Mannheimer Uniklinikum gerät durch den Hygieneskandal in die Verlustzone

Auch eine Beteiligung in Südhessen kommt dem Mannheimer Krankenhaus teuer zu stehen - Immerhin: Die Gewinne in Vorjahren zahlen sich aus

17.07.2015 UPDATE: 18.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Noch gibt es in den Ermittlungen um den Hygieneskandal am Mannheimer Uniklinikum keine Erkenntnisse. Archivfoto: Alfred Gerold

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Der Hygieneskandal und seine Folgen haben dem Mannheimer Universitätsklinikum für das vergangene Jahr ein deutliches Minus von 10,1 Millionen Euro beschert. Das Krankenhaus musste seit Bekanntwerden der Probleme im Oktober 2014 die Zahl der Operationen deutlich drosseln und konnte nur noch Notfälle behandeln. Viele Patienten wurden wegen des Engpasses an andere Häuser verwiesen. Laut Pressesprecher Dirk Schuhmann ging die Zahl der voll- und teilstationären Fälle um knapp vier Prozent von 56 513 im Jahr 2013 auf 54 474 zurück.

Dadurch kam es zu Einnahmeausfällen. Daneben investierte die Klinik in die neu strukturierte Sterilgutversorgungsabteilung, in der das Regierungspräsidium Karlsruhe nicht zertifizierte Reinigungsmaschinen und die mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter beanstandete. Auch die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein und durchsuchte zweimal das Krankenhaus. Die Behörde ermittelt gegen sechs Mitarbeiter, darunter den zurückgetretenen ehemaligen Geschäftsführer Alfred Dänzer.

Seine Nachfolger Jörg Blattmann und Frederik Wenz haben sich nun auch mit der Südhessischen Klinikverbund GmbH (SHK) beschäftigt, zu der sich drei Krankenhäuser in Bensheim, Lampertheim und Lindenfels zusammengeschlossen haben. Die Mannheimer Uniklinik hält seit 2013 einen Anteil von 95 Prozent an der SHK. Die GmbH drücken Verbindlichkeiten von 24,8 Millionen Euro, die in die Bilanz der Uniklinik für 2014 "eingebucht" worden sind - und das Jahresergebnis noch mehr belasten. "Das Sanierungskonzept der SHK hat nicht so schnell gegriffen wie beim Kauf angenommen", sagte Schuhmann.

Weil unter der Ägide des wegen seines Sparkurses umstrittenen Alfred Dänzer Gewinne erwirtschaftet worden waren, kann die Uniklinik eigenen Angaben zufolge die Verluste decken. Aus den Rücklagen bedienen muss sich das Haus auch in diesem Jahr. Die Geschäftsführung erwartet nach aktuellen Hochrechnungen ein Minus von rund 17 Millionen Euro. Erst im Laufe der letzten Monate hat man die OP-Kapazität wieder auf das übliche Maß anheben können. Ebenfalls ins Gewicht fallen bauliche Veränderungen in der Sterilgutversorgung und der Umstand, dass die Krankenkassen für die Behandlungen weniger Geld bezahlen als ursprünglich prognostiziert.

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Zugleich will die Uniklinik weiter investieren. So soll Haus 9 im Herbst aufgestockt und um ein Angebot für lebensrettende Knochenmarktransplantationen erweitert werden. Das Haus 2, in dem die Notaufnahme und die Sterilgutversorgung untergebracht sind, soll komplett saniert werden; das Land Baden-Württemberg hat dafür einen Zuschuss von 60 Millionen Euro zugesagt.

Mit Professor Sergij Goerdt hat die Medizinische Fakultät inzwischen einen neuen Dekan gewählt. Der bisherige Prodekan folgt am 1. Oktober auf Professor Uwe Bicker. Zwischen ihm und dem Aufsichtratschef, Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz, war es zu einem öffentlich ausgetragenen Streit gekommen. Bicker hatte Dänzer auf dem Höhepunkt des Hygieneskandals vorgeworfen, die Mängel seien dessen "Willen nach Kostensenkungen" entsprungen. Kurz wertete den Einwurf damals als "einmaligen Vorgang der Selbstgefährdung der Mannheimer Fakultät".

Erst jetzt, dafür aber mit Nachdruck, wehrt sich die Klinik gegen Berichte von "Spiegel Online" und "Zeit Online". In den Artikeln war unter anderen von einer "toten Fliege im sterilen OP-Besteck" und "eingeschweißten Skalpellen, an denen noch Gewebereste der letzten Operation klebten" die Rede. "Der ersten Behauptung ist die Geschäftsführung sofort nachgegangen. Es gibt keinen Beleg für die ,tote Fliege’", sagte Schuhmann. Fakt sei auch, dass die Klinik seit mehr als zehn Jahren Einwegskalpelle benutze. "Weitere Erläuterungen erübrigen sich", so Schuhmann. Die Klinik hat sich indes mehr Transparenz auf die Fahnen geschrieben. Alle Begehungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe werden auf der Homepage dokumentiert. Die letzte war am Mittwoch. Mängel wurden keine festgestellt.

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