Das wollen die Kandidaten von CDU, SPD und Grünen
Die RNZ hat sich die Wahlprogramme der drei aussichtsreichsten Bewerber angesehen.

Symbol für Mannheim: der Wasserturm am Beginn der Augustra-Anlage. Archivfoto: RNZ
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU), SPD-Gemeinderatsfraktionschef Thorsten Riehle und Grünen-Stadtrat Raymond Fojkar werden die größten Chancen bei der Oberbürgermeisterwahl am kommenden Sonntag eingeräumt. Die RNZ hat ihre Programme miteinander verglichen.
> Verkehrsversuch: Der Hauptausschuss des Gemeinderats wird an diesem Dienstag über die Ergebnisse des zwölfmonatigen Experiments mit Autosperren in der Innenstadt diskutieren. Die drei Kandidaten kritisieren die schlechte Kommunikation der Stadt bei dem im März zu Ende gegangenen Versuchs. Fojkar hätte sich gewünscht, erst gar keinen Test zu starten, sondern im vergangenen Jahr bereits mit der dauerhaften Verkehrsberuhigung zu beginnen. Als Beispiel nennt er Heidelberg: "Dorthin fährt niemand mit der Erwartung, direkt oder in der Nähe der Hauptstraße parken zu können."
Specht bezweifelt, ob der Versuch, der in eine Zeit mit vielen Baustellen und dem gesperrten Fahrlachtunnel fiel, überhaupt zuverlässige Resultate geliefert hat. Der CDU-Bewerber und Riehle stehen zum Ziel, den reinen Durchgangsverkehr aus der City rauszuhalten und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Beide fordern, dass die Innenstadt gut erreichbar bleibt und wollen ein intelligentes, digitales Parkleitsystem einführen. Für Riehle sind die Zeiten des autogerechten Zentrums vorbei.
> Mobilität: Den öffentlichen Nahverkehr, Fuß- und Radwege ausbauen – das steht bei allen drei Kandidaten ganz oben auf der Agenda. Specht will Lücken bei bestehenden Radwegen schließen und einen Sondertopf "Straßensanierung" bereitstellen, von dem sämtliche Verkehrsteilnehmer profitieren. Riehle will Straßen und Radwege schneller von Schlaglöchern befreien. Mittelfristig möchte Specht die Stadtteile ringförmig mit einer neuen Stadtbahnlinie verbinden und damit Wege verkürzen.
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> Klimaschutz und Energieversorgung: Inhaltlich liegen die Kandidaten gar nicht so weit auseinander, etwa bei Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden. Ähnlich sind auch ihre Vorstellungen von Grünflächen, mehr Bäumen, Pflanzen und Schattenspendern auf großen Plätzen. Klar bekennen sich Riehle und Fojkar zum Klimaschutzaktionsplan der Stadt und dem Ziel, bis 2030 weitgehend klimaneutral zu sein. Specht will das Großkraftwerk Mannheim (GKM) mit neuester Technologie zum "grünen Anker" der Wärme- und Energiewende weiterentwickeln. Riehle sagt, man sei dem GKM Investitionen schuldig, damit es in der Zukunft grüne Wärme produzieren könne.
> Wohnen: Ungenutzte Gewerbe- und Mischgebiete erschließen, leer stehende Dachgeschosse ausbauen, städtische Immobilien auf den Prüfstand stellen – das hat Specht vor. Er will dazu mit den Eigentümern ins Gespräch kommen und mit einer noch zu gründenden Agentur für Neuvermietungen einen Anlaufpunkt für Senioren einrichten, die ihr zu groß gewordenes Zuhause oder einen Teil davon Wohnungssuchenden zur Verfügung stellen möchten. Außerdem kann sich Specht vorstellen, bestehende Wohngebiete wie in Friedrichsfeld an den Rändern auszubauen.
Riehle will ein "Sondervermögen" für bezahlbaren Wohnraum auflegen, das sich über die Einnahmen selbst trägt. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG soll weiterhin "Schlüsselimmobilien" erwerben und die durchschnittliche jährliche Mietpreissteigerung bei Bestandsmietern auf ein Prozent gedeckelt werden. Fojkar will genossenschaftliche Bauprojekte stärker fördern.
> Sauberkeit: Mannheim ist zu dreckig, da sind sich Riehle und Specht einig. Doch wie lässt sich das ändern? Um den Müll zu reduzieren, unterstützt der Sozialdemokrat Mehrweg-Angebote und will eine Plastiksteuer nach dem Vorbild Tübingen prüfen. Beide Bewerber wollen die Bürger für mehr Sauberkeit sensibilisieren, aber auch zu Ordnungsmaßnahmen wie empfindlichen Bußgeldern greifen. Specht schlägt vor, den Kommunalen Ordnungsdienst aufzustocken, Riehle setzt auf "Mülldetektive" und Videoüberwachung. Der CDU-Kandidat plädiert zudem für eine Neuauflage der Aktion "Putz Deine Stadt heraus".
