Enjoy Jazz Festival gastiert auch auf Hambacher Schloss
"Im Geiste der Freiheit": RNZ-Interview mit Intendant Rainer Kern über die diesjährige Ausgabe.



Intendant des Enjoy Jazz-Festivals
Von Carsten Blaue
Heidelberg. Der Vorverkauf für das Enjoy Jazz Festival läuft auf Hochtouren, und er laufe sehr gut, sagt Intendant Rainer Kern. Ein Gespräch mit ihm über Impulse für das Programm, Nachhaltigkeit, das Wiedersehen mit Künstlern der ersten Festival-Stunde sowie über eine neue Spielstätte: Jazz und das Hambacher Schloss seien "eine ideale Vereinigung im Geiste der Freiheit", sagt Kern.
Herr Kern, welche Begegnungen im Vorfeld haben Sie besonders inspiriert für das diesjährige Programm? Welchem Impuls sind Sie bei der Programmgestaltung gefolgt?
Das Gute ist ja: Die Impulse kommen selten auf Kommando. Es sind oft Gespräche nach Konzerten, Begegnungen in ganz anderen Zusammenhängen oder einfach Momente, in denen sich ein Gefühl entwickelt, dem ich dann nachgehe. Es ging mir dieses Jahr wie immer viel um Verbindung.
Zwischen musikalischen Welten, aber auch gesellschaftlich: Wie kann Jazz als offene Kunstform Brücken schlagen? Es ist diese Offenheit selbst, die inspirierend ist, und deshalb lese ich sehr viel, nicht nur zu Musik, und höre aber eben auch sehr viel sehr unterschiedliche Musik.
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Die Eröffnung und der Abschluss des Festivals sind traditionell besondere Abende. Worauf dürfen wir uns in diesem Jahr freuen?
Wir eröffnen am 2. Oktober mit dem französisch-libanesischen Trompeter Ibrahim Maalouf. Das Programm "The Trumpets of Michel-Ange" bringt ihn mit einem elf-köpfigen Ensemble auf die Bühne des BASF-Feierabendhauses in Ludwigshafen. Ibrahim ist der bekannteste Instrumentalist Frankreichs und füllt in seiner Heimat Stadien. Auch hierzulande wächst seine Bekanntheit rasant – und das zu recht.
Daher sollten Ihre Leserinnen und Leser nicht zu lange mit dem Kartenkauf warten, wenn sie dieses Ereignis miterleben wollen. Gleiches gilt auch für unseren Abschluss am 8. November mit Anouar Brahem. Anouar ist ein Virtuose auf der Oud und verbindet wie Ibrahim auf ebenso beeindruckende wie berührende Weise Improvisationen mit arabischen Musiken.
Kruder & Dorfmeister kehren mit ihren legendären K&D Sessions zurück – sie waren ja auch beim ersten Enjoy Jazz Festival dabei. Was geht Ihnen durch den Kopf?
Da schließt sich natürlich ein Kreis, und ich komme nicht umhin, mir zu vergegenwärtigen, woher dieses Festival kommt und wohin es sich über all diese Jahre entwickelt hat. Das ist natürlich sehr schön, und mein Dank gilt den vielen Leuten, die hierzu beigetragen und die Sache unterstützt haben.
Und natürlich denke ich hierbei auch an den Karlstorbahnhof Heidelberg, aus dem heraus ich das Festival gründen konnte und in dem die erste Ausgabe – damit auch das Konzert von Kruder & Dorfmeister – stattfand.
Die Rückkehr der K&D Sessions nach Heidelberg wollte ich daher sehr gerne in diesem Jahr ermöglichen und dem Karlstorbahnhof zum 30-jährigen Bestehen zum Geschenk machen – im Heidelberg Conference Center, mit der Unterstützung von Manfred Lautenschläger.
Neustadt an der Weinstraße ist erstmals Festivalstadt. Wie kam es dazu? Und warum gerade das Hambacher Schloss als Spielort?
Die Stadt ist auf uns zugekommen und hat uns eingeladen, mit dem Festival Gast in Neustadt zu sein. Schon im ersten Gespräch hat sich gezeigt, dass wir übereinstimmende Vorstellungen haben und dort neben hoch motivierten Partnerinnen und Partnern eine passende Infrastruktur vorfinden. Beide Seiten haben große Lust auf die Zusammenarbeit. Jazz und das Hambacher Schloss finden wir dann eine ideale Vereinigung im Geiste der Freiheit.
