einer anderen Zeit." Groß spielte also einen Geistlichen, aber in der Zeit von 1870/71. Er gab den Zuschauern ein Rätsel auf: "Es spielen zwei Pfarrer mit - einer kommt lebend davon, der andere nicht. Wer war’s?"

Stadt wurde schriftlich erstmals als "Suezzingen" erwähnt

Der Film wurde von vielen Einrichtungen wie der Stadt, den Schlössern und Gärten Baden-Württemberg als auch von zahlreichen Privatpersonen unterstützt. Hauptsponsor war Matthias Gött von der Findus Metropol GmbH. Er stellte unter anderem Fahrzeuge zur Verfügung und Requisiten aus Haushaltsauflösungen: "Ich unterstütze soziale und künstlerische Projekte, die nachhaltig sind. Ich zeige damit meine Zugehörigkeit zu unserer Stadt."

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Er hat in dem Film einen Helfer gespielt, der schwer verwundete Soldaten während des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 ins Schloss-Lazarett bringt: "Wenn ich mich selbst im Film sehe, erinnere ich mich, wie heiß es war." Denn in der größten Hitze drehte die Crew historische Szenen im Schwetzinger Schloss.

Der Film stellt 1250 Jahre Stadtgeschichte dar, dazu die Bandkeramiker aus der Jungsteinzeit vor 7000 Jahren. In einem Mix aus Interviews mit Fachleuten und historischen Szenen traten viele Laien-Darsteller das erste Mal in ihrem Leben vor die Kamera. So spielt Künstler Heinz Claßen einen kranken Soldaten, der sich abwendet, als ihm zum Trost aus der Bibel vorgelesen wird. Er sagt: "Die Szene war nicht geplant, sie ist spontan entstanden. Der liebe Gott hätte ja das Leid verhindern können."

Doch der Reihe nach. Der Film startet mit den Bandkeramikern, die 5000 vor Christus auf der Gemarkung von Schwetzingen lebten. Gedreht wurde in einem Nachbau der damaligen Behausungen, der beim Karl-Wörn-Haus steht. Moderator Peter Lemke, die "Stimme" des Films: "Das Leben war hart, viele Menschen starben früh." Es folgt ein Sprung in das Jahr 766 nach Christus. Damals schenkte eine Agana ihren Schwetzinger Besitz dem Kloster Lorsch in der Hoffnung, dass der heilige Nazarius bei Gott ein gutes Wort für sie einlegen würde. Drehort war das Freilichtlabor Lauresham beim Weltkulturerbe Lorsch. Ein Glücksfall, denn es stellt die Zeit unter Kaiser Karl des Großen nach - und Agana lebte nur 40 Jahre früher.

Gezeigt wird eine reiche Frau, die sich Gott zuliebe von Grund und Boden samt den Leibeigenen trennt. Darstellerin Margot Markmann: "Ich habe mich so intensiv mit der Geschichte beschäftigt, dass ich vor der Kamera zur ,Agana‘ wurde." Die Schenkung wurde (wie rund 3800 weitere Schenkungen) im Lorscher Kodex notiert - und so wurde Schwetzingen (damals als "Suezzingen") erstmals in seiner Geschichte schriftlich erwähnt. Oberstudienrat a.D. Georg Schuhmann als Notar sprach seine Sätze sogar auf Althochdeutsch.

In dem Film gibt es auch zahlreiche Lacher, unter anderem zum Interview von Wolfgang Schröck-Schmidt von den Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Er erzählte von den glücklichen und unglücklichen Liebes-Affären auf dem Schloss. So wurde die fürstliche Residenz erstmals schriftlich 1350 erwähnt, als ein Kurfürst von seiner früheren Geliebten freien Zutritt zur Feste verlangte und gleichzeitig festlegte, dass sie ihn nicht berühren durfte und einen Abstand von zwei Metern einhalten musste.

Ein Schwerpunkt des Films liegt tatsächlich auf der Zeit von Kurfürst Carl Theodor. Der erst sieben Jahre alte Wolfgang Amadeus Mozart durfte 1763 vor dem Fürsten (gespielt von Ralf Wagner) und seinem Hofstaat spielen. Carl Theodor war ein Förderer von Kunst und Wissenschaft. So werden Johann Michael Zeyher (Bürgermeister Matthias Steffan), Peter Hebel (Pfarrer Thilo Müller) und Karl Friedrich Schimper (Bernhard Renz) in mehrfachen Szenen gewürdigt. Zuschauerin Franziska Sauer stellte nach dem Film fest: "Ich habe etwas über die Menschen erfahren, nach denen Straßen und Schulen benannt sind."

Zu den größten Szenen gehört die Lazarett-Szene von 1870/71: Clementine Bassermann (Rechtsanwältin Katarina Schimmel) sorgte dafür, dass im Schloss mitten im Krieg verwundete Soldaten von Freund und Feind gleichermaßen gut gepflegt wurden. Der Film endet in der Gegenwart - er zeigt Schwetzingen als eine moderne Kultur- und Wohnstadt.

Regisseur David Dietrich hatte den Film neben seinem Hauptberuf als Medienpädagoge in einem Jugendhaus in Mannheim in einem wahren Marathon mit Kameramann Mark Kulpa geschnitten: "Ich hatte nicht einmal Zeit, mit meiner Mutter an ihrem Geburtstag essen zu gehen - nun hat sie das Ergebnis der Arbeit gesehen und freut sich."

Mithilfe der Evangelischen Kirchengemeinde wird eine DVD des Films erstellt. Darauf sollen gewisse Längen zwar gekürzt werden. Dafür soll der Film im Gegenzug noch um fehlende Szenen ergänzt werden.

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