Schwetzingen

"Man muss auf die Besucher hören"

Wie Schwetzingen die Werbetrommel rührt: Barbara Gilsdorf spricht über den Tourismus in der Spargelstadt

03.01.2020 UPDATE: 06.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Vor allem das Schloss und die barocke Kulisse locken die Gäste nach Schwetzingen. Foto: Lenhardt

Von Rolf Kienle

Schwetzingen. Festspiele, Mozartfest, Musik im Park, Schloss, Spargel und Weihnachtsmarkt – es gibt viele Gründe, Schwetzingen besuchen. Die Stadt im Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar versteht sich deshalb auch als touristischer Standort und rührt fleißig die Werbetrommel. Nächste Gelegenheit ist die Stuttgarter Urlaubsmesse CMT, die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit, die von 11. bis 19. Januar in den Messehallen beim Flughafen stattfindet. 220.000 Besucher zählt die CMT jedes Jahr. Schwetzingen präsentiert sich dort gemeinsam mit der Metropolregion Rhein-Neckar. Die RNZ hat mit Barbara Gilsdorf von der Stadtverwaltung über Stärken und Schwächen des touristischen Standorts Schwetzingen gesprochen.

Frau Gilsdorf, wie definiert sich Schwetzingen im Chor der touristischen Standorte in der Rhein-Neckar-Region?

Einerseits hat Schwetzingen schon seit den Zeiten des Kurfürsten Carl Theodor eine Tradition für Bildungsreisen. Musiker, Wissenschaftler, Literaten und höfische Prominente gaben sich die Klinke in die Hand. Heute haben wir uns mit Schloss, Schlossgarten und mehreren Kulturprojekten einen guten Ruf geschaffen, wobei allerdings 70 Prozent aller Übernachtenden Geschäftsreisende sind. Schwetzingen ist eine Stadt mit hoher touristischer Prägung. Der Tourismus ist unser Hauptwirtschaftsfaktor. Wir müssen nur sorgsam darauf achten, dass wir uns einen sanften Tourismus erhalten und keinen Massentourismus anlocken.

Wo liegen die Stärken der Stadt?

Auch interessant
Jahresrückblick von A bis Z: Das war das Wichtigste in Schwetzingen 2019
Außergewöhnliche Geschenke: Ein Bummel über den Kunsthandwerker-Markt Schwetzingen
Schwetzingen: Wincent Weiss bei "Musik im Park"

Die Lage in der Metropolregion Rhein-Neckar, zwischen Pfälzer Wald und Odenwald, zwischen Mannheim und Heidelberg, ist ein unschätzbarer Pluspunkt. Wir haben in den letzten Jahrzehnten attraktive Kulturveranstaltungen ins Programm genommen, mit denen wir überregional auf uns aufmerksam machen können: Die Festspiele, das Mozartfest, Winter in Schwetzingen, die Musik im Park, Enjoy Jazz, die Alte Wollfabrik, das Theater am Puls, das Museum Blau und das Karl-Wörn-Haus – eben nicht nur klassisch, sondern auch zeitgemäße moderne Musik und Schauspiel, Museen, Kunst im öffentlichen Raum – das sind Elemente, die wir nicht allein für Besucher schaffen, sondern vor allem für unsere Bürger.

Barbara Gilsdorf. Foto: len

Welche Mechanismen muss man bedienen, um auf sich aufmerksam zu machen?

Man muss vor allem auf die Besucher hören und wissen, was sie wollen. Und dabei auch moderat bleiben. Formate, die in Berlin funktionieren, wäre hier sicher falsch. Wir können nicht alles umsetzen. Aber Kunst muss grundsätzlich zur Diskussion anregen. Da haben wir die Ohren offen.

Wie weist Schwetzingen überregional auf sich hin?

Wir sind in mehreren Organisationen und internationalen Vereinigungen vertreten, von der Burgenstraße bis zu den Mozartwegen. Wir haben uns aber auch mit Kurpfalz-Touristik zusammen getan, die überregional auftritt. Bei der CMT haben wir im zweiten Jahr einen gemeinsamen Stand mit der Metropolregion. Wir zeigen beispielsweise einen Imagefilm über Schwetzingen.

Wo hat Schwetzingen Defizite?

Wir haben zwar kurze Wege in der Stadt, aber bei den öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir schlecht aufgestellt. Da können wir leider wenig ändern. In der Hotellandschaft haben wir ein gutes Angebot, wenngleich auch noch Luft nach oben ist. 2018 wurde die Ansiedlung eines Vier-Sterne-Hotels auf dem alten Messplatz diskutiert; mit dem Ergebnis, dass der Investor absprang. Ein Hotel mit Restaurant könnten wir noch gut gebrauchen. Gleichzeitig entstehen rund um Schwetzingen neue Hotels.

Gibt es städtische Bestrebungen, die Hotellandschaft zu erweitern?

Wir betreiben als Stadt die Ansiedlung weiterer Hotels nicht aktiv, wir respektieren unsere vorhandenen Strukturen in einem sehr verschärften Wettbewerb in der Region. Schwetzingen hätte aber durchaus noch ergänzendes Potenzial, wie wir aus verschiedenen Rückmeldungen wissen. Wenn es da passende Ergänzungen gäbe, würden wir es durchaus begrüßen. Es sollte allerdings nicht zulasten vorhandener Beherbergungsbetriebe gehen. Idealfall wäre ein breit gefächertes Angebot für alle Nachfragen und Bedarfe vor Ort in Schwetzingen.

Beschäftigt sich Schwetzingen mit barrierfreiem und "grünem" Reisen?

Wir wissen, dass barrierefreies Reisen aufgrund der demografischen Entwicklung immer wichtiger wird. Nicht alle Hotels in der Stadt haben einen Aufzug. Im Prinzip ist Schwetzingen behindertenfreundlich. "Grün" reisen wird bundesweit bei den Buchungen nachgefragt, auch bei uns. Die Besucher wollen beispielsweise wissen, ob regionale Produkte auf den Tisch kommen. Wir wurden in die Vereinigung Citta Slow aufgenommen. Dies ist eine europa- und weltweite Vereinigung von kleineren Städten, die sich Nachhaltigkeit, Regionalität und besonderer Lebensqualität verschrieben haben. Schwetzingen erfüllt diese Kriterien und hat die notwendige Zertifizierung bestanden. Wir gehören damit in Deutschland zu einem kleinen Kreis von Städten, die sich einem qualitätsvollen und nachhaltigen Leben mit Entschleunigung verschrieben haben. Davon profitieren nicht nur unserer Bürger, sondern natürlich auch unsere Besucher. Citta Slow steht für diese Qualitäten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.