Wen erleben wir in Neustadt?
Den Auftakt der Zusammenarbeit bilden zwei Konzerte mit großartigen Künstlerinnen und Künstlern: Der Pianist Tigran Hamasyan verbindet Jazz mit Post-Rock und der reichen musikalischen Tradition seines Heimatlandes Armenien. Beim Festival hat er uns zuletzt 2021 begeistert, dieses Jahr kommt er mit seinem Trio in den Saalbau Neustadt an der Weinstraße.
Neu bei Enjoy Jazz sind sowohl das Loco Cello Trio um den französischen Cellisten François Salque als auch das Hambacher Schloss als Spielort. Ein geschichtsträchtiger Ort, der für Demokratie und Aufbruch steht.
Ich kenne keine Musikform, die weltweit öfter angefeindet und verboten wurde und als Soundtrack so vielen Freiheits- und Bürgerrechtsbewegungen eine Stimme gegeben hat, wie der Jazz – hier kommen auf dem für die europäische Demokratiebewegung so wichtigen Hambacher Schloss Ort und Genre auf wunderbar passende Weise zusammen.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wer wo spielt?
Es gibt natürlich objektive Kriterien, wie etwas das Verhältnis von erwarteten Zuschauerzahlen und Fassungsvermögen der Spielorte. Aber das alleine ist dafür, dass Künstlerinnen, Künstler und Spielort zusammenpassen, nicht entscheidend.
Bei Helge Schneider im letzten Festival hätten wir beispielsweise in ein deutlich größeres Venue gehen können – wir wollten ihm den Zuschauerinnen und Zuschauer aber in der intimen Atmosphäre des Karlstorbahnhofs präsentieren – und es wurde wirklich ein sehr schöner Abend, weil die launige Veranstaltung sich an diesem Ort besonders gut entfalten konnte.
Wir suchen für die jeweilige Musik, das jeweilige Format den Ort, der dafür am geeignetsten ist. Manche Musik passt besonders gut in einen Kirchenraum, manche braucht einen Konzertsaal, andere einen Club oder eine Kunstgalerie. Oder was ganz anderes.
Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle. Warum ist Ihnen die Kooperation mit der Klimaschutzstiftung BW wichtig?
Weil wir auch beim Thema Nachhaltigkeit professionell und verantwortlich arbeiten wollen. Wir haben ja schon länger eine Nachhaltigkeitsmanagerin im Team und sind Vorreiter in Deutschland. In Kooperation mit der Klimaschutzstiftung veranstalten wir nun im dritten Festival eine Reihe von klimafairen Konzerten.
Dabei sind wir von drei Konzerten als "Testballons" im ersten Jahr mittlerweile schon bei 15 Veranstaltungen angelangt, die auf Basis einer Bilanzierung von mit der Veranstaltung zusammenhängenden Faktoren wie etwa Anreise und Gastronomie evaluiert werden. Alles, was über den Status Null-Emission hinausgeht, wird am Ende nachhaltig kompensiert.
Aber das Thema "klimafaire Veranstaltungen" ist nicht die einzige Dimension, bei der wir uns für das Thema Nachhaltigkeit engagieren. Wir haben hierfür im Team, wie gesagt, extra eine Stelle geschaffen und das regionale Netzwerk Nachhaltige Kultur initiiert und mitgegründet.
Es ist uns hier vor allem auch wichtig, ein Signal aus der Kultur in die Gesellschaft zu senden. Die Kultur an sich ist ein Baustein einer nachhaltigen Gesellschaft und somit – nicht nur aus meiner Sicht – natürlich systemrelevant.
Der Vorverkauf läuft, nur noch letzte Bestätigungen stehen aus. Wie fühlt sich der Festivalintendant kurz vor der Zielgeraden?
Vorfreudig und angeregt. Wir haben so viele tolle Künstlerinnen und Künstler mit spannenden Projekten für diese Festivalausgabe gewinnen können, dass ich überzeugt bin, dass diese Ausgabe eine ganz wunderbare werden wird. Mit Blick auf den sehr gut laufenden Vorverkauf sieht es sehr danach aus, dass die Menschen uns und dem Programm wieder in großen Zahlen ihr Vertrauen schenken werden. Und das ist natürlich ein tolles Gefühl.
Von den Planungen geht es jetzt zum Glück direkt in die heiße Phase der Vorbereitungen. Denn: Auch das macht sehr viel Spaß und verkürzt die Wartezeit bis zum von uns mit Spannung erwarteten Festivalbeginn.