Rhein-Neckar

Kommunen wird mehr abverlangt - aber wie viel?

Landrat Stefan Dallinger bringt am Dienstag im Kreistag den Haushalt ein.

10.10.2023 UPDATE: 10.10.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg. Foto: Reinhard Lask

Rhein-Neckar. (alb) Bürgermeister und Kämmerer der 54 Kreiskommunen blicken an diesem Dienstagnachmittag angespannt nach Mauer. Landrat Stefan Dallinger will bei der Kreistagssitzung in der Sport- und Kulturhalle den Haushalt für 2024 einbringen. Schon vor wenigen Wochen mussten die Mitglieder des Fachausschusses eine bittere Pille schlucken: So hat sich im laufenden Etat bereits ein dickes Defizit von 61,1 Millionen Euro angehäuft und damit fast 22 Millionen Euro mehr als geplant. "Die Zahlen sind dramatisch eingebrochen", seufzte Dallinger.

Deshalb gehen Beobachter fest davon aus, dass der Landrat die sogenannte Kreisumlage deutlich erhöhen will, sprich: die Kommunen mehr Geld an die Kreiskasse überweisen müssen. Gemunkelt wird von zwei Prozentpunkten plus x. Laut der mittelfristigen Finanzplanung könnten es bis zu fünf Prozentpunkte sein.

Im Kreistag gibt es zwei Lager: Die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, SPD und FDP werden von aktuellen oder ehemaligen Vertretern aus Stadt- oder Gemeindeverwaltungen geführt. Sie weisen auf die angespannte Haushaltslage der Kommunen hin und wollen eine steigende Umlage nur dann mittragen, wenn der Rhein-Neckar-Kreis auch bei sich selbst den Rotstift ansetzt.

Grüne und Linke signalisieren dagegen Zustimmung und Verständnis für eine Erhöhung. "Ja, wir gehen da mit. Es muss einen Ausgleich zwischen dem Kreis und den Kommunen geben", sagt Grünen-Fraktionschef Ralf Frühwirt. Zwar will auch er, dass Ausgaben und Investitionen auf den Prüfstand kommen. "Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Kreis nicht schon gemacht hat, bevor der Haushaltsplan erstellt wurde", so Frühwirt.

Das sieht Linken-Fraktionsvorsitzender Edgar Wunder ähnlich. Er hält eine höhere Kreisumlage für "völlig unumgänglich". Wunder erinnert daran, dass die "Abgabe" schon in den Vorjahren steigen sollte, man sich dann aber angesichts der florierenden Wirtschaftslage dafür entschied, sie konstant zu halten oder gar zu senken. "Jetzt gibt es eben eine Delle in die andere Richtung", sagt der Kreisrat. Dies hätten die Kommunen durchaus voraussehen und in ihre Planungen einfließen lassen können.

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Das möchte Claudia Felden so nicht stehen lassen und verweist auf die von Bund und Land an die Städte und Gemeinden übertragenen Aufgaben. Konkret spricht die Fraktionsvorsitzende der FDP von steigenden Ausgaben bei der Kinderbetreuung und für die Unterbringung Geflüchteter sowie Tarifsteigerungen im Öffentlichen Dienst.

Ihrem CDU-Kollegen Frank Werner bereiten zudem Einnahmeausfälle bei Grundstücksverkäufen Kopfzerbrechen. Ebenso beunruhigen ihn die schmelzende Liquidität und der steigende Schuldenstand des Kreises. Felden will bei möglichen Kreditaufnahmen auf die Bremse treten, "denn das müssen die künftigen Generationen zurückzahlen".

Doch wo sparen? Die hohen Verluste der GRN-Kliniken müssen ausgeglichen werden, am beschlossenen Ausbau des Sinsheimer Krankenhauses will eigentlich niemand rütteln, und der Neubau der sonderpädagogischen Steinsbergschule, ebenfalls in Sinsheim, entsteht ja bereits.

Es soll sich aber auch auf der Einnahmenseite etwas tun – und das betrifft die Bürgerinnen und Bürger ganz direkt. Nach RNZ-Informationen sollen die Müllgebühren für die AVR steigen. Frank Werner wundert das angesichts auslaufender Entsorgungsverträge und explodierender Kraftstoffpreise nicht. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt, dass Dallinger am Mittwoch zu einer nicht-öffentlichen Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses geladen hat.

"Ich gehe davon aus, dass wir dann erfahren, wo der Kreis sparen will", sagt Ralf Göck (SPD). Als die RNZ ihn am Montag telefonisch erreicht, kommt er gerade von einer Sitzung von Bürgermeistern der Spargelkommunen. Dort hätten Teilnehmer ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, mit einer stark steigenden Kreisumlage in ihren Gestaltungsspielräumen völlig eingeschränkt zu werden.

"Wenn es bei zwei Prozentpunkten bleibt und der Kreis Sparvorschläge macht, dann kämen wir mit einem blauen Auge davon", meint Hans Zellner, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Es gebe aber Kommunen, die eine Erhöhung empfindlich treffen würde, vor allem jene im Steinachtal, der Heimat des früheren Bürgermeisters von Wilhelmsfeld. Andererseits hat Zellner, seit 34 Jahren im Kreisrat, schon manche schweren Zeiten miterlebt: die Banken- und Finanzkrise oder die Folgen von Kriegen. "Ich bin mir sicher, dass wir auch dieses Mal wieder gestärkt daraus hervorgehen."

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