Riehle oder Specht? Entscheidung fällt am 9. Juli
Zu sicher darf sich keiner der beiden sein. Isabell Belser zog ihre Kandidatur bereits zurück.

Von Alexander Albrecht und Olivia Kaiser
Mannheim. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Weil es keinem Kandidaten gelang, bei der Mannheimer OB-Wahl am Sonntag die absolute Mehrheit zu holen, findet am Sonntag. 9. Juli, ein zweiter Wahlgang statt. Dann aber ohne Isabell Belser (Die Linke). Sie hat ihre Kandidatur bereits zurückgezogen. Das Rennen werden ohnehin Christian Specht (CDU) und Thorsten Riehle (SPD) unter sich ausmachen. Zu sicher darf sich allerdings keiner der beiden sein. Die Rhein-Neckar-Zeitung liefert Infos und Analysen in ihren Wahlhappen.
> Spechts Dominanz: Der CDU-Mann lag in 15 von 17 Wahlbezirken vorne, darunter in vier der fünf größten: Innenstadt/Jungbusch, Neckarau, Käfertal und Waldhof. Riehle belegte nur in der Neckarstadt (Ost und West) den ersten Platz. Dort befindet sich auch das Capitol, das der SPD-Kandidat (noch) leitet. Beide Bezirke sind multikulturell geprägt und "linke" Hochburgen. Auch der Grünen-Kandidat Raymond Fojkar schnitt in der Neckarstadt gut ab.

> Bürgerlicher Triumph in Arbeiterstadtteilen: Specht holte in seiner Waldhöfer Heimat über 20 Prozent mehr als Riehle, ein ähnliches Ergebnis zeigte sich auf der Schönau sowie in Sandhofen und Vogelstang: Den Mannheimer Norden sicherte sich der von der Mannheimer Liste und der FDP unterstützte CDU-Politiker deutlich. Knapp war es zwischen Specht und Riehle nur in der Innenstadt und in Friedrichsfeld.
> Der Rekord: Noch nie lag ein konservativer Kandidat bei einer OB-Wahl in Mannheim so weit vor seinem SPD-Kontrahenten wie Christian Specht. CDU-Fraktionschef Claudius Kranz hat es genau recherchiert: Demnach zwangen die Christdemokraten Roland Hartung (1983) und Sven-Joachim Otto (1999) ihren SPD-Kontrahenten – beide Male war es Gerhard Widder – in den zweiten Wahlgang, doch ihr Vorsprung war nicht so komfortabel wie der von Christian Specht. Wie bekannt ist, hatte am Ende der Sozialdemokrat die meisten Stimmen.
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> Belser tritt nicht mehr an: Die Viertplatzierte, Linken-Kandidatin Isabell Belser, hat ihre Kandidatur für die zweite Wahlrunde zurückgezogen. Das teilte ein Sprecher ihres Wahlkampfteams am Montag mit. Eine Entscheidung darüber, ob sie einen anderen Kandidaten unterstützt, fällt voraussichtlich an diesem Dienstag.
> Der Mobilisierungsfaktor: Viele Beobachter gehen davon aus, dass die Wahlbeteiligung bei der Neuwahl eher sinkt statt steigt. Also muss Riehle dort aufholen, wo mehr Menschen an die Urne gegangen sind und sich mehrheitlich für Specht entschieden haben. Das sind die bürgerlichen Bezirke Schwetzingerstadt/Oststadt, Lindenhof, Neuostheim/Neuhermsheim, Seckenheim, Friedrichsfeld und Wallstadt. Und Riehle hat auch an seinem Wohnort etwas gut zu machen: In Rheinau holte Specht zehn Prozent mehr als er.
> Sorge wegen niedriger Wahlbeteiligung: Nur knapp über 32,2 Prozent der Mannheimerinnen und Mannheimer haben ihre Stimme für das neue Stadtoberhaupt abgegeben. Das sind zwar etwas mehr als bei der letzten OB-Wahl 2015, als 30,5 Prozent ihr Kreuz machten. Allerdings trat da mit Peter Kurz der Amtsinhaber gegen einen "Auswärtigen" an. In Mannheim stehen richtungsweisende Entscheidungen an: Klimaneutralität, Verkehrswende, Wohnungsbau. Dass circa zwei Drittel der Bürger anscheinend kein Interesse haben, wer die Aufgaben wie anpackt, stimmte durch die Fraktionen hinweg nachdenklich.
> Rechenspiele: Auch wenn Specht 15 Prozent vor Riehle liegt, wäre es zu voreilig zu denken, dass die Sache gelaufen ist. Will der Christdemokrat gewinnen, muss er es schaffen, dass seine Wähler nochmals für ihn stimmen. Für Riehle ist ausschlaggebend, ob sich nach Belser auch Raymond Fojkar zurückzieht und ob beide eine Wahlempfehlung für ihn aussprechen. Logisch wäre es, da die Fraktionen ihre Vorhaben mit einem SPD-OB wohl besser durchsetzen können. Aber das heißt nicht, dass alle Wählerinnen und Wähler dieser Aufforderung folgen. Beide Kandidaten müssen in den kommenden drei Wochen daher mit ihren Teams alles daran setzen, so viele Nichtwähler wie möglich für sich zu gewinnen.




