Fusion der Unikliniken droht zu scheitern
Die Klinikfusion zwischen Heidelberg und Mannheim ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Die Landesregierung verzögert das Vorhaben.

Von Klaus Welzel
Heidelberg/Mannheim. Erst war es die Landtagswahl, dann waren es die Koalitionsverhandlungen – und dann die Mühlsteine der Bürokratie. Die vor eineinviertel Jahren groß angekündigte Fusion der beiden Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim droht zu scheitern. In beiden Städten beklagen die Beteiligten ein mangelndes Interesse der grün-schwarz geführten Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Vor allem aus dem Sozialministerium gebe es immer neue Arbeits- und Prüfaufträge, deren Sinn sich gar nicht erschließe.
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> Kooperation – ja, Fusion – vielleicht: Ursprünglich hatte die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) im Sommer 2020 ein Konzept in Auftrag gegeben, das neben der Klinikfusion eine "Heidelberg Mannheim Health and Life Sciene Alliance" umfasst. Im Raum steht eine Kooperation der Kliniken mit Heidelberger und Mannheimer Wissenschaftseinrichtungen – insgesamt 25.000 Mitarbeiter würden künftig an einem Strang ziehen. Doch während der daraus entstandene "Innovationscampus Region Rhein-Neckar" bereits vor Weihnachten den ersten Förderbescheid in Höhe von 40 Millionen Euro erhielt, wird um die Fusion immer noch gerungen.
> Knackpunkt Bettenzahl: Das von Manne Lucha (Grüne) geführte Sozialministerium verweigerte seine Zustimmung zur Fusion, da es zu viele Krankenhausbetten in der Region gebe. Ein Kompromisspapier, das der RNZ vorliegt, schlägt nun vor, die Bettenzahl am Uniklinikum Mannheim künftig von jetzt 1352 auf 890 bis 1050 zu reduzieren.
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> Zukunftskonzept als Blaupause: Das am Heidelberger Universitätsklinikum erarbeitete "Medizinische Zukunftskonzept" sieht neben der Bettenreduktion eine Verteilung der Aufgaben vor. Das fusionierte Klinikum Heidelberg-Mannheim wäre der Maximalversorger in einem "gut austarierten regionalen Netzwerk". Die Medizinischen Fakultäten, an denen Forschung und Ausbildung betrieben wird, sollten komplementär arbeiten, Doppelstrukturen abgebaut werden. Als Beispiele werden aus Heidelberger Sicht die Onkologie und die Herzmedizin genannt, während Mannheim Schwerpunkte bei Erkrankungen des Bewegungsapparats, Medizintechnik oder der Psychiatrie setzen würde. Insgesamt listet das Konzept elf Leuchttürme, die im Rahmen der Allianz zum Strahlen kämen.
> Streitpunkt Kosten: Das meiste davon sind Investitionen, die ohnehin geplant sind. So ist für Heidelberg der Neubau des Herzzentrums und die Sanierung der Kopfklinik beschlossene Sache (jeweils mehrere hundert Millionen Euro). In Mannheim soll der Klinikcampus Neue Mitte entstehen, der auf knapp 900 Millionen Euro taxiert wird. Alles in allem dürften gut zwei Milliarden Euro an Investitionen anstehen – etwa zehn Prozent davon wären auf die Fusion an sich zurückzuführen.
> Langes Warten auf Grundsatzentscheidung: In der Region steigt die Nervosität, weil auch nach eineinviertel Jahren immer noch unklar ist, ob die Landesregierung die Fusion mitträgt. Sie müsste dazu ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. Nach RNZ-Informationen steht eine Entscheidung in Kürze bevor.
> Vorbild Cybervalley: Die Autoren des Papiers warnen, dass "die Verzögerung der Grundsatzentscheidung" die Gefahr berge, "gegenüber anderen starken Regionen in Deutschland und international zurückzufallen". Sie erinnern an andere Großprojekte im Land, wie den Tübinger Innovationscampus Cybervalley, der jüngst mit 180 Millionen Euro bezuschusst wurde, oder an die Fusion der Uniklinik Freiburg mit dem Herzzentrum Bad Krozingen.



