Neues Tourismus-Konzept soll Handel und Gastro stärken
Entspannte Urlaube abseits des Trubels. Kultur, Natur und Spargelanbau sollen Markenzeichen sein.

Von Volker Knab
Schwetzingen. Mit ihrem neuen Tourismus- und Marketingkonzept will sich die Spargelstadt neu aufstellen und mehr Besucher anlocken. Das knapp 100 Seiten dicke Konzept wurde von der Berliner Agentur "Tourismus Plan B" erstellt und zeigt etwa 50 Handlungsfelder auf, an denen man weiter feilen will. Die Agentur arbeitete dabei eng mit der Stadtverwaltung, dem Stadtmarketing und Vertretern aus Kultur, Handel, Gastronomie sowie Vereinen zusammen. Das Ganze fußte auf empirischen Untersuchungen und Interviews, die die Tourismusexperten in Schwetzingen geführt haben. Das oberste Ziel des neuen Konzepts sei, die Vielfalt der Angebote in Einzelhandel, Gastronomie und Kultur zusammenzuführen und zu vernetzen, erklärt Bürgermeister Matthias Steffan.
Außerdem will man Gastronomie und Handel stärken und den Geschäftsleuten Tipps geben, wie sie neue Kunden gewinnen können. Der Gemeinderat hat das Konzept bereits angenommen und verabschiedet. Das Dokument ist allerdings keine fertige Auflistung aller angestrebten Maßnahmen, sondern vielmehr ein Leitbild, das ständig weiterentwickelt werden soll. Die einzelnen Punkte würden dann anhand einer Priorisierung "nach und nach mit Leben gefüllt", berichtet Christiane Drechsler, die Leiterin der Schwetzinger Touristinformation.
Um die lokale Tourismusbranche zu stärken, wolle die Verantwortlichen die durchschnittliche Verweildauer der Besucher wenn möglich um eine Übernachtung steigern. Davon würden auch der Handel und die Gastronomie profitieren. "Derzeit liegt die durchschnittliche Verweildauer bei 1,7 Nächten, was für eine Stadt dieser Größe schon gut ist", meint Drechsler.
Zu den Stärken Schwetzingens gehören der Agentur zufolge Sehenswürdigkeiten, Kultur und Natur. "Im bundesweiten Trend wird der tiefe Einschnitt bei den Geschäftsreisen auch nach der Corona-Pandemie bestehen bleiben", sagt Andreas Lorenz, der Geschäftsführer von "Tourismus Plan B". Gleichzeitig habe die Pandemie den inländischen Tourismus gestärkt. "Auch das wird bleiben. Reiseziele in Deutschland sind beliebter geworden", betont er.
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Für Kleinstädte wie Schwetzingen sei das eine große Chance. "Die Leute wollen generell diesen Trubel in den Großstädten nicht mehr sehr", so Lorenz. Kleine Städte böten einen Mix aus Sehenswürdigkeiten und Natur – genau das, was viele suchten. Schwetzingen lässt sich zu Fuß erkunden, und es gibt viele Möglichkeiten für Radtouren – zum Beispiel in die nahen Rheinauen.

Außerdem wollten immer mehr Reisende ein Stück regionale Identität erleben und legten wert auf persönliche Begegnungen. "Das bieten die kleineren Städte", sagt Lorenz. Genau da müsse man ansetzen. Eine solche Begegnung könne ein Besuch bei einem Spargelbauern sein oder der persönliche Tipp für eine Radtour vom Hotelpförtner. Von diesem Trend profitiert auch der inhabergeführte Einzelhandel. Die Vorsitzende des Stadtmarketing-Vereins, Elke Ackermann, weiß das aus eigener Erfahrung. "Als Einzelhändlerin war ich überrascht, welch positives Feedback wir in der Corona-Zeit im Vergleich zu den großen Städten bekommen haben", erzählt sie. "Manche Kunden wollen gar nicht mehr zum Einkaufen nach Mannheim oder Heidelberg fahren."

Auf Grundlage dieser bundesweiten Trends und der individuellen Stärken Schwetzingens haben die Akteure sogenannte Erlebniswelten entworfen: "Schloss, Kultur und Stadt", "Schwetzingen Live" und "Stadt, Land, Fluss". Zur Kulturerlebniswelt gehören neben dem Schloss und Schlossgarten auch das Mozartfest und das Theater am Puls. Unter dem Motto "Schwetzingen Live" werden Veranstaltungen wie der Weihnachtsmarkt, die Fête de la Musique und die Konzerte der Jazzinitiative angeboten. "Stadt, Land, Fluss" wiederum enthält Ausflugstipps in die nahe und ferne Umgebung – von der Ketscher Rheininsel bis ins Neckartal.
"Andreas Lorenz hat uns auf neue Themen gestoßen", sagt Barbara Gilsdorf, die im Rathaus den Fachbereich Kultur, Tourismus und Städtepartnerschaften leitet. Auch die Schwetzinger selbst nahmen ihre Stadt im Rahmen von Workshops kritisch unter die Lupe. So fand die Berliner Agentur in Schwetzingen häufig Spargel aus Bruchsal und vermisste exquisite lokale Angebote. Deshalb ist eines der nächsten angedachten Projekte auch eine kulinarische Regionaloffensive. "Wir wollen Schwetzingen in alle Munde bringen", erklärt Gilsdorf schmunzelnd.

Beim Thema Natur sei die Nachfrage nach Plänen mit Fahrradrouten rund um Schwetzingen während der Corona-Zeit gestiegen, berichtet Drechsler. Viel Lob bekamen die über die Stadt verteilten, historischen Motivbänke – sowohl von Andreas Lorenz als auch von Ariane Born, der Geschäftsführerin des Vereins Burgenstraße. Die Bänke seien ein Alleinstellungsmerkmal und kämen bei den Besuchern gut an, so Gilsdorf. Die Stadtpläne, auf denen auf die Bänke eingezeichnet sind, waren schnell vergriffen.
Die Angebote der neuen Schwetzinger "Erlebniswelten" findet man auf der neuen Internetseite der Touristinformation unter folgendem Link: www.visit-schwetzingen.de



