Wohin mit den Autos?
Die Neuordnung des Straßenrandparkens wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Von Olivia Kaiser
Mannheim. Die Verkehrs- und Parksituation in der Innenstadt ist ein leidiges Thema. Fußgänger, Radfahrer und Autos – egal ob fahrend oder parkend – müssen sich einen zu engen Raum teilen. Bisher ging das meist zulasten der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmenden. Doch im vergangenen Jahr gab das Land Baden-Württemberg den Erlass heraus, der das Parken auf dem Gehweg unterbinden soll. Das hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Innenstadt, sondern auch auf ruhige Wohnstraßen, in denen die Bewohner ohne Garage seit Jahrzehnten am Straßenrand parken. Deshalb war der Ärger groß, als die Mitarbeitenden des Kommunalen Ordnungsdiensts anfingen, Verwarnungen in Form von Hinweiszetteln zu verteilen. Nach dem massiven Protest der Bürger lenkte die Verwaltung ein und gab bekannt, die Verwarnungen auszusetzen, bis eine Neuordnung des Straßenrandparkens erarbeitet wurde.
Fußgänger sollen so mehr Platz erhalten: "Menschen mit Kinderwagen oder Rollatoren sowie Rollstuhlfahrer sollen nicht mehr auf die Straße ausweichen müssen, weil der Gehweg durch parkende Fahrzeuge eingeschränkt ist", begründet eine Stadtsprecherin auf RNZ-Nachfrage das Vorgehen. In einigen Bereichen wie der Innenstadt habe das zur Konsequenz, dass Flächen, die bisher unberechtigt als Parkmöglichkeit genutzt werden, zugunsten der schwächsten Verkehrsteilnehmer wegfallen.
Die Umsetzung solle "Nachvollziehbar und mit Augenmaß" erfolgen, so die Stadtsprecherin. In den Abwägungsprozess fließen Faktoren wie das Fußgängeraufkommen sowie die vorhandenen Randnutzungen mit ein. Dort, wo es möglich ist – in weniger frequentierten Wohnstraßen beispielsweise – versuche man, möglichst viele Parkplätze zu erhalten. In diesen Bereichen soll das Gehwegparken mittels Markierungen und Beschilderungen legalisiert werden. Voraussetzung ist, dass Gehweg und Fahrgassen ausreichend breit sind.
"Die Neuordnung des Straßenrandparkens setzt eine umfangreiche Betrachtung aller Straßen mit ungeordnetem Gehwegparken für das gesamte Stadtgebiet voraus und wird voraussichtlich die nächsten vier bis fünf Jahre in Anspruch nehmen", erklärt die Rathaussprecherin. Die Neuregelung soll von innen nach außen erfolgen, also von der Innenstadt, über die Kernstadt bis in die äußeren Stadtteile. "Die konkreten Planungen werden vorab in einer öffentlichen Sitzung den jeweiligen Bezirksbeiräten vorgestellt", kündigte die Stadtsprecherin an.
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Der städtische Ordnungsdienst duldete bisher das Gehwegparken bei einer Restgehwegbreite von 1,20 Meter, wenn ansonsten Verkehrsflächen beim ausschließlichen Parken auf der Fahrbahn weggefallen wären oder wenn baulich gar keine oder nur sehr schmale Gehwege vorhanden sind. Diese Beanstandungspraxis will die Stadtverwaltung in der Interimszeit fortführen. Grob verkehrswidriges Halten und Parken auch auf Gehwegen wird mit Verwarnungsgeld geahndet.
Mit diesem Vorgehen folgt die Stadtverwaltung auch den Anträgen der Fraktionen von SPD und Freien Wählern. Sie hatten gefordert, die Verwarnung auszusetzen, bis ein entsprechendes Konzept zum Straßenrandparken erstellt ist (die RNZ berichtete). Auch die CDU spricht sich für eine Duldung des Gehwegparkens aus.
Die Grünen-Fraktion hingegen möchte keine weitere Zeit verlieren: "Wer die Verkehrswende will, kann es nicht allen Recht machen", betonte Gerhard Fontagnier, verkehrspolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender. "Wir können nicht akzeptieren, dass das Verlangen auf einen Parkplatz vor dem Haus wichtiger ist, als die Sicherheit und der Raum für Menschen mit Handicap, älteren Menschen, Kindern auf dem Schulweg oder bis acht Jahre mit dem Rad auf dem Gehweg." Das Pochen auf ein Gewohnheitsrecht des Gehwegparkens sei weder akzeptabel noch zeitgemäß. Denn mittlerweile seien Autos größer, breiter und schwerer geworden und nehmen mehr Platz im Straßenverkehr ein.
Die Fraktion FDP/Mittelstand für Mannheim hat in der Innenstadt eine Umfrage zum Thema Anwohnerparken durchgeführt, an der sich 400 Haushalte beteiligt haben. Demnach bewerten 74 Prozent der teilnehmenden Haushalte die Parksituation als schlecht und finden, es gebe nicht ausreichend Bewohnerparkzonen in der Innenstadt. "Die Parkplatzsituation wird sich durch das Durchsetzen des Gehwegparkens noch verschärfen" prophezeit die Fraktionsvorsitzende Birgit Reinemund. "Wir wollen, dass Anwohner auch künftig eine Chance haben, ihr Auto zu parken und die Verkehrs- und Umweltbelastung durch die Parkplatzsuche verringern. Wir fordern daher die Ausweitung des Bewohnerparkens in der Innenstadt bis zur gesetzlich zulässigen Grenze und sozial verträgliche Gebühren."



