"In Dimension kaum fassbare Katastrophe"
Weitere Einsatzkräfte aus der Region helfen in den Flutgebieten. Auch das THW Ladenburg ist auf dem Nürburgring eingetroffen.

Von Carsten Blaue
Heidelberg/Ladenburg. Am Wochenende wurden weitere Einsatzkräfte aus der Region in die Katastrophengebiete in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen entsandt, darunter auch Aktive des Kreisverbandes Rhein-Neckar/Heidelberg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), des Malteser-Hilfsdienstes sowie des Technischen Hilfswerks (THW) Ladenburg. Unterdessen entspannt sich die Hochwasserlage am Rhein in der Region weiter.
Wie aus einer Pressemitteilung des DRK-Kreisverbandes hervorgeht, sind zusätzliche Krankenwagen ins Krisengebiet geeilt. Zudem koordinieren die DRK-Kräfte vor Ort die Einsätze. Sie gehören zum sogenannten Führungsmodul des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Das Rote Kreuz nahm unter anderem Essen und Feldbetten mit, um sich selbst versorgen zu können. Zunächst sei der Einsatz auf fünf Tage angesetzt. Weitere Schnelleinsatzgruppen stünden zudem für den kurzfristigen Einsatz auf Abruf.
Vor Ort befindet sich derzeit auch die Bereitschaftsleiterin des Kreisverbandes Rhein-Neckar/Heidelberg, Yvonne Wiedl. Sie berichtet regelmäßig über diese "ganz spezielle und in der Dimension kaum fassbare Katastrophe". Es handele sich um den größten Einzeleinsatz der vergangenen Jahrzehnte, mit dem das DRK aus Baden-Württemberg die Rettungs- und Hilfsorganisationen in den betroffenen Regionen unterstütze, hieß es. Dort spüre sie die besondere Dankbarkeit, die Hoffnung und Zuversicht, aber auch Ängste, Verzweiflung und Trauer, so Wiedl: "Für all diese Situationen wollen und werden wir für die Mitmenschen vor Ort sein – solange es dessen bedarf."
Der DRK-Kreisverband rät jedoch dringend davon ab, von außerhalb als Spontanhelfer oder mit Sachspenden in die Katastrophengebiete zu reisen. Das würde dort die koordinierten Hilfsmaßnahmen gefährden. Auch würden fast überall in den betroffenen Gebieten derzeit keine weiteren Sachspenden entgegengenommen. Vieles könne nicht mehr gelagert oder sortiert werden. Die Infrastruktur im Katastrophengebiet sei völlig überlastet. "Das Beste ist eine Geldspende, mit der das DRK vor Ort helfen kann", so Jürgen Wiesbeck, Präsident des DRK-Kreisverbandes Rhein-Neckar/Heidelberg.
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Auch Angehörige der THW-Ortsverbände Haßmersheim, Wiesloch-Walldorf und Ladenburg wurden am Samstag in die Eifel verabschiedet. Aus Ladenburg ist ein Zugtrupp mit vier Helfenden dabei, der die Arbeit im "Bereitstellungsraum" auf dem Nürburgring unterstützen soll. Das teilte Ladenburgs THW-Pressesprecher Daniel Rubusch auf RNZ-Anfrage mit. Wie lange der Einsatz für die THWler vor Ort dauere, sei nicht abzusehen. Rubusch gab einen Einblick in die Struktur des Einsatzes.
So versteht man unter einem Zugtrupp quasi die Führungsebene für den Einsatz einer THW-Fachgruppe oder eines technischen Zuges mit dessen Gerätschaften. Der Zugtrupp führt vor Ort Lagekarten und Übersichten, welche Kräfte wo eingesetzt werden. Er stellt die Funkkommunikation mit eigenen Helfern sowie übergeordneten Stellen sicher, sammelt wichtige Informationen und wertet diese für den Einsatz aus. Der Zugtrupp erfüllt vor Ort auch Lotsen- und Erkundungsaufgaben und betreibt Meldeköpfe für nachrückende Kräfte bei größeren Einsatzlagen wie jetzt im Krisengebiet.
Alle Zugtrupps aus dem THW-Regionalstellenbereich Mannheim, also auch die Ladenburger, befinden sich derzeit auf dem Nürburgring. Hier wurde der "Bereitstellungsraum" eingerichtet. In der Boxengasse haben die eingesetzten Hilfsorganisationen zudem ihre Schlafquartiere eingerichtet.
Der "Bereitstellungsraum" ist die Sammelstelle für die Einsatzkräfte und ihr Material. Der Standort, so Rubusch, sei entscheidend. Er müsse nahe genug am Einsatzgebiet sein, dürfe sich aber selbst keiner Gefährdung ausgesetzt sehen. Hier werde die Ausrüstung nach Art und Funktion geordnet. So könnten Einheiten abberufen werden, ohne andere zu behindern. Zudem muss genug Platz sein für Reparaturen, Instandhaltungen sowie für sanitäre Einrichtungen und die Verpflegung der Einsatzkräfte. Seit dem Jahr 2008 verfügt das THW laut Rubusch über ein System, dass es ermöglicht, binnen 24 Stunden einen "Bereitstellungsraum" für 500 Einsatzkräfte an jedem beliebigen Ort einzurichten. Die jetzt in die Krisenregion beorderten Kräfte hätten privat alles geregelt und schon ihre Taschen gepackt gehabt für einen längeren Einsatz.
Derweil deutet am Rhein bei Mannheim alles auf Entspannung hin – auch aufgrund der günstigen Wettervorhersage für die nächsten Tage. Eine Sprecherin der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg sagte auf RNZ-Anfrage, der Fluss habe am Sonntagmittag mit 7,44 Metern seinen höchsten Stand erreicht. Seitdem falle der Pegel. "Aber nur ganz allmählich." Die Schifffahrt musste also nicht eingestellt werden, jedoch waren die Kapitäne angehalten, nicht zu schnell zu fahren, um die Uferbereiche nicht durch Wellenschlag zu belasten.
Wegen des noch bestehenden Hochwassers am Mannheimer Stephanienufer musste die Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG) Lindenhof ihre monatliche, für Sonntagnachmittag geplante "Mahnwache" für den Erhalt der Bäume am Rheindamm kurzfristig absagen. Schon am Freitagnachmittag musste die Feuerwehr Brühl ihre Ketscher Kameraden mit ihrem Boot unterstützen. Ein Jagdpächter wollte auf eine Rheininsel gebracht werden, um dort die vom Hochwasser eingeschlossenen Wildschweine füttern zu können.