E-Roller

Vom hippen Transportmittel zum Aufreger

Falsch geparkte E-Roller auf Gehwegen verärgern nicht nur Stadträte. Die Verwaltung will eine Sondernutzung für die Gefährte prüfen.

19.10.2021 UPDATE: 20.10.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
E-Scooter dürfen auf dem Gehweg abgestellt werden, allerdings nur, wenn andere Verkehrsteilnehmende nicht behindert werden. Eine Sanktionierung ist jedoch so gut wie unmöglich. Foto: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Sie galten bei ihrer Einführung 2019 als wichtiger Bestandteil der Verkehrswende, als modernes Transportmittel für die letzte Meile – doch mittlerweile haben Großstädte in ganz Europa Ärger mit den Elektrorollern. Sie werden einfach auf dem Gehweg abgestellt und behindern Passanten, es passieren vermehrt Unfälle – auch weil Nutzerinnen und Nutzer alkoholisiert auf den E-Scootern unterwegs sind – und in manchen Städten landen sie gar in Flüssen oder Seen. Die Stadt Heidelberg verhandelt derzeit mit den Anbietern über strengere Regeln bei den Abstellmöglichkeiten. Auch in Mannheim mehren sich die Beschwerden. Deshalb wollte die Fraktion der Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML) in einer Anfrage wissen, wie die Stadtverwaltung mit dem Problem umzugehen gedenkt.

In Mannheim und Ludwigshafen waren in den Sommermonaten 3400 E-Roller von vier Anbietern im Einsatz. "Im Winter werden es weniger sein", erklärte der städtische Mobilitätskoordinator Tim Neugebauer in der jüngsten Sitzung des Sicherheitsausschusses. Im vergangenen Jahr habe es 500 "Vorkommnisse" mit E-Rollern gegeben: Darunter waren 56 Verkehrsunfälle, bei 25 gab es Leicht-, bei neun Unfällen Schwerverletzte. Zudem registrierte die Polizei 270 Trunkenheitsfahrten und 90 Fälle, bei denen Drogenmissbrauch im Spiel war.

Bei Verkehrsdelikten ist eine Ahndung per Gesetz geregelt. Schwieriger ist es jedoch beim Parken: "E-Roller sind dem Fahrrad gleichgestellt, das darf man ja auch auf dem Gehweg abstellen", erklärte Neugebauer. Allerdings sollten sie andere Verkehrsteilnehmer nicht behindern. Diesbezüglich gab es in Mannheim im laufenden Jahr bis 1. September 80 Beschwerden. "Das sind zwei bis drei pro Woche", so Neugebauer. Allerdings könne man Nutzern nicht nachweisen, dass sie den Roller verkehrswidrig abgestellt haben, da er sich leicht verstellen lässt. Das mache eine Sanktionierung so gut wie unmöglich. Gemeldete E-Scooter würden von den Anbietern binnen 24 Stunden abgeholt. Das gilt auch für Roller, die mehrere Tage nicht bewegt werden.

Die Angst der Stadträte, dass in Rhein und Neckar zahlreiche Roller vor sich hinrosten könnten, ist laut Tim Neugebauer unberechtigt. Man habe die Anbieter kontaktiert. Nach deren Angaben handle es sich um einzelne Fälle, man habe die Gefährte aber stets bergen können. "Bei uns ist die Situation anders als in Köln, wo viele Roller in den Rhein geworfen wurden", informierte er. "Nahe Gewässern, Brücken oder Bahngleisen kann aufgrund der großzügigen Parkverbotszonen in Mannheim kein Roller abgestellt werden."

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Zumindest eine gewisse Erleichterung könnte den Städten unterdessen ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Düsseldorf verschaffen. Es entschied 2020, dass das Aufstellen von Mieträdern in Städten eine Sondernutzung des öffentlichen Raums darstellt. So wie ein Kiosk ein Werbeschild aufstellt oder ein Café zwei Stühle. Wer eine Sondernutzung will, zahlt eine Gebühr und braucht eine Erlaubnis von der jeweiligen Verwaltung. Diese kann mit Auflagen verknüpft werden.

Erklärte eine Stadtsprecherin vor knapp einem Monat auf Anfrage der RNZ noch, dass die Stadt Mannheim den Weg über eine Sondernutzungserlaubnis nicht unbedingt als zielführend ansehe (die RNZ berichtete), erklärte Tim Neugebauer nun, man wolle die Möglichkeit prüfen. "Wenn wir einsteigen, befinden wir uns aber nicht in einem Real-, sondern in einem Legallabor", gab der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) zu bedenken und betonte die große Rechtsunsicherheit des Vorhabens. "Deshalb setzen wir vor allem auf Gespräche mit den Anbietern", so Specht. Diese zeigten sich kooperativ, schließlich hätten sie ein großes Interesse daran, dass es zu keinen weitreichenden Reglementierungen komme. Zumal mit einer Sondernutzung nur ein Teil des Problems gelöst wäre. Denn lediglich die Zahl der Fahrzeuge und die Aufstellorte könnten so begrenzt werden. Sanktionen für das Falschparken der E-Roller aber blieben weiter fast unmöglich.

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