Trinkwasser in Heidelberg und Dossenheim darf wieder verwendet werden (plus Video)
Alle Analysen und Proben ergaben keine Belastungen – Ursache für die Blaufärbung des Wassers war wohl natürlich bedingt
Dossenheim/Heidelberg. (mün/cm/hob/rie) Der wegen des Verdachts auf verunreinigtes Trinkwasser in Heidelberg und Dossenheim gebildete Krisenstab gibt Entwarnung. Alle Analysen und Proben des Trinkwassers haben keinerlei Hinweise auf Belastungen ergeben. "Wir gehen davon aus, dass es sich bei der Blaufärbung um eine Verfärbung im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite handelt", sagt Stadtsprecher Achim Fischer gegenüber der RNZ. Das Leitungswasser in Dossenheim und Heidelberg könne nun in allen Stadtteilen wieder getrunken werden. Eine Gesundheitsgefahr bestehe nicht.
Das entsprechende Wasserwerk sei laut Mitteilung der Stadtwerke vom Netz genommen worden. Dies bleibt auch so, bis alle Untersuchungen zu der nicht-gesundheitsschädlichen bläulichen Verfärbung abgeschlossen sind. Die Wasserversorgung ist jedoch über andere Stellen gewährleistet.
Bei der Ursache der Verfärbung gehen die zuständigen Behörden von einer natürlichen Schwankungsbreite in der stofflichen Zusammensetzung des Wassers aus. Wasser ist ein Naturprodukt. Je nach Beschaffenheit kann es zu unterschiedlichen Färbungen kommen, ohne dass die Eignung als Trinkwasser beeinträchtigt wird – zum Beispiel färbt Eisen Wasser eher bräunlich. Alle im Werk Entensee und an den Verbrauchsstellen in Dossenheim und Heidelberg entnommenen Proben haben die Werte der gesetzlichen Trinkwasserverordnung eingehalten und wiesen keine Abweichungen zu vorherigen Proben auf.
Zusätzlich zu den Stadtwerken Heidelberg untersuchten unter anderem das Hygieneinstitut der Universität Heidelberg, das Technologiezentrum Wasser Karlsruhe und die Analytische Task Force der Feuerwehr Mannheim die Proben. Die Warnung erfolgte vorsorglich, um die Bevölkerung vor möglichen Gefahren zu schützen.
Die Bewohner von Heidelberg und Dossenheim wurden am Donnerstagmorgen zunächst eindringlich vor dem Verzehr des Leitungswassers gewarnt. Es sollte eine Verunreinigung des Trinkwassers geben. Am Donnerstagfrüh hatte es zuerst eine Warnung für Dossenheim gegeben. Dann wurde der Trinkwasseralarm um 11 Uhr auch auf Heidelberg ausgeweitet. Ein Sprecher der Heidelberger Stadtverwaltung betonte, dass der Verzehr des Trinkwassers im gesamten Stadtgebiet vorsorglich untersagt wurde. Auch abgekochtes Leitungswasser sollte nicht verzehrt werden. Auch Hände waschen oder duschen sollte man nicht. Lediglich die Toilettenspülung konnte betätigt werden.
Die Ursache der "Trinkwasser-Verunreinigung", wie der Vorfall auf den Warn-Apps Nina und Katwarn genannt wurde, ist noch unklar. Die betroffene Quelle ist wohl der Wasserbehälter im Entensee im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim. "Die Untersuchungen laufen, ob auch weitere Quellen betroffen sind", sagt Heidelbergs Stadtsprecher Achim Fischer.
Pressekonferenz des Krisenstabs
Bei der Pressekonferenz des Krisenstabs am Donnerstagnachmittag wurde bekannt gegeben, das bisher alle Laboruntersuchungen des Trinkwassers unauffällig gewesen seien. Man hoffe, dass man im Laufe des Nachmittags Entwarnung geben könne.
Bemerkt wurde die Verunreinigung gegen 8.30 Uhr von Bürgern in Dossenheim. Das Wasser, das dort aus den Leitungen kommt, ist leicht bläulich. "Das sieht man aber nur in größeren Gefäßen", sagt Thomas Schiller von der Gemeindeverwaltung. Die Substanz, die für diese Blaufärbung verantwortlich ist, wurde noch nicht identifiziert. Heidelbergs Stadtsprecher Fischer sagt: "Die Analyse läuft auf Hochtouren." Aktuell seien sämtliche Werte der Trinkwasserverordnung eingehalten.
