Nach BASF-Unglück: Von geordneten Betriebsabläufen weit entfernt

DIe BASF informierte am gestrigen Mittwoch ihre Mitarbeiter über den aktuellen Stand – Man steht einem  "Logistischen Kraftakt" gegenüber

26.10.2016 UPDATE: 27.10.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 6 Sekunden
Feuersäule

Bei der Explosion am 16. Oktober 2016 auf dem Gelände des Chemiekonzerns BASF  starben fünf Menschen. Archiv-Foto: Einsatzreport Südhessen

Von Alexander Albrecht

Ludwigshafen. Mit einer achtseitigen Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitung "BASF information" hat der Chemiekonzern am gestrigen Mittwoch die Belegschaft und Anwohner informiert. Nach der Explosion sei die Rohstoffversorgung und die gesamte Werkslogistik bis auf Weiteres stark beeinträchtigt, hieß es.

Nachdem einer der beiden Steamcracker Ende der letzten Woche wieder angefahren wurde, soll auch der zweite "in Kürze" wieder in Betrieb gehen. Das dafür notwendige Rohbenzin (Naphtha) werde nun über den Ölhafen Mannheim auf der Friesenheimer Insel und dann über den Rheindüker direkt an den Standort Ludwigshafen geliefert. Derzeit seien noch 23 Anlagen stillgelegt, 45 liefen nicht in Volllast. Der Landeshafen Nord, in dem es zu dem Unglück gekommen war, werde für längere Zeit aufgrund der Explosionsschäden nicht nutzbar sein.

Die BASF sei von geordneten Betriebsabläufen und einem reibungslosen Logistikprozess "ein ganzes Stück entfernt", erklärte Werksleiter Uwe Liebelt. Statt über den Hafen werde ein Teil der Rohstoffzufuhr auf Laster und die Bahn verlagert, was ein "logistischer Kraftakt" sei.

Das Tor 15, die Hauptzufahrt für den Lkw-Verkehr, sei derzeit nicht nutzbar. Deshalb seien BASF-Mitarbeiter in den vergangenen Tagen rund um die Uhr im Einsatz gewesen, um den Rückstau abzuwickeln. Eine gute Nachricht erhielt das Unternehmen gestern von Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation stellte keine deutlich erhöhten Schadstoffkonzentrationen im Rhein fest. Das habe ein unabhängiges Labor bei der Analyse von Wasserproben festgestellt, die von Mitgliedern am Tag des Unglücks genommen worden seien, teilte Greenpeace mit. Die Ergebnisse widersprächen nicht den Messungen von BASF und der Stadt Ludwigshafen.

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Rolf Haselhorst, Leiter der von dem Unglück besonders gebeutelten Werkfeuerwehr, sagte, seine Leute würden optimal auf Einsätze vorbereitet. Er sei sehr stolz, dass die Truppe nach der Explosion weitergemacht und in den Folgetagen für die Sicherheit von Anilinern und Anwohnern gesorgt habe.

Hintergrund
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Von Jasper Rothfels

Ludwigshafen/Frankenthal. Das tödliche Explosionsunglück bei der BASF ist möglicherweise durch fehlerhaftes Anschneiden einer Leitung für brennbare Stoffe ausgelöst worden. An einer Rohrleitung am Unglücksort wurde ein Schnitt entdeckt, der von einer Trennscheibe herrührt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft gestern mitteilten.

Der mutmaßliche Verursacher - ein Mitarbeiter einer Fremdfirma - habe noch nicht befragt werden können, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt in Frankenthal, Hubert Ströber. Der Mann liege schwer verletzt im Krankenhaus und sei nicht vernehmungsfähig. Bei dem Unglück starben drei Menschen, 30 wurden verletzt.

Zur Unglückszeit hatten Mitarbeiter einer Fremdfirma an einer Nachbarleitung mit einem Winkelschleifer Wartungsarbeiten erledigt. Die angeschnittene Rohrleitung, in der brennbares Raffinat floss, gehörte nicht zum Auftrag. Der Schnitt habe die Leitung geöffnet, so dass das Material ausgetreten sei, sagte Ströber. "Das hat sich entzündet."

Nun müsse geklärt werden, wieso der Schnitt erfolgt sei. "Das ist ja für denjenigen, der das macht, hochgefährlich", sagte Ströber. Ob der mutmaßliche Urheber des Schnitts auch für die mit Wartungsarbeiten beauftragte Fremdfirma arbeitet, wollte der Leitende Oberstaatsanwalt nicht sagen.

Die Untersuchungen sollen sich nun auf den Ablauf der Wartungsarbeiten und die die davor ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen konzentrieren, hieß es weiter. Außerdem sollen die Zusammenhänge zwischen dem Schnitt und der Explosion geklärt werden. Dazu werde das betroffene Leitungsstück herausgetrennt werden müssen, sagte Ströber. Weil das nur unter absolut sicheren Umständen erfolgen solle, könne es bis dahin noch einige Tage dauern.

Unterdessen gedachten BASF-Mitarbeiter und Mitglieder des Vorstandes gestern bei einer Feier der Opfer des Unglücks. Die Veranstaltung im BASF-Feierabendhaus sei auf Wunsch der Kollegen von der Werksfeuerwehr intern gehalten, sagte eine Sprecherin. Dabei wollten nach ihren Angaben auch Vorstandschef Kurt Bock und Standortleiterin Margret Suckale sprechen.

Beide werden sich auch am heutigen Donnerstag bei einer Quartals-Pressekonferenz des Unternehmens zum Unglück äußern. Eine weitere Gedenkfeier ist für den kommenden Sonntag in der Katholischen Kirche St. Martin im Stadtteil Oppau geplant. Organisator sind die beiden großen christlichen Kirchen in der Stadt.

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