Schwetzingen

Wie die Stadt mehr Urlauber anlocken will

Der Gemeinderat stimmt einem neuen Marketing- und Tourismuskonzept zu. Nachhaltigkeit und Regionalität sollen eine größere Rolle spielen.

04.08.2021 UPDATE: 05.08.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden
Das Schwetzinger Schloss und der Schlossgarten ziehen jedes Jahr zahlreiche Tagestouristen an. Um die Besucher für längere Aufenthalte zu gewinnen, will die Stadt künftig außerdem auf weiterführende Angebote – auch in der näheren Umgebung – setzen. Foto: Lenhardt

Von Anna Manceron

Schwetzingen. Genuss und Kulinarik, ein lebendiges Kulturleben und vor allem mehr Nachhaltigkeit: Das sieht das neue Marketing- und Tourismuskonzept 2025 vor, das der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen hat. Die Berliner Agentur "Tourismus Plan B" hat das Konzept im Auftrag der Stadt Schwetzingen erstellt. Neben einer Bestandsaufnahme und einer Stärken-Schwächen-Analyse enthält das fast 100 Seiten lange Dokument auch konkrete Vorschläge dazu, wie man den Tourismus in der Spargelstadt fördern und teilweise neu aufstellen kann. Das Marketing- und Tourismuskonzept 2025 ist zunächst auf einen Zeitraum von fünf Jahren ausgelegt und kann künftig inhaltlich erweitert oder ergänzt werden.

Dem Bericht der Agentur zufolge ist die Zahl der Übernachtungen in Schwetzingen in den vergangenen zehn Jahren deutlich angestiegen. 2019 verzeichnete die Stadt knapp 131.000 Übernachtungen. Die meisten davon seien allerdings Geschäftsreisen. Vor allem am Wochenende übernachteten deshalb eher wenig Gäste in Schwetzingen. Im Gegenzug dazu sei der Tagestourismus sehr stark ausgeprägt. Hauptattraktionen seien dabei das Schloss und der dazugehörige Garten sowie der Schlossplatz mit seinen Cafés und Restaurants. Auch Veranstaltungen rund um das Schloss wie die SWR-Festspiele, der kurfürstliche Weihnachtsmarkt oder "Musik im Park" lockten viele Tagesbesucher an. Die Chance, aus ihnen Übernachtungsgäste zu machen, wird nach Ansicht der Berater aus Berlin noch zu wenig genutzt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das kulinarische Angebot, das die Berater insgesamt als "durchschnittlich" einstufen. Vor allem bei der Vermarktung des Spargels sehen sie Luft nach oben. "Als älteste Spargelstadt Deutschlands liegt Schwetzingen deutlich unter seinen Möglichkeiten", heißt es in dem Konzept. "Knackpunkte sind die geringe Menge, die fehlende touristische Professionalisierung der Spargelbauern und das mangelnde Interesse der Gastronomie an den Original Schwetzinger Spargelsorten."

Auch das Thema Nachhaltigkeit, der Agentur zufolge ein "Megatrend", sei im örtlichen Tourismus noch nicht angekommen. Immer mehr Reisende legten Wert auf eine intakte Umwelt, naturnahe Urlaubserlebnisse und einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Bei vielen Leistungsträgern im Beherbergungs-, Gastronomie-, Kultur- oder Veranstaltungsbereich mangle es in dieser Hinsicht jedoch an Interesse und Engagement. Um die Nachhaltigkeit dort stärker zu verankern, müsse man mehr auf Entschleunigung, Sinnhaftigkeit, Muße, Tradition, Regionalität und Klimafreundlichkeit setzen und den Radverkehr in der Stadt fördern. Unter den Vorschlägen der Berater finden sich unter anderem auch thematische Radtouren in der näheren Umgebung sowie ein "Klimamenü" mit regionalen Produkten.

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Ein wesentliches Ziel des neuen Marketing- und Tourismuskonzepts ist zudem eine bessere Zusammenarbeit von Schloss, Stadtmarketing und Kommune. In die Umsetzung der gemeinsam entwickelten Handlungsempfehlungen will die Verwaltung auch die örtlichen Vereine und Kultureinrichtungen einbinden. Viele Besucher wollten nämlich nicht nur Hotels und Sehenswürdigkeiten sehen, sondern Schwetzingen "wie die Schwetzinger es erleben", betonte Oberbürgermeister René Pöltl in der Sitzung. Mithilfe des Marketing- und Tourismuskonzepts 2025 will die Stadt außerdem Landesfördermittel für die Sanierung und den Umbau des Rothackerschen Hauses beantragen, in das später auch die Touristinformation einziehen soll. Laut der Beschlussvorlage ist das Einreichen eines aktuellen Tourismuskonzepts sogar notwendig für die Bewerbung.

Fast alle Stadträte stimmten für die Umsetzung des neuen Konzepts. Nur Werner Zieger (Die Linke) konnte sich nicht so recht damit anfreunden und enthielt sich. Aus seiner Sicht müsste in Schwetzingen deutlich mehr für die Barrierefreiheit getan werden. "Es gibt in der ganzen Stadt kein Hotelzimmer, das für einen Rollstuhlfahrer samt Begleitperson geeignet wäre", sagte er. Auch in vielen Restaurants und Cafés gebe es keine barrierefreien Toiletten.

Als Einzelhändlerin sei sie von dem neuen Konzept unmittelbar selbst betroffen, erklärte Elke Ackermann-Knieriem (Schwetzinger Freie Wähler). "Von den Schwetzingern allein können Gastronomie, Kultur und Handel nicht mehr leben", betonte die Stadträtin. "Diese drei Säulen machen eine Stadt aber lebenswert." Sie fürchtete zudem, dass die genannten Akteure derzeit nicht über ausreichend personelle Ressourcen verfügten, um die zahlreichen Empfehlungen der Berliner Agentur auch in die Tat umzusetzen.

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