Schwetzingen

So will die Spargelstadt auf den Klimawandel reagieren

Schwetzingens Klimaschutzbeauftragter Patrick Cisowski über die Zukunft der Mobilität, neue Konzepte und seine eigene Ökobilanz. "Gegen Klimawandel gibt es keinen Impfstoff".

08.06.2021 UPDATE: 09.06.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 35 Sekunden
Patrick Cisowski, Andreas Stampfer von der EnBW, Oberbürgermeister René Pöltl und die städtische Klimaschutzmanagerin Stefanie Dott (v.l.) 2019 bei der Einweihung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge auf dem Neuer Messplatz. Foto: Lenhardt

Von Stefan Kern

Schwetzingen. Als städtischer Klimaschutzbeauftragter ist Patrick Cisowski dafür zuständig, neue Lösungen dafür zu finden, wie die Spargelstadt auf den Klimawandel reagieren kann. Die RNZ hat mit ihm darüber gesprochen, was alles schon erreicht wurde und was noch zu tun ist. "Schwetzingen ist auf einem guten Weg", resümiert Cisowski im Interview.

Herr Cisowski, welche Klimaschutzmaßnahmen waren für Sie und Ihr Team in den vergangenen Monaten am wichtigsten?

Wir haben ein Radverkehrskonzept erarbeitet, uns um den Ausbau der Ladeinfrastruktur gekümmert und das Projekt Radschnellweg nach Heidelberg bearbeitet. Ferner haben wir die Bürger durch Energieberatungen aufgeklärt. Wir nehmen am Stadtradeln teil, erarbeiten eine neue Umwelt-Förderrichtlinie und haben den Klima-Beirat ins Leben gerufen, dessen erste Sitzung aufgrund der Corona-Krise ins Frühjahr 2021 verschoben werden musste.

Ist die Stadt in Sachen Klimaschutz auf einem guten Weg? Wie schätzen sie den Stand der Dinge rund um die Themen Mobilität, Elektroladeinfrastruktur oder bei der Dämmung von Gebäuden ein?

Auch interessant
Fridays for Future: Globaler Klimastreik auch in Schwetzingen
Schwetzingen: So sollen Bürger auf klimafreundliche Verkehrsmittel umsteigen
Schwetzingen: Damit Radfahrer schneller nach Heidelberg kommen

Schwetzingen ist auf einem guten Weg. Die Ladeinfrastruktur ist für die Größe unserer Stadt sehr gut ausgebaut. Und mit unserem neuen Förderprogramm haben wir wichtige Anreize gesetzt, damit die Bürgerinnen und Bürger einzelne Klimaschutzmaßnahmen gezielt umsetzen. Einige Schwetzinger spielen mit dem Gedanken, eine Fotovoltaikanlage installieren zu lassen – mit dem Zuschuss setzen wir hier einen wichtigen Anreiz. Die Bündelung der Themen Wirtschaft, Baurecht und Klimaschutz seit Januar in einem neuen Amt zeigt, dass die Stadtverwaltung die nachhaltige Entwicklung in vielen Bereichen verzahnen wird.

Wie viel Tonnen CO2 können bis 2030 in Schwetzingen pro Kopf und Jahr eingespart werden?

Laut unseren Schätzungen kann eine halbe Tonne pro Einwohner und Jahr an CO2 eingespart werden.

Hier stellt sich auch die Frage nach der Quote für lokal erzeugte Energie. Ziel ist bis 2030 laut Klimaschutzkonzept ein Anteil von 16 Prozent bei der Wärme und neun Prozent beim Strom. Ist die Stadt hier auf Kurs?

Von den Großen Kreisstädten in Baden-Württemberg wird laut dem novellierten Landesklimaschutzgesetz eine kommunale Wärmeplanung bis Ende 2023 erwartet. Die Energiewende braucht auch eine Wärmewende. Den Fokus allein auf Strom zu richten, wird nicht ausreichend sein. Die Wärmeplanung ist eine zentrale Aufgabe der Stadt.

Hat die Verwaltung bei ihren alltäglichen Entscheidungen stets den Klimaschutz im Blick?

Unbedingt! Das Thema Nachhaltigkeit spielt seit vielen Jahren eine wichtige Rolle in der Beschaffungsstrategie der Stadtverwaltung. Ein klimafreundlicher und ressourcenschonender Einsatz von Energie und Produkten ist uns sehr wichtig, und auch die Mitarbeiter haben da mittlerweile ein Auge drauf. Es kommen immer wieder Anfragen aus anderen Ämtern zu Klimaschutzthemen. So arbeiten wir beispielsweise am neuen Tourismus-Konzept mit, das auf stark auf Nachhaltigkeit setzt.

Wie wichtig ist das Klimaschutzkonzept, das vor fast genau drei Jahren beschlossen wurde?

Es ist sehr wichtig, und unsere Arbeit orientiert sich stark an dem Konzept. Die Umsetzung ist recht zeitintensiv, und bis wir konkrete Ergebnisse sehen, kann es manchmal dauern. Als Kompass ist das Konzept unersetzlich.

Wie ist der städtische Fuhrpark vor dem Hintergrund des Klimaschutzes aufgestellt?

Oberbürgermeister René Pöltl fährt demnächst ein E-Auto und der Bürgermeister ein Plug-In Hybrid. Im Rathaus gibt es darüber hinaus ein Bambus-E-Lastenrad, zwei Dienstfahrräder und einen erdgasbetriebenen VW Caddy. Im Ordnungsamt gibt es ein weiteres Dienstfahrrad und einen VW Erdgas-Caddy sowie im Bauamt zwei weitere Dienstfahrräder und ein Diesel-Auto, das aber zugunsten einer umweltfreundlichen Alternative nicht mehr ersetzt wird.

Wie viele Elektroautos sind in Schwetzingen zugelassen?

Stand November 2020 waren es 62.

Haben Sie Zahlen zur Auslastung der Ladesäulen?

Die vier städtischen Ladesäulen werden sehr häufig genutzt. Alleine vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 wurden insgesamt 1853 Ladevorgänge verzeichnet und dabei rund 15.376 Kilowattstunden Strom geladen. Damit wurden circa 100.000 Kilometer elektrisch zurückgelegt, wobei wir einen Verbrauch von 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer annehmen.

Welche Klimaschutzprojekte stehen in diesem Jahr in Schwetzingen an?

Das Klimaimpuls-Programm ist sicher eines der wichtigsten Projekte. Aber auch die Radschnellverbindung nach Heidelberg wird eine wichtige Rolle spielen. Mit dem Mobilitäts- und Klimabeirat soll ein festes Gremium aus Experten geschaffen werden, die das Querschnittsthema Klimaschutz in der Stadtentwicklung gewährleisten. Das Gremium soll mit Vertretern der Fraktionen, der Stadtverwaltung und städtischen Unternehmen, Vereinen und Verbänden sowie der Region besetzt sein und somit auch als ein Multiplikator in weiteren lokalen Netzwerken fungieren. Ebenso wollen wir mehr mit den privaten Unternehmen in Schwetzingen zusammenarbeiten. Wir bieten eine Einstiegsberatung zum betrieblichen Mobilitätsmanagement an. Mit dieser städtischen Förderung von 50 Prozent erleichtern wir es den Betrieben, sich Gedanken zum Fuhrpark, zur Mitarbeitermobilität und zum Liefer- und Kundenverkehr zu machen. Darüber hinaus ist im Rahmen des Programms "Dein-Klima" der Aufbau von Klima-Teams an den Schulen mit Schüler, Lehrern und Hausmeistern geplant. Ob Veranstaltungen wie die Ecomobil-Gala Anfang September stattfinden können, steht noch in den Sternen.

Was läuft in Schwetzingen weniger gut?

Es gibt etwas, das wir in Schwetzingen und bundesweit beobachten: das zunehmende Müllaufkommen. In Deutschland wurde 2020 im Durchschnitt rund sechs Prozent mehr Müll erzeugt. Ebenso aufgrund der Corona-Pandemie stellen wir fest, dass mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr meiden und sich ein eigenes Auto kaufen. Auch das Carsharing ist rückläufig.

Wenn sie auf die Welt schauen, machen sie sich Sorgen?

Corona wird irgendwann geschafft sein und wir können alle damit leben, da der Impfstoff seine Wirkung zeigen wird. Nur ist es so, dass es gegen den Klimawandel und deren Folgen keinen Impfstoff geben wird. Weltweit muss der Klimaschutz wieder an Fahrt aufnehmen, damit wir einem "Klima-Lockdown" entgehen können.

Wie integrieren Sie den Klimaschutz in Ihrem Alltag und wo fällt es Ihnen schwer?

Zu Hause setze ich auf Ökostrom, kaufe bewusster ein, achte auf Bio und Regionalität und weniger Verpackungen. Genau hier fällt mir es auch manchmal schwer, konsequent zu bleiben – und dann wird doch noch etwas extra gekauft und verpackt, da es schnell gehen musste ...

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.