Zwei wichtige Drehtermine für den Film "1250 Jahre Schwetzingen"

Hier laufen Laiendarsteller zur Höchstform auf - Zum Jubiläum sollte es zunächst nur einen kleinen Image-Film geben , inzwischen ist daraus ein Groß-Projekt geworden

22.08.2016 UPDATE: 23.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden

Von Marion Gottlob

Schwetzingen. Wer war dieser Herr? Auch wenn man vor ihm stand - er war kaum zu erkennen! Er trug einen Gehrock und hatte einen Bart und eine gekräuselte Haartracht. Erst die Stimme verriet, dass sich hinter dieser Verkleidung Oberbürgermeister Dr. René Pöltl verbarg. Er lächelte: "Der Bart klebt nicht, die Perücke ziept nicht, nur der Gehrock aus schwerem Stoff ist warm - aber es macht richtig Spaß." OB Pöltl hatte sich in einen Schauspieler verwandelt. Er spielt im Film "Schwetzingen schreibt Geschichte" zum 1250. Stadtjubiläum den allerersten, demokratisch gewählten Bürgermeister der Stadt: "So eine Zeitreise ist eine richtig tolle Idee."

"Wie in einer echten Familie"

Die Idee war in einem Gespräch zwischen ihm und Künstler Meikel Fuchs entstanden. Zum 1250. Jubiläum von Schwetzingen sollte es zunächst nur einen kleinen Image-Film geben. Inzwischen ist daraus ein Groß-Projekt geworden. Fuchs und sein Team drehen einen Doku-Film über die gesamte Geschichte von Schwetzingen, mit weit mehr als 100 Laien-Darstellern. Drehbuch-Autor und Regisseur David Dietrich: "Zunächst war ich angespannt, ob die Darsteller die Anforderungen bewältigen würden. Doch dann haben alle locker gespielt und improvisiert."

Genau das ist ein Erfolgsgeheimnis des Films: Die Laien-Darsteller lernen keine Texte auswendig. Im Gegenteil. Manche erfahren erst am Drehort, welchen Part sie übernehmen. Regisseur Dietrich erläutert den Inhalt der Szene - die Mitwirkenden spielen dann ihre Rolle spontan, von innen heraus. Marianne Grönert spielte die Schank-Frau mit Begeisterung und weißem Häubchen (viele Kostüme waren kostenlose Leihgaben aus dem Fundus des Nationaltheaters Mannheim).

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Die Szene mit dem Bürgermeister Daniel Helmreich (alias OB Pöltl) führt in das Jahr 1832. In seinem Stamm-Lokal "Zum wilden Mann" (heute El Greco") schwingt der spätere Volksvertreter Reden über die Demokratie. Am Stammtisch sitzen Willi Zöbeley, der selbst einst für das Amt des Oberbürgermeisters kandidierte und nun zwei Tage später den 95. Geburtstag feierte, dazu Alt-Stadtrat Manfred Ansorge und Stadtrat und OB-Stellvertreter Dr. Hans-Joachim Förster: "Wir sind Repräsentanten der Demokratie!" Einer hielt Gewehrkugeln aus dem Jahr 1812 in der Hand und klagte darüber, dass diese Kugel seinen Sohn in der Schlacht von Leipzig 1812 schwer verletzt hatte. Wirt Aristoteles Karavassiles stellte sein Lokal zur Verfügung: "Das mache ich gerne."

An einem Nebentisch trank Stadtarchivar Joachim Kresin mit Mitarbeiterin Nicole Gund Kaffee. Sie spielten ein Ehepaar, das an den Idealen der Monarchie festklammerte. Der Mann unterbrach die Reden des forschen Daniel Helmreich: "Die Demokratie wird sich nie durchsetzen!" Kresin durfte seinen Vorgesetzten Pöltl in dieser Szene heftig kritisieren. Kurze Zeit darauf wurde die Kritik vom Lauf der Geschichte widerlegt: Bürgermeister Daniel Helmreich erreichte auf Intention der Schwetzinger Bürgerschaft, dass Schwetzingen 1833 Stadtrechte erhielt. Ein Dank des Teams geht an Stadtarchivar Kresin für die fachkundige Beratung.

Szenen-Wechsel! Nur wenige Tage später war das Film-Team im Karl-Wörn-Haus zu Gast. Die Zeitreise führte dieses Mal zu den Bandkeramikern. Wie zu jedem Thema hatte sich das Film-Team auch dieses Mal von Experten beraten lassen. Rudi Walter hat Archäologie mit dem Schwerpunkt auf Ur- und Frühgeschichte in Tübingen studiert und bei mehr als 30 Dokufilmen mitgewirkt. Er räumte mit Vorurteilen auf: "Die Menschen der Jungsteinzeit waren nicht verwahrlost, sondern gepflegt." So durften die Film-Kostüme aus Leder oder fein gewebtem Leinen gefertigt sein. Funde aus jungsteinzeitlichen Feuchtbodenfundstellen belegen dies. "Auch wenn wir nicht wissen, wie die Menschen damals ihre Stoffe so fein weben konnten", so Walter.

Vor dem eigentlichen Dreh hatte er zunächst eine Ferienfreizeit für Kinder gestaltet. Ein Glücksfall! Einige Kinder waren so engagiert bei der Sache, dass sie gleich beim Film im wahrsten Sinne des Wortes "mit und weiterspielten". Wie "Profis" der Steinzeit kümmerten sie sich um das Getreide für das tägliche Brot. Anni (8) strahlte: "Ich habe vor wenigen Tagen mit meiner Mutter besprochen, dass ich gerne bei einem Film mitmachen würde - und nun stehe ich vor der Kamera."

In Schwetzingen wurde einer der größten Friedhöfe aus der Zeit der Jungsteinzeit gefunden. "Nur wenige wissen das", so Birgit Rechlin, Leiterin des Karl-Wörn-Hauses und Film-Beraterin, "mit dem Film können wir das bekannt machen." Vor anderthalb Jahren hat sie einen Teil eines Bandkeramikers-Langhauses nachgebaut. Damit hatte das Film-Team mitten in der Stadt eine originalgetreue Oase der Jungsteinzeit für den Dreh! Rechlin spielte eine Mutter: "Das Kostüm fühlt sich wie ein Sommerkleid an." Walter übernahm die Rolle des Familienvaters: "Alle arbeiten so gut zusammen - wie in einer echten Familie."

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