Aus dem Ruhrpott nach Mannheim

Yilmaz Holtz-Ersahin ist der neue Leiter der Stadtbibliothek

Ihn reizten die kulturelle Vielfalt der Stadt und der gute Ruf des Hauses

22.06.2021 UPDATE: 24.06.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
Yilmaz Holtz-Ersahin freut sich, dass die Stadtbibliothek mit ihren digitalen Angeboten während der Pandemie 30 Prozent mehr Menschen erreicht hat und wieder mehr gelesen wird. Foto: Gerold

Von Heike Warlich-Zink

Mannheim. "Wer wie ich Theater und die Klassiker der deutschen Literatur liebt, kommt am Nationaltheater Mannheim nicht vorbei", sagt Yilmaz Holtz-Ersahin. Als begeisterter Musiker hat der neue Leiter der Stadtbibliothek Mannheim außerdem regelmäßig das Enjoy Jazz-Festival in der Rhein-Neckar-Region besucht. Das soll auch in Zukunft so bleiben, allerdings wird er dazu nicht mehr extra aus dem Ruhrgebiet anreisen müssen.

Von 2008 bis zu seinem Wechsel im Februar in die Quadratestadt leitete der Wahl-Wuppertaler die interkulturelle Bibliothek Duisburg. Der kulturübergreifende Dialog prägt das bibliothekarische Wirken des Kommunikations- und Medienwissenschaftlers, der 1972 in der Nähe des Bergs Ararat in Ostanatolien geboren wurde. Bis zum Jahresende will er seine Doktorarbeit "Über die Kraft der Literatur als Brücke zwischen den Kulturen" abgeschlossen haben. "An sich kein neues Thema, aber mir geht es gezielt um den Aspekt, dass Neuankömmlinge sich durch Lesen klassischer deutscher Schriftsteller leichter zurechtfinden können. Romane deutscher Autoren mit Migrationshintergrund helfen wiederum der aufnehmenden Kultur", meint Holtz-Ersahin.

Dass die Zentralbibliothek im Stadthaus, Kinder- und Jugendbibliothek sowie die Musikbibliothek im Dalberghaus und alle Zweigstellen einschließlich Mobiler Bibliothek seit 7. Juni wieder ohne vorherige Terminvereinbarung und Aufenthaltsbeschränkung geöffnet sind, freut ihn: "Bibliotheken sind schließlich Orte des Dialogs und des Zusammentreffens." Etwas, das aufgrund von Corona deutlich zu kurz gekommen sei. Eine positive Erkenntnis gibt es dennoch: Verglichen mit Präsenzveranstaltungen hat die Stadtbibliothek mit ihren digitalen Angeboten während der Pandemie 30 Prozent mehr Menschen erreicht. "Daher wollen wir künftig Lesungen, Podiumsdiskussionen, Infoabende oder Stimmübungen sowohl in Präsenz als auch online anbieten", kündigt er an.

Hybridformate seien für Leute, die weiter weg wohnen, offensichtlich ebenso interessant wie für diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – gerade nicht mobil sind. Ebenfalls auffällig: Seit Beginn der Pandemie wird wieder mehr gelesen. "Zwar nicht im klassischen Sinn, was tragisch für das Buch an sich ist. Aber wichtig ist vor allem, dass gelesen wird", erklärt Holtz-Ersahin. Über E-Books, Hörbücher, Videos, aber auch digital zugängliche Zeitschriften und Nachschlagewerke hätten insbesondere bildungsferne Schichten eine deutlich bessere Chance der Teilhabe.

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Daher kommt der "bundesweit einzigartigen" Online-Ausleihe Metropolbib mit über 40 Bibliotheken in der Metropolregion Rhein-Neckar nach Einschätzung von Holtz-Ersahin auch eine besondere Bedeutung zu. Mit Blick auf das lebenslange Lernen und die Digitalisierung will er beim Thema Medienkompetenz den Fokus nicht nur auf die junge, sondern auch auf die ältere Generation legen.

Argumente, sich auf die Stelle in Mannheim zu bewerben, gab es für ihn gleich mehrere. Wie Duisburg auch sei Mannheim eine Stadt, die Vielfalt als Bereicherung begreife. Dieses positive Verständnis von Interkulturalität und Diversität, dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Milieus und Lebensentwürfe würde sich sowohl im Bestand als auch im umfangreichen Veranstaltungsprogramm der Stadtbibliothek widerspiegeln. Mannheim sei außerdem führend im Bereich Medienpädagogik. Der geplante Neubau in N 2 biete beste Voraussetzungen, um die Bildungseinrichtung zukunfts- und wandlungsfähig aufzustellen. "Daran will ich als Teil des Teams gern mitwirken und die neue Stadtbibliothek als lebendigen Ort der Gemeinschaft zum Blühen bringen", sagt Yilmaz Holtz-Ersahin und meint das durchaus wörtlich. Denn für den leidenschaftlichen Hobbygärtner ist der auf dem Dach vorgesehene Garten eine besondere Freude - "als Lesegarten mitten in der Stadt, für Urban-Gardening-Projekte", äußert er begeistert. Mit deren Umsetzung muss er sich allerdings noch gedulden. Da mit der Fertigstellung des Neubaus erst 2026 zu rechnen ist.

Info: "Warum Goethe heute?", darüber spricht der neue Leiter der Mannheimer Stadtbibliothek, Yilmaz Holtz-Ersahin am Dienstag, 29. Juni, um 19 Uhr. Die Veranstaltung der Goethe-Gesellschaft Mannheim Rhein-Neckar findet im Garten des Museums Zeughaus in C 5 statt.

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