OB Gummer gibt sehr persönliche Einblicke beim Abschied
Hockenheims scheidender Oberbürgermeister Dieter Gummer gab bei seiner Verabschiedung viel Persönliches preis - Nach Attacke auf dem Weg der Besserung

Adieu gesagt hat der Hockenheimer Oberbürgermeister Dieter Gummer. Foto: Lenhardt
Von Anna Manceron
Hockenheim. So emotional haben die Hockenheimer ihren Rathauschef wahrscheinlich noch nie erlebt. Auch Dieter Gummer selbst hätte sich wohl noch vor wenigen Wochen nicht vorstellen können, einmal so viel Persönliches vor so vielen Menschen preiszugeben. "Ich bin sehr froh, heute hier sein zu können. Aber ich weiß nicht, wie lange meine Kräfte ausreichen", sagt der scheidende Oberbürgermeister gleich zu Beginn seiner offiziellen Verabschiedung am Freitagabend in der Stadthalle.
Am gestrigen Sonntag ist Gummer 68 Jahre alt geworden, und damit hat er die gesetzliche Altersgrenze für sein Amt erreicht. Am 31. August ist sein letzter Arbeitstag. Die Hockenheimer hatten Gummer 2004 erstmals zu ihrem Stadtoberhaupt gewählt und 2012 noch einmal im Amt bestätigt. Der SPD-Politiker wirkt sehr gefasst, aber die Strapazen der vergangenen Wochen sind ihm deutlich anzusehen.
Gummer war am 15. Juli vor seinem Haus im rheinland-pfälzischen Böhl-Iggelheim von einem Unbekannten niedergeschlagen worden. Dabei erlitt er Prellungen, Hirnblutungen und einen Kieferbruch. Der Verwaltungschef lag tagelang auf der Intensivstation und wurde zweimal operiert. "Es war eine enge Kiste", räumt er im Gespräch mit SWR-Moderatorin Doris Steinbeißer ein. Man merkt, dass ihn dieser Auftritt sehr berührt. Es ist der erste seit dem brutalen Angriff. Dieter Gummer spricht mit ruhiger, fester Stimme. Manchmal stockt er und sammelt sich kurz, bevor er weiterredet. Nach seinem ersten Aufenthalt im Krankenhaus habe er sich von Tag zu Tag schlechter gefühlt - ohne genau zu wissen, warum.
Seine Frau sei es gewesen, die am 29. Juli den Ernst der Lage erkannt habe. Sie brachte ihn in die Notaufnahme einer Fachklinik. "Dazu war ich selbst nicht mehr in der Lage. Hätte sie nicht so gehandelt, könnten wir heute nicht bei Ihnen sein", so Gummer. In der Klinik habe man ihn sofort operiert und seinen Schädel geöffnet. Er selbst kann sich an diesen Tag nicht mehr erinnern. Trotzdem blickt der OB positiv in die Zukunft. "Meine körperliche Genesung ist auf einem guten Weg", berichtet er. "Allerdings brauche ich noch etwas Zeit, um wieder der Alte zu werden."
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Die Stadthalle ist fast voll besetzt. Rund 1200 Menschen sind gekommen, um sich von Dieter Gummer zu verabschieden. Neben zahlreichen Lokalpolitikern sitzen auch die Karlsruher Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder und der ehemalige baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus im Publikum. In mehreren Talkrunden will Doris Steinbeißer herausfinden, wie ihre Gesprächspartner den Politiker, vor allem aber den Menschen Dieter Gummer erlebt haben.
Ein Merkmal, das immer wieder zur Sprache kommt: seine zurückhaltende, sachliche Art. "Er hat diese Gelassenheit. Mit ihm zu streiten, ist fast nicht möglich", erzählt Gunther Hoffmann, der Bürgermeister der Nachbargemeinde Neulußheim. Landrat Stefan Dallinger bescheinigt dem OB außerdem ein "wunderbares regionales Händchen". Und für Ralph Schlusche, Direktor des Verbands Region Rhein-Neckar, ist der gebürtige Speyerer sogar ein "Metropolitaner par excellence". Dieter Gummer habe sich stets für regionale Belange eingesetzt, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik oder beim Thema Bahnlärm.
Das jahrelange Ringen um die Zukunft und die Finanzierung des Hockenheimrings bezeichnet Dieter Gummer als die wohl schwierigste Aufgabe in seinem beruflichen Leben. "Die Nächte waren kurz, meine Urlaube musste ich mehrfach unterbrechen", berichtet er. Gemeinsam mit Georg Seiler, dem Geschäftsführer der Hockenheimring GmbH, führte er unzählige Verhandlungen und kämpfte für den Erhalt der Rennstrecke - mit Erfolg.
Ein paar seiner Projekte kann Dieter Gummer allerdings nicht mehr zu Ende führen. Das wird er nun - nicht ganz ohne Wehmut - seinem Nachfolger Marcus Zeitler überlassen müssen. Als Beispiele nennt er die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und die Wiederbelebung der Innenstadt. Bei dem von ihm initiierten Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt (HÖP) musste Gummer in Hockenheim zum Teil heftigen Gegenwind aushalten. Das Ende der Bauarbeiten hätte er als OB gern miterlebt. "Ich hoffe, wir können den Abschluss dieses Herzensprojekts Ende des Jahres gemeinsam feiern", sagt Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder.
Und noch etwas ist Dieter Gummer wichtig: die Musik. Bei seiner Verabschiedung singen die Mainzer Hofsänger. Die wichtigste Person des Abends bleibt jedoch er selbst. Als der OB seine Dankesrede an die Hockenheimer beendet hat, erheben sich die Besucher im Saal und auf der Empore von den Sitzen und klatschen. "Ein wirklich toller Abend", sagt eine Frau in der letzten Reihe, während der Applaus langsam abebbt. "Und ein würdiger Abschied."



