Nach der Explosion: BASF will "so nicht weitermachen"
BASF schaltet nach Explosion externe Gutachter ein und will die Sicherheit erhöhen. Ludwigshafener Stadträte übten Kritik.

Vier Menschen sind nach der Explosion gestorben, fünf Schwerverletzte liegen noch in Kliniken. Foto: Shahid
Von Alexander Albrecht
Ludwigshafen. Da saßen sie nun also, fast wie auf einer Anklagebank - die sechs BASF-Vertreter. Sie nahmen bei der außerordentlichen Sitzung des Ludwigshafener Stadtrats am Montagnachmittag ganz am Rand ihre Plätze ein. Einziger Tagesordnungspunkt des Gremiums: die Explosion im Industriehafen Nord vor drei Wochen.
Dezernenten der Stadt, Feuerwehrkommandanten und die BASF-Leute informierten über Ursachen und Hintergründe des Unglücks. Drei Stunden sollte es allerdings dauern, bis die Konsequenzen zur Sprache kamen. BASF-Werksleiter Uwe Liebelt kündigte an, das Unternehmen werde das "Who’s who der deutschen Gutachterlandschaft" damit beauftragen, den Unfallhergang, die Sicherheit der Rohrleitungen im Industriehafen und die Organisation des Arbeitsschutzes zu untersuchen.
"Wir schmoren nicht im eigenen Saft", sagte Liebelt mit Blick auf die voraussichtlich sechs externen Sachverständigen. Der Werksleiter antwortete damit auch auf Kritik am Krisenmanagement des Konzerns. Ein Gutachter habe am Freitag die Arbeit aufgenommen. Spezialisten des Landeskriminalamts nahmen indes erste Bodenproben und stellten sie der Polizei zur Verfügung.
Auch wenn es bei der BASF zu weit weniger Unfällen als in der Chemiebranche und allgemein in der Industrie komme, will Liebelt Anfang nächsten Jahres mit dem Konzernvorstand über ein Sicherheitspaket diskutieren. Einzelheiten nannte der Manager zwar nicht - "aber es ist klar, dass wir so nicht weitermachen können". Die BASF wolle verloren gegangenes Vertrauen bei Mitarbeitern und Ludwigshafenern zurückgewinnen. Deshalb würden künftig auch regelmäßig Bürgerforen stattfinden. "Und wir werden absolut transparent berichten", sagte Liebelt.
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Erneut verteidigte er den Einsatz von Fremdfirmen auf dem Werksgelände. Die Unternehmen stammten meist aus der Region, seien überwiegend mittelständisch geprägt und hochgradig spezialisiert. All diese sogenannten Kontraktoren bekämen strenge Sicherheitsvorgaben und müssten sich erst bei kleineren Arbeiten für größere Aufgaben empfehlen. Die Fluktuation sei sehr gering.
Der Mitarbeiter einer Fremdfirma soll am 17. Oktober im Nordhafen eine falsche Rohrleitung mit einem Winkelschleifer angeschnitten und damit einen Brand und die Explosion ausgelöst haben. Drei Werkfeuerwehrleute der BASF und ein Matrose starben, nach Firmenangaben liegen noch immer fünf Schwerverletzte in Kliniken. Liebelt sagte, die 38 Leitungen in der Trasse seien farblich nicht gekennzeichnet; zwischen ihnen liege rund ein Meter Abstand.
Bislang gebe es einen Beschuldigten, erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber. Er rechnet mit langwierigen Ermittlungen und erst im nächsten Jahr mit einem Ergebnis. "Dann werden wir über Anklage oder Einstellung entscheiden", sagte Ströber. Derzeit würden Sachverständige den von den Behörden weiterhin beschlagnahmten Rohrgraben untersuchen. Bis Gutachten vorlägen, dauere es noch "geraume Zeit", so der Staatsanwalt.
Dass die BASF und die Stadt Ludwigshafen eine viel beschworene Schicksalsgemeinschaft sind, zeigte sich schon daran, dass die Kommandanten der städtischen und der Werkfeuerwehr einen gemeinsamen Vortrag hielten. Sicherheitsdezernent Dieter Feid ging auf Probleme bei den Warnhinweisen an die Bevölkerung ein. So habe die App "Katwarn" erst im vierten Anlauf die Meldung über die Explosion verbreitet, die Internetseite der Stadt sei zeitweise zusammengebrochen. Eine Lösung werde derzeit erarbeitet, versprach Feid.
Einige Stadträte sparten bei der Diskussions- und Fragerunde nicht mit Kritik an der BASF. Grünen-Fraktionschef Hans-Uwe Daumann ging am härtesten mit dem Chemieriesen ins Gericht. Er forderte schon jetzt technische, strukturelle und personelle Konsequenzen. Das ging den anderen Kommunalpolitikern wiederum zu weit. Sie sprachen aber von einem Akzeptanz- und Vertrauensverlust der BASF.
Das wollte Liebelt gar nicht in Abrede stellen. "Wir waren mehr als geschockt, dass es zu diesem Unglück gekommen ist. Mitarbeiter und Anwohner sind sehr besorgt", sagte er. Sobald detailliertere Kenntnisse vorlägen, werde die BASF schnell handeln.