112 Autos röhren nicht mehr
"Ermittlungsgruppe Poser" zog Jahresbilanz ihrer Kontrollen

Von Carsten Blaue
Mannheim. Zum Abschluss ihrer diesjährigen Kontrollen hat die "Ermittlungs-gruppe Poser" der Mannheimer Verkehrspolizeidirektion noch mal zugeschlagen. Die Beamten überprüften am vergangenen Wochenende 40 Fahrzeuge und zogen acht Autos aus dem Verkehr, darunter einen Nissan und zwei 3er-BMW. Diese waren gerade dabei, ein Rennen anzuzetteln, als sie eine Poser-Streife stoppte.
In seiner Bilanz der diesjährigen Poser-Kontrollen wurde der Chef der Verkehrspolizeidirektion, Dieter Schäfer, deutlich: "Während andere die Wochenenden bei ihren Familien verbrachten, war jeder Einzelne der Beamten der ’EG Poser’ an wenigstens 20 der 30 Wochenenden und an Wochenfeiertagen bis nachts um 2 Uhr unterwegs, um nach überlauten und verkehrsunsicheren Protz-Fahrzeugen zu fahnden", sagte er gestern.
An insgesamt 101 Tagen wurden 1284 Fahrzeuge gezielt überprüft und 1794 Personen kontrolliert. Daraus ergaben sich 20 Strafanzeigen, 294 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten und 262 Verwarnungen. Wegen leichter technischer Mängel wurden 459 Mängelberichte ausgestellt. Insgesamt wurden vier spontane Autorennen notiert. Wie schon im vergangenen Jahr würden die Zahlen der sporadischen Geschwindigkeitsmessungen keine Hinweise darauf geben, dass es in Mannheim eine Raser-Szene gibt, so Schäfer. Allerdings stehe noch die Verhandlung gegen den jungen Poser aus, der mit seinem Maserati am 28. Januar mit nahezu 100 km/h einen schweren Unfall in den Quadraten verursacht hatte.
Die Beamten zogen dieses Jahr 112 Poser-Fahrzeuge aus dem Verkehr. Diese röhren jetzt nicht mehr. Die Ermittlungsgruppe veranlasste zudem 104 Lärmgutachten. Die betroffenen Fahrzeughalter wurden außerdem wegen Veränderungen an der Auspuffanlagen angezeigt. 79 Poser erhielten wegen unnötigen Lärmens ein Verwarnungsgeld, 32 Uneinsichtige bekamen Platzverweise für den jeweiligen Abend. Zehn Autofahrer bekamen Post von der Polizei mit gelben "Stop Posing"-Karten. Abschreckend wirkte auch die konsequente Verfolgung der Verstöße durch die Bußgeldbehörde. Von den sichergestellten Fahrzeugen waren 43 in Mannheim zugelassen worden, 23 hatten LU-, zehn HD-Kennzeichen.
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"Das letztjährige Phänomen der Auspuffschlitzer haben wir beseitigt", so Schäfer. "Akut macht uns die Grauzone der Sportmodelle der oberen Mittelklassefahrzeuge zu schaffen." Diese haben Klappenauspuffe, deren Lautstärke mit einem Betriebsartenschalter geregelt werden kann. Bei offener Klappenstellung sind sie deutlich lauter als 100 Dezibel: "Während die Hersteller argumentieren, dass die Fahrzeuge lediglich bei geschlossener Klappenstellung die Lärmemissionsnormen erfüllen müssen, bestätigte uns das Kraftfahrtbundesamt in der Auffassung, dass die Betriebserlaubnis bei offener Klappenstellung erlischt", sagte Schäfer.
Entsprechende Nachprüfungen seien von der Behörde veranlasst worden: "Nach unseren Informationen wertet das Kraftfahrtbundesamt im Moment seine Messungen aus und will sich zeitnah an die Hersteller wenden."
Alkohol sei in der Poser-Szene überhaupt kein Problem, so Schäfer. Bei zehn Fahrern wurde Kokain-, beziehungsweise Amphetamin-Konsum festgestellt. Sie kamen alle aus dem Rotlicht- oder Rockermilieu. Die "Sucht" der Poser ist das laute Fahren mit auffälligen Fahrzeugen der oberen Mittelklasse. Schäfers Recherchen ergaben, dass alleine in Mannheim und Umgebung mehr als 1250 AMG Mercedes zugelassen sind, viele davon sind geleast: "Die hohen monatlichen Leasingraten sparen sich die Poser vom Mund ab oder erhalten Unterstützung aus der Familie", so Schäfer. Manche würden Leasing-Gemeinschaften bilden und sich sowohl die Raten als auch das "Fahrvergnügen" teilen. "Da solche Fahrzeuge für die Poser-Klientel Statussymbole sind und die verbauten Klappenauspuffanlagen rechtlich immer noch eine Grauzone darstellen, braucht die Polizei Handlungssicherheit", forderte Schäfer. Auf Dauer helfe nur, den Betrieb dieser Auspuffe in Überlautstärke zu verbieten, sagte der Verkehrspolizeichef. Seine Ermittlungsgruppe pausiert im Winterhalbjahr, beobachtet die Poser-Szene aber weiter - bis zu den nächsten Kontrollen im Frühjahr.