> Stadion: Aktuell prüft die Stadt, ob das Carl-Benz-Stadion kostengünstig saniert werden kann. Ein Neubau, zum Beispiel auf dem Maimarkt-Großparkplatz oder dem Gelände der ehemaligen Spiegel-Fabrik, ist vorläufig vom Tisch. Riehle findet das Vorgehen richtig. Specht glaubt nicht an eine Zukunft der bisherigen Fußballstätte, verweist auf hohe technische Umbau- und Reparaturkosten, die schwierige Lage nahe eines Wohngebiets und die Herausforderungen für die Polizei an Spieltagen, Fangruppen voneinander zu trennen. Der CDU-Kandidat steht in engem Austausch mit Waldhof-Präsident Bernd Beetz, der bislang ausschließlich in ein neues Stadion investieren will. Für Fojkar soll das Stadion dort bleiben, wo es ist.
> Stadtbibliothek: Alle drei Bewerber sprechen sich für einen zentralen Neubau in N 2 aus. Für Riehle und Fojkar ist die Bibliothek ein Garant für Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Sie wollen das Projekt in den kommenden acht Jahren verwirklichen. Der Kämmerer Specht warnt vor den Kosten, die von den kalkulierten 80 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro steigen könnten. Es werde keine Gesellschaft geben, die diese Ausgaben trage. Vor diesem Hintergrund kann sich Specht eine abgespeckte Form vorstellen, also kein architektonisches Leuchtturmprojekt. Außerdem erinnert er an die Stadtteilbibliotheken, die er stärker unterstützen will.
> Nationaltheater: Die Sanierung des Traditionshauses läuft. Fojkar will angesichts "der Not der freien Kulturszene" die Mehrkosten aber stärker kontrollieren und um finanzstarke Unterstützerinnen und Unterstützer werben. Specht möchte sich dafür einsetzen, dass das Land seinen Zuschuss von 30 auf 40 Prozent erhöht.
> Multihalle: Riehle und Fojkar stehen zur Sanierung des 1975 entstandenen, inzwischen maroden Gebäudes. Zumal die Stadt auf acht Millionen Euro Fördermittel hoffen darf, die Halle unter Denkmalschutz steht und ein wichtiger Begegnungsort für Menschen aus der Neckarstadt sein könnte. Ganz anders sieht das Specht: Anstatt in solche "Prestigeobjekte ohne konkrete Nutzungsperspektive" zu investieren, sei das Geld besser angelegt für Mehrzweckhallen, die zum Beispiel von Vereinen flexibel genutzt werden können.
> Ehrenamt: Viele Vereine stehen bei ihren Veranstaltungen und Festen vor bürokratischen Hürden. Riehle will Lotsen für das Ehrenamt und Vereine in der Verwaltung einführen, die ihnen dabei helfen, alle Probleme zu lösen. Specht verfolgt ein ähnliches Ziel und möchte die Stelle eines Ehrenamtsbeauftragten schaffen, der auch dabei hilft, Fördergelder zu beantragen. Fojkar will die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Ehrenamt im Rathaus als Vorbild für die Stadtgesellschaft ausbauen.
> Kinderbetreuung: Mehr als 1000 Kinder und ihre Eltern warten derzeit auf einen Platz in der Krippe oder im Kindergarten. Riehle und Specht wollen neue Einrichtungen in Fertigbauweise errichten lassen, die Genehmigungsverfahren dafür deutlich beschleunigen. Beide planen auch, dass die Stadt Kirchen und freie Träger bei der Schaffung von Plätzen stärker unterstützt. Konkret möchte Riehle den kommunalen Investitionszuschuss für die freien Anbieter beim Bau von Kitas auf 80 Prozent erhöhen. Dem SPD-Mann schwebt eine Fachkräfteoffensive vor, um mehr junge Menschen, Quereinsteiger und Geflüchtete dazu zu motivieren, als Erzieherin oder Erzieher zu arbeiten.
Er schlägt vor, jede Ausbildung zu vergüten und solche in Teilzeit leichter zu ermöglichen. Riehle und Specht wollen Erziehern einen Betreuungsplatz für das eigene Kind garantieren. Der CDU-Kandidat möchte ihnen Personalwohnungen bereitstellen und Studierende pädagogischer Hochschulen für Musik- und Sportbetreuung gewinnen, die Fachkräfte damit entlasten. Auch Fojkar ist der Meinung, bei der Kinderbetreuung dränge und drücke es in der Stadt.