In der Heidelberger Feuerwache wurde ein Krisenstab eingerichtet. Dort beraten das Gesundheitsamt, die Stadtwerke und die Feuerwehr laufend die Situation. Aktuell fährt die Feuerwehr außerdem durch Heidelberg und Dossenheim und warnt die Bevölkerung per Lautsprecher, kein Leitungswasser zu nutzen. Die Gemeinde Dossenheim hat für Bewohner eine Hotline eingerichtet, die unter 06221/865111 zu erreichen ist.
Tanklastwagen für Dossenheim angefordert
Die Gemeinde hat drei große Tanklastwagen aus dem Raum Bruchsal geordert. Diese werden derzeit bestellt und sollen gegen 18 Uhr in Dossenheim eintreffen. Die Wagen werden an der Schauenburghalle in der Gerhart-Hauptmann-Straße, an der Ecke von Gassenweg und Schriesheimer Straße sowie auf dem Rathausplatz aufgestellt.
Derzeit sind Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung unterwegs und hängen an die Haustüren Flugblätter, auf denen vor der Trinkwasserverunreinigung gewarnt wird.
In der Grundschule und den Kindergärten wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Teilweise wurde Essen nicht ausgegeben und es wurden Wasservorräte gekauft. In den Märkten gehen die Vorräte allmählich zur Neige.
Viele Supermärkte hatten kein Wasser mehr
Die Warnmeldungen führten dazu, dass zahlreiche Einrichtungen vorübergehend schließen müssen: Das Hallenbad im Darmstädter Hof-Centrum in der Heidelberger Altstadt hat seine Gäste weggeschickt und die Pforten geschlossen, ebenso die Zentralmensa im Neuenheimer Feld geschlossen. Die Restaurants und Cafés konnten ihr Geschirr nicht mehr spülen und keinen Kaffee oder Tee anbieten.
Es wurde empfohlen, vorerst abgefülltes Wasser zu kaufen. Allerdings neigen sich die Wasservorräte in einigen Läden schon dem Ende, da viele Bürger sich jetzt damit eindecken.
Im "Penny" in der Altstadt gab es schon seit 13.15 Uhr kein Mineralwasser und keine 1,5-Liter-Flaschen Apfelsaft mehr. Trotzdem bildeten sich vor der Kasse langen Schlangen, einige kaufen inzwischen Orangensaft ein. Trotzdem blieben die Kunden gut gelaunt. "Ich habe zum ersten Mal am Marktplatz gemerkt, dass etwas nicht stimmt", sagte ein Student. Am dortigen Supermarkt seien die Leute bis auf die Straße gestanden. "Das ist schon krass, das mit dem Wasser", lachte er und ging weiter.
Ein ähnliches Bild zeigte sich im Supermarkt Rüdinger in der Hauptstraße. Auch dort versuchen Kunden noch Trinkwasser zu ergattern. Doch um 13.30 Uhr waren nur noch vereinzelte Sechser-Träger da. Sie würden nicht für alle in der langen Schlange reichen, hieß es.
Cafés verkaufen Wasser flaschenweise
Auch in vielen Cafés hatte sich die Nachricht längst rumgesprochen. "Wir geben Getränke nur noch in Flaschen aus", sagte ein Mitarbeiter des Café Extrablatt am Anatomiegarten. Die Kaffeemaschinen seien bis auf Weiteres stillgelegt. So eng sahen es allerdings nicht alle Gastronomen. Während die Feuerwehr mit Lautsprechern durch die Hauptstraße fuhr und die Bevölkerung warnte, wurden hier und da noch Cappuccino und Co ausgeschenkt. Die Universität Heidelberg hatte als größter Arbeitgeber in der Stadt die Beschäftigten mit zwei Rundmails gewarnt, wie Rektor Bernhard Eitel berichtete. Er war gerade mit einem Gast im Café Schafheutle, hat dort aber nur einen frisch gepressten Orangensaft getrunken. Besonders betroffen an der Universität waren die Labore, dort könnten sogar Augennotduschen kontaminiert sein, weshalb der Betrieb aus Sicherheitsgründen nur eingeschränkt möglich war.
