So blickt OB Dieter Gummer auf 15 Jahre zurück
Am heutigen Freitag wird Oberbürgermeister offiziell verabschiedet - Die RNZ blickt zurück auf seine Amtszeit

Oberbürgermeister Dieter Gummer (Mitte r.) mit Susanne Diebold (Mitte l.) vom Regierungspräsidium Karlsruhe bei der Einweihung der beiden HÖP-Brücken. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. "Das fühlt sich irgendwie komisch an", hatte Oberbürgermeister Dieter Gummer vor zwei Jahren darüber gesagt, dass er wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze das Amt des Oberbürgermeisters abgeben muss. Nun ist es also soweit. Am heutigen Freitagabend wird Dieter Gummer in der Stadthalle verabschiedet, sein Amt legt er dann am 31. August nieder. Zeit für einen Rückblick auf 15 Jahre als OB - von 2004 bis 2019.
BASF-Firmencup: Der 2994. Platz, erreicht in 27 Minuten und 43 Sekunden. So lange brauchte Oberbürgermeister Dieter Gummer im Jahr 2010, um beim jährlichen BASF Firmencup den 4,6 Kilometer langen Hockenheimring zu umrunden. Platz 3592 im Jahr 2013, Platz 3799 im Jahr 2015, Platz 3034 im Jahr 2016 und Platz 3566 im Jahr 2017 zeugen von der regelmäßigen Teilnahme des Rathauschefs. Einen langen Atem musste er nicht nur bei dem Laufen beweisen, sondern auch beim Ringen mit der Deutschen Bahn um den Lärmschutz.
Das Problem, das die Anwohner seit mehr als 40 Jahren umtreibt, hatte er von seinen Vorgängern, Kurt Buchter und Gustav Schrank, geerbt. Gummer gelang es immerhin, der Bahn kleine Zugeständnisse abzuringen - zum Beispiel das Abschleifen der Gleise. Doch das Angebot der Bahn für eine viel zu kleine Lärmschutzwand brachte das Fass zum Überlaufen. Mittlerweile befindet sich die Stadt, von Gummer und dem Gemeinderat gebilligt, in einem Rechtsstreit.
Hockenheimring: Seit den 1970er-Jahren war jedes Jahr drei Tage lang "die Welt zu Gast bei Freunden", wenn die Formel 1 auf dem Ring Station machte. Doch sinkende Zuschauerzahlen ließen den Ring immer tiefer in die Roten Zahlen rutschen. Es wurde sogar über eine Insolvenz oder den Verkauf des Rings und einen Rückleasingvertrag spekuliert. Die Stadt musste mehrfach mit Bürgschaften einspringen, ein geheimnisvoller Investor war im Gespräch, und die Landesregierung ließ Hockenheim im Regen stehen. "Wir können nicht mehr", signalisierte Gummer damals. Unter ihm als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Hockenheim-Ring GmbH wurden die Weichen neu gestellt.
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Mehrere Großkonzerte und vor allem die Ansiedlung eines neuen Ankermieters mit dem Porsche Experience Center, aber auch die Verhandlungen mit Bernie Ecclestone führten zur vorübergehenden Rettung der Formel-1-Veranstaltung. Zu den Rockkonzerten ging Gummer "riesig gern". "Da bin ich mit Jeans mittendrin und rede ganz ungezwungen mit den Besuchern", erzählte er einmal. Als Fan der Böhsen Onkelz war er bei jedem ihrer Konzerte auf dem Ring.
2015 traute er außerdem als Standesbeamter der Stadt Hockenheim den Leadsänger Kevin Russell im Baden-Württemberg-Center auf dem Ring. Die Band spielte natürlich. "Das war ganz toll", so Gummer.
Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt (HÖP): Dieses Projekt begleitete Gummer fast über seine gesamte Amtszeit hinweg. 2004 gab es die ersten Überlegungen. Vor allem das Schulzentrum musste man gegen ein Jahrhunderthochwasser schützen. Die ökologische Umgestaltung des Kraichbachs und des Mühlkanals kam dazu. 14 Millionen Euro kostet das HÖP, vier davon muss die Stadt selbst aufbringen. Der Spatenstich erfolgte im Juni 2017. Auch bei der Einweihung wäre Gummer gern als OB dabei gewesen. Wegen Verzögerungen am Bau wird das jedoch nicht möglich sein.
Herrenteich: Das Gelände am Rhein, auf dem eine insolvente Entsorgungsfirma mehr als 20.000 Tonnen asbesthaltiges Material gelagert hatte, verfolgt die Stadt bis heute. Mithilfe der Landesregierung gelang es 2008, die Abfälle zu entsorgen. Zehn Millionen Euro schoss das Land vor, forderte aber eine Beteiligung Hockenheims in Höhe von 1,9 Millionen Euro. Da glaubte man noch, die Summe mit dem Verkauf des Grundstücks als Gewerbestandort ausgleichen zu können - was nicht gelang.
Nachhaltigkeitssatzung: Trotz zunehmender finanzieller Probleme aufgrund der Formel-1-Defizite und der nachlassenden Konjunktur stimmte der Gemeinderat im Jahr 2012 - dem Jahr von Gummers Wiederwahl zum OB mit 91 Prozent - mehrheitlich für eine Schuldenbremse. Fortan durften zum Ausgleich des städtischen Haushalts nur noch Schulden in Höhe der Tilgungsrate gemacht werden.
Flüchtlinge und Soziales Wohnen: Wie alle Kommunen muss Hockenheim seit 2015 für die Unterkunft von Geflüchteten sorgen. Man setzte auf eine dezentrale Unterbringung, kam aber um Container im Talhaus nicht herum. Zeitgleich entwickelte sich die Obdachlosenunterkunft im Hofweg zu einem Schandfleck, und die Wohnungsnot der Mittellosen wuchs an. Gummer ließ Verwaltung und Bürger gemeinsam nach geeigneten Standorten für Soziales Wohnen suchen. Man fand sechs geeignete Orte, aber nur zwei wurden vom Gemeinderat angenommen. Gummer empfand das als persönliche Niederlage.
Und sonst? Während Dieter Gummers Zeit als Oberbürgermeister wurden die denkmalgeschützte Zehntscheune verlegt und der Hockenheimer Marketing-Verein gegründet. Außerdem brachte er ein Einzelhandelskonzept und einen Lärmaktionsplan auf den Weg. Das Aquadrom wurde modernisiert, aber das Millionen-Defizit des städtischen Freizeitbads blieb. Gummer ließ die Solarenergie ausbauen und machte sie als Anlageform zugänglich. Seit 2007 gibt es in Hockenheim zudem ein Bürgerbüro.



