Mannheim

Luigi Toscanos Projekt kommt nach Jerusalem

"Gegen das Vergessen": Fotograf Luigi Toscano zeigt seine Installation zum Holocaust-Gedenken an der Stadtmauer von Jerusalem.

24.01.2022 UPDATE: 25.01.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden
So könnte das Mapping an der Stadtmauer aussehen: Zum Gedenken an den Holocaust werden in Jerusalem Porträts von Überlebenden gezeigt, die Teil des Projekts „Gegen das Vergessen“ von Luigi Toscano sind. Visualisierung: Toscano

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Der Anruf kam überraschend: Vor eineinhalb Wochen meldete sich der Jüdische Weltkongress bei Luigi Toscano und fragte, ob er zum Holocaust-Gedenken Porträts seines Projekts "Gegen das Vergessen" in Jerusalem zeigen wolle. "Ich habe gefragt: Ist das Euer Ernst? Klar, ich bin dabei", erzählt Toscano am Telefon. Denn der Mannheimer Fotograf befindet sich bereits in Israel. Etwa 100 seiner Exponate werden am Mittwoch und Donnerstag, 26. und 27. Januar, an die historische Stadtmauer von Jerusalem projiziert.

Seit mehreren Jahren fotografiert Luigi Toscano Überlebende des Holocaust – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Russland, der Ukraine oder den USA. Vor Kurzem war er in Frankreich unterwegs. Seine ausdrucksstarken Porträts werden meist unter freiem Himmel als übergroße Installationen gezeigt. Sie waren unter anderem bereits in Berlin, New York und Heidelberg zu sehen. Im vergangenen Jahr fand eine Ausstellung am Gebäude der Unesco in Paris statt, damals kam der Kontakt zum Jüdischen Weltkongress zustande.

Für die #weremember-Kampagne zum Gedenken an den Holocaust werden Toscanos Porträts zum ersten Mal in digitaler Form gezeigt. Er wählte die Motive aus und schickte sie an die Organisatoren. Viel mehr muss der Künstler nicht tun, vor Ort werden alle nötigen Vorbereitungen von den Veranstaltern getroffen. "Das ist ein bisschen ungewohnt", erzählt er. "Normalerweise organisiere ich mit meinem Team alles und wir bauen die Ausstellung komplett selbst auf."

Diesmal fällt der mitunter schweißtreibende Aufbau der Großinstallationen aus, denn die Motive werden mithilfe von mehreren Beamern an die Steinmauer geworfen – Mapping nennt man das. Dadurch können die Fotos überdimensional groß gezeigt werden. "Ich glaube, sie werden 30 Meter hoch und 15 Meter breit sein", so der 49-Jährige. Ein Rekord. Am Dienstag findet eine Generalprobe statt. "Ich bin gespannt, wie die Bilder wirken." Das Digitalformat eröffne neue Möglichkeiten für das Projekt, doch die analoge Form mit den Aufstellern werde er auf jeden Fall beibehalten. "So kann man sich den Bildern ganz anders nähern."

Auch interessant
Heidelberg: Die Geschichten hinter den "Gegen das Vergessen"-Gesichtern
"Gegen das Vergessen": Luigi Toscano erhält Unesco-Auszeichnung "Artist for Peace"
Mannheim: Luigi Toscano blickt auf und hinter die Maske

Dass er in Israel ausstellen kann, mache ihn unglaublich stolz, betont Toscano. "Und dann auch noch an einem so symbolträchtigen Ort, das macht mich immer noch sprachlos." In Israel hat er zwar bereits Überlebende des Holocaust porträtiert, doch es ist die erste Ausstellung in dem Land. Toscano stand zwar bereits in Kontakt mit dem Museum Yad Vashem in Jerusalem, doch bisher ohne Ergebnis. Eine geplante Ausstellung auf dem Rothschild-Boulevard in Tel Aviv musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. "Ich hoffe, dass wir das irgendwann nachholen können", erklärt der Mannheimer. Und vielleicht lebt der Kontakt zu Yad Vashem nach der Ausstellung an der Stadtmauer wieder auf.

"Gegen das Vergessen" wurde bereits an vielen symbolträchtigen Orten gezeigt – beispielsweise nahe des Lincoln Memorial in Washington, am Gebäude der Uno in Genf oder in der Gedenkstätte Babyn Jar in der Ukraine. "Das waren alles Orte, die für etwas Wichtiges stehen", sagt Toscano. Deshalb tut er sich damit schwer, diese Ausstellung als "die wichtigste" zu beschreiben. Alle seien wichtig gewesen. "Aber diese ist bestimmt für mich die emotionalste", bekräftigt er. "Das hat eine ganz neue Bedeutung für mich und meine Porträts."

Derzeit arbeitet Luigi Toscano am zweiten Dokumentarfilm des Projekts. Diesmal geht es um zwei Frauen, die Toscano bei der Arbeit für "Gegen das Vergessen" kennengelernt hat: Anna ist eine Auschwitz-Überlebende, die heute in der Ukraine lebt. Christin arbeitet in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau als Restauratorin. Toscano will die beiden Frauen in der Dokumentation zusammenführen. Momentan warte man auf die Zusage einer Förderung zur Finanzierung. Und der nächste Ausstellungstermin steht auch schon fest: Am 7. Juli findet die Vernissage im Jardin du Luxembourg in Paris statt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.