Wasser im Uniklinikum abgestellt
In der Heidelberger Universitätsklinik wurde am Nachmittag das Wasser abgestellt. Sämtliche Operationen wurden vorerst abgesagt. Selbst die Toilettenspülungen funktionierten eine Weile derzeit nicht mehr. Auch die Essenszubereitung wurde eingestellt. Am Nachmittag sollen die Operationen dann stattfinden. Die Reinigung soll dann über gekauftes Trinkwasser aus Flaschen stattfinden.
Auch die Universität hatte eine Warnung für alle Bereiche der Universität herausgegeben, kein Trinkwasser mehr zu verwenden. Für die Laboratorien der Universität und des Universitätsklinikums habe gegolten: "Körper- und Augennotduschen können ebenfalls betroffen sein. Bitte prüfen Sie an einer Augennotdusche, ob diese noch Wasser liefert. Falls nicht, muss der gesamte Laborbetrieb eingestellt werden. Brunnenwasser (Brauchwasser), das in vielen Laboratorien anstelle von Trinkwasser verlegt ist, steht nach wie vor zur Verfügung. Falls die Notduschen brauchwasserversorgt sind, kann der Laborbetrieb aufrecht erhalten werden."
Schüler nach Hause geschickt
An der Internationalen Gesamtschule Heidelberg (IGH) wurden die Schüler der Klassen 5-10 nach Hause geschickt - die Oberstufe hat weiter Unterricht. Die Schüler der Geschwister-Scholl-Schule in Kirchheim wurden ebenfalls nach Hause geschickt.
Dehoga warnt Mitgliedsbetriebe
"Bei uns steht das Telefon nicht mehr still", sagte Melanie Görtz, Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Heidelberg (Dehoga). Auf die Gastronomie und das Hotelgewerbe habe die Trinkwasserproblematik dramatische Auswirkungen. "Hände, Gemüse und Obst waschen, all das geht nicht mehr", sagt von Görtz; "Wir haben unseren Mitgliedsbetrieben in Heidelberg geraten, derzeit völlig auf Trinkwasser zu verzichten." Im Prinzip könne man den Betrieb der Gaststätten nicht mehr lange aufrecht erhalten. Ob es trotzdem Wirte und Restaurantbetreiber gegeben hat, die sich über die Warnungen der Feuerwehr hinwegsetzen, konnte von Görtz nicht sagen. "Bei uns melden sich nur die Leute, die besorgt sind." Kurz nach 11 Uhr am Donnerstagmorgen wurde die Dehoga über den Ernst der Lage informiert, kurz darauf ging die Warnung an alle Mitgliedsbetriebe per E-Mail raus.
Andere Gemeinden geben Entwarnung
Das Wasser in Heidelbergs Nachbarstadt Eppelheims sei nicht verunreinigt, hieß es am Nachmittag aus dem dortigen Rathaus, obwohl auch Eppelheim sein Leitungswasser von den Heidelberger Stadtwerken bezieht. "Vorsorglich und ohne konkrete Gefahrsituation", so die Meldung der Eppelheimer Verwaltung weiter, sei das Gisela-Mierke-Hallenbad geschlossen worden. Auch wurde die Essenausgabe an den Schulen gestoppt, da die Gerichte in Heidelberg zubereitet wurden. Für die Eppelheimer wurde ein Infotelefon eingerichtet: 06221/794121 oder 06221/794125.
Die für Leimen, Walldorf und Sandhausen zuständige Wasserversorgung Hardtgruppe gab für das Stadtgebiet Leimen ebenso wie für die anderen Verbandsgemeinden Entwarnung, hieß es aus dem Leimener Rathaus. Das Leimener Netz sei von der Verunreinigung nicht betroffen, das Wasser könne ohne Gefährdung genutzt werden. Die Hardtgruppe werde die Entwicklung verfolgen, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Die Trinkwasserversorgung in Mannheim war davon nicht beeinträchtigt, da es keinerlei Anbindung zu dem betroffenen Wasserwerk in Heidelberg gibt. Das teilt die MVV mit.
Update: 7. Februar 2019, 18.11 Uhr