Uniklinik Mannheim: Hygieneexperte bleibt trotz neuer Probleme ganz entspannt

Er hält es für unwahrscheinlich, dass verschmutzte Instrumente im OP-Bereich der Mannheimer Uniklinik landeten - Kurz war überrascht

04.06.2015 UPDATE: 05.06.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Foto: Anspach

Von Alexander Albrecht und Sandra Cartolano

Mannheim. Nach neuerlichen Problemen im Hygienebereich der Universitätsklinik Mannheim hat ein Experte Entwarnung gegeben. Er halte es für unwahrscheinlich, dass unsaubere Instrumente in den OP-Bereich gelangt seien, sagte Oliver Kölbl, der Vorsitzende der nach dem Hygieneskandal einberufenen Sachverständigenkommission.

Auch das baden-württembergische Gesundheitsministerium bleibt entspannt: Man sehe keinen Anlass zum Einschreiten, hieß es. Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe hatte in der vergangenen Woche bei einer Begehung Mängel bei der Reinigung von Operationsbesteck festgestellt (die RNZ berichtete). Demnach waren Fasszangen nicht vollständig zerlegt worden und konnten so nicht komplett von der Reinigungsflüssigkeit umspült werden.

Das RP macht dafür nicht das Klinikpersonal, sondern die Fremdfirma Orgamed verantwortlich. Deren Mitarbeiter hatten im Auftrag der neuen Geschäftsführung die Verantwortung in der Sterilversorgungsabteilung übernommen, also dort, wo die OP-Instrumente aufbereitet werden und die Affäre begann. Der Heidelberger Hygieneexperte Mark Peters zeigte sich von den neuen Problemen wenig überrascht. "Ein funktionierendes Qualitätsmanagement in der Sterilgutversorgung zu etablieren, ist eine Herkulesaufgabe", sagte er der RNZ.

Es reiche nicht, den alteingesessenen Beschäftigten eine Checkliste zu überreichen. Beschäftigte, die zum Teil schlecht bezahlt und mitunter nicht ausreichend qualifiziert seien. "Man muss sich das so vorstellen: Die sind jahrelang Lada gefahren und plötzlich bekommen sie einen Porsche an die Hand. Das ist nicht so einfach", sagt Peters.

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Im letzten Jahr war das Klinikum wegen massiver Hygieneprobleme bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Daraufhin hatte der Aufsichtsrat eine Expertenkommission unter Leitung von Kölbl eingesetzt, der Chef der Regensburger Uniklinik ist. Kölbl sagte, er sehe im aktuellen Fall keinen Grund zur Besorgnis. Selbst wenn Zangen vor dem Sterilisationsprozess nicht ordnungsgemäß geöffnet worden seien, bedeute dies noch längst nicht, dass unsaubere Instrumente in den OP-Bereich gelangten.

Bei der großen Anzahl von Eingriffen könne es durchaus vorkommen, dass vereinzelt Operationsinstrumente nicht ordnungsgemäß zur Reinigung vorbereitet würden. Doch selbst wenn man etwas übersehe, werde das OP-Besteck nach der Sterilisation noch einmal von einem anderen Mitarbeiter kontrolliert, bevor es wieder für den OP-Betrieb verpackt werde. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums wies Forderungen der Deutschen Stiftung Patientenschutz zurück, Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) müsse das Uniklinikum zur Chefsache machen.

Es habe sich gezeigt, dass das Regierungspräsidium seine Kontrollfunktion in vollem Umfang wahrnehme. Die Behörde unternehme alles, damit die Hygienemängel beseitigt werden. Ein RP-Sprecher wiederum lobte das Krankenhaus, das auf "auf freiwilliger Basis" nicht nur die Fasszangen, sondern auch das bereits gesäuberte OP-Besteck erneut habe reinigen lassen.

Der Mannheimer Oberbürgermeister und Klinikaufsichtsratschef Peter Kurz hatte nach eigenen Angaben letzten Freitag von den Problemen erfahren. Zu diesem Zeitpunkt sei von Dokumentationsfehlern und dem OP-Stopp gesprochen worden. Doch erst am Dienstag habe ihn die Geschäftsführung über die Schwierigkeiten im Reinigungsprozess unterrichtet. Diese Nachricht habe ihn überrascht und sei vor dem Hintergrund des Patientenvertrauens "ein Problem".

Im ursprünglichen Hygieneskandal vom Herbst wird gegen sechs Beschuldigte ermittelt, darunter der ehemalige Geschäftsführer Alfred Dänzer. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, man habe die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen in dem Verfahren abgeschlossen. Nun werde den Verteidigern Akteneinsicht gewährt. Ob und wann der Fall vor Gericht gehe, sei noch völlig offen.

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