Oberbürgermeisterwahl Mannheim

Wie die beiden aussichtsreichsten Kandidaten um Stimmen kämpfen

Der CDU-Bürgermeister Christian Specht und der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Riehle sind die Favoriten der Wahl am 18. Juni.

09.06.2023 UPDATE: 09.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden
Der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU, l.) und der SPD-Gemeinderatsfraktionschef Thorsten Riehle sind die Favoriten bei der OB-Wahl am 18. Juni in Mannheim und wollen die Nachfolge von Amtsinhaber Peter Kurz (SPD) antreten. Fotos: vaf

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Wenn der scheidende Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) auf den Wahlkampf um seine Nachfolge blickt, muss er den fast Eindruck gewinnen, in den vergangenen 16 Jahren ziemlich viel falsch oder zumindest nicht gut gemacht zu haben. "Dein Mannheim kann mehr" lautet die wichtigste Botschaft von Christian Specht (CDU). Kurz’ Parteifreund Thorsten Riehle verspricht: "Ich will Mannheim besser machen." Die RNZ hat die beiden aussichtsreichsten Kandidaten im Wahlkampf beobachtet.

> Der Realist: Eigentlich wollte Christian Specht das bleiben, was er ist: Erster Bürgermeister, Ordnungs-, Finanz- und ÖPNV-Dezernent. Bis Kurz bekannt gab, sich nicht mehr zur Wahl zu stellen. Und neben der CDU auch die FDP und die Mannheimer Liste signalisierten, Specht unterstützen zu wollen. Jetzt stellt er sich mit 56 Jahren zum ersten Mal überhaupt dem Votum von Bürgerinnen und Bürger. Spechts größter Pluspunkt ist vielleicht auch sein Nachteil: Er kennt das Rathaus aus dem Effeff. "Ich brauche keine Vorbereitungszeit, sondern kann ab Tag eins sofort loslegen", sagt Specht. Aber ist ein guter Verwalter auch ein guter Gestalter?

Inzwischen hat der Jurist seine Rolle im Wahlkampf gefunden, kann seine Zuhörer bei größeren Veranstaltungen und kleineren Runden wie beim "Cappuccino mit Christian" durchaus für sich gewinnen. Manchmal wirkt er dabei wie der nervöse Tiger im Käfig. Der aus Kurz’ Schatten treten, Entscheidungen treffen will. Was ihm mitunter fehlt: das Talent, Menschen zu begeistern.

Wie ein Dozent stellte Specht bei der Vorstellung seines Programms Wahlplakate auf, um sie anschließend näher zu erklären. In der Verwaltung beackert der als ungemein fleißig geltende und über die Parteigrenzen hinweg geachtete Christdemokrat nicht eben Wohlfühlthemen: Haushaltspläne, Hilfsfristen beim Rettungsdienst oder neue Straßenbahnhaltestellen. Da gilt es dicke Bretter zu bohren und Kompromisse einzugehen, auch in seinen Ämtern bei der Metropolregion oder beim Städtetag. Um Anwohner vor dem Lärm ratternder Güterzüge zu schützen, kämpft er bei den Bahn-Neubaustrecken nach Karlsruhe und Frankfurt um Tunnel.

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Regelmäßig warnt der oberste Kassenhüter davor, das Füllhorn allzu weit zu öffnen. "Maß halten" ist die Devise des Pragmatikers und Realisten. Sexy klingt das nicht. Dass er aber humorvoll und "cool" sein kann, zeigen seine außergewöhnlichen Transparente – mit einem großen "C" und "eingefrästem" Specht darin. Vor allem ist Specht ein Versprechen für Verlässlichkeit in finanziell angespannten Zeiten. Wer ihn wählt, weiß relativ genau, was er bekommt. Ganz sicher: keine Überraschungen oder große Visionen.

> Der Optimist: Noch mehr als Specht war Thorsten Riehle (53) zu Beginn seiner Kampagne ein Überzeugungstäter. "Ich will das, und ich kann das", rief der SPD-Fraktionsvorsitzende und Capitol-Geschäftsführer der tobenden Basis bei seiner Nominierung im Januar zu. Damals las er seine Rede vor. Mittlerweile hat Riehle dazu gelernt und spricht weitgehend frei. Obwohl getragen von der Partei, setzt er sich von zwei Spitzengenossen betont ab. OB-Kurz lobt er bei einer Veranstaltung lediglich an einer Stelle für seine Bemühungen um eine Verwaltungsmodernisierung.

Ganz offen hingegen kritisiert er Bürgermeister Ralf Eisenhauer und wirft dem Parteifreund beim Verkehrsversuch "schlechte Kommunikation" vor. CDU-Kreisverbandschef Christian Hötting spottete: "Man kann gar nicht so viele Stiefel kaufen, wie er ihm in den Hintern getreten ist." Riehle wirkt bei seinen Veranstaltungen zugewandt und nahbar. So, wie man "den Thorsten" kennt. Genau dort will er als Oberbürgermeister anknüpfen. "Ich möchte ein offenes Rathaus mit weniger Bürokratie und mehr Mitsprache."

Bei seinen Auftritten wählt er eine "Umarmungs-Taktik". Jede und jeder soll gehört werden und mit am Tisch sitzen dürfen. Optimistisch meint er: "Am Ende bekommen wir das schon hin." Riehle hat neben den Genossen natürlich die Kulturschaffenden auf seiner Seite. Viele sind ihm bis heute dankbar, weil er ihnen während der Corona-Pandemie Auftritte und Einnahmequellen verschafft hat. Der Bewerber weiß aber auch: Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Riehle hat ein typisch konservatives Thema oben auf seiner Agenda angesiedelt, das Kurz als Nebensächlichkeit abgetan hat: die Sauberkeit. Taktisch geschickt sind zudem seine Stadtteilspaziergänge. Rheinauer, Seckenheimer oder Friedrichsfelder fühlen sich mit ihren Problemen vom Rathaus oft nicht wahrgenommen.

Ja, er sei kein Verwaltungsfachmann und kein Jurist, sagt Riehle. "Aber wollen wir wirklich einen Bürokraten an der Spitze haben oder einer, der auf die Menschen zugeht?" Diese Rolle nehmen ihm nicht alle ab. Raymond Fojkar zum Beispiel, der Kandidat der Grünen, wundert sich, warum Riehle "jetzt Dinge verspricht", die er im Gemeinderat abgelehnt habe oder auf die er in den vergangenen Jahren bei den SPD-Dezernenten hätte Einfluss nehmen können.

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