Besetzung des Mannheimer Großkraftwerks sorgte für Probleme
SEK im Einsatz - Umweltaktivisten waren äußerst gut vorbereitet

Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Der Stromlieferant der Metropolregion Rhein-Neckar ist knapp an einem Blackout vorbei geschrammt. Die illegale Blockade des Kohleförderbands beim Großkraftwerk Mannheim (GKM) durch Öko-Aktivisten am ersten Augustwochenende hätte den Betrieb fast lahmgelegt. Nach Informationen eines GKM-Mitarbeiters habe nur das rasche Eingreifen eines Sondereinsatzkommandos der Polizei verhindert, dass die Anlage abgeschaltet werden musste. Denn ausgerechnet an diesem Tag standen keine alternativen Brennöfen zum Hochfahren bereit.
Da Block 9 eine Störung hatte, arbeitete an diesem Tag nur ein einziger Meiler. Und genau dessen Kohlezufuhr für den Dauerbetrieb hatten die Besetzer ab 5 Uhr morgens bis 10 Uhr unterbunden. "Allein mit unserer Reserve aus dem Bunker wären wir nicht mehr lange über die Runden gekommen", so der Mann. Laut Werksangaben nutzen rund 2,5 Millionen Menschen den GKM-Strom.
Das Unternehmen selbst hält sich in der Angelegenheit bedeckt: "Da es sich um sensible Informationen in einem laufenden Verfahren handelt, können wir dazu keine weiteren Angaben machen", heißt es auf Anfrage. Das Management verweist auf andere Zuständigkeiten, wenn es um die Stromlieferung im Fall eines örtlichen Zusammenbruchs geht. Allein der zuständige Übertragungsnetzbetreiber sei für die Versorgungssicherheit verantwortlich. Unklar bleibt bisher, woher die Aktivisten wussten, dass zum Tatzeitpunkt nur ein Block in Betrieb war und welches Förderband genau sie zu besetzen hatten.
Zu der Aktion aufgerufen hatte die Gruppe "Zucker im Tank" im Rahmen der Aktionstage "Aufstand mit Abstand". Ziel der Demonstration war es, "Aufmerksamkeit auf die umweltschädliche Steinkohleverbrennung zu lenken und Menschen, die unter den Folgen der Klimakatastrophe leiden, eine Plattform zu bieten", so die Aktivisten. Sie hatten den Betrieb des GKM immer wieder kritisiert und als "Klimakiller" bezeichnet. Bereits vor rund einem Jahr waren über 100 Menschen auf das Areal des Kraftwerks eingedrungen. Sie blockierten die Firmenzufahrt und ein Förderband, das an diesem Tag allerdings nicht zur Stromerzeugung benötigt wurde. Alle Protestierenden durften damals ohne Feststellung ihrer Personalien das Gelände unbehelligt verlassen.
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Beim jüngsten Angriff auf die Versorgungssicherheit wurden zwar drei Frauen und zwei Männer vorläufig festgenommen. Sie seien ihrer eigenen Darstellung zufolge über 24 Stunden lang in Mannheim und Heidelberg zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen und schikaniert worden. Die Dauer der Festnahme hatte allerdings einen Grund: Die Identifizierung der Täter gestaltete sich fast unmöglich und war nur in einem Fall erfolgreich, wie aus Polizeikreisen verlautet. "Die Art und Weise der Vorbereitung dieser Straftat ist kein Aktivismus mehr, sondern grenzt an Terrorismus", so ein Ermittler. Die Aktivisten hätten ihre Hände mit Klebstoff präpariert, sodass keine Fingerabdrücke genommen werden konnten. Auch eine Gesichtserkennung war aufgrund einer nicht entfernbaren Maskerade unmöglich. Ein Straftäter sei anhand einer Fußsohlenanalyse ermittelt worden.
Ob gegen ihn Strafanzeige erstattet wird, lässt das GKM offen. "Wir behalten uns nach Prüfung des Sachverhalts das Stellen einer Strafanzeige vor", heißt es in einem Schreiben. Ob die Staatsanwaltschaft einen Fall von öffentlichem Interesse sieht, wird ebenfalls noch geklärt. Im Zusammenhang mit der Häufung von Werksbesetzungen verschiedenster Gruppierungen wird die Frage nach der Sicherheit des Geländes lauter. "Selbstverständlich ist das GKM-Gelände vor unbefugtem Zutritt gesichert", teilt das Unternehmen mit. Der Sprecher schränkt aber ein, dass man diesen Vorfall selbstverständlich zum Anlass nehme, "um unser Sicherheitskonzept zu überprüfen und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen."