Welttuberkulosetag

Ultraschall und Urin für die Tuberkulose-Diagnostik

Heidelberger Forscher beginnen ein Projekt in Indien. Sie überprüfen ihre Ideen für ressourcenschwache Länder.

22.03.2022 UPDATE: 24.03.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden
Claudia Denkinger, Chefin der Klinischen Tropenmedizin am Universitätsklinikum, und Assistenzarzt Stefan Weber zeigen neue Methoden der Tuberkulose-Diagnostik, wie hier ein mobiles Ultraschall-Gerät. Foto: Philipp Rothe

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Die Tuberkulose, eine bakterielle Infektionskrankheit, ist auf der Welt noch längst nicht besiegt, auch wenn sie in Europa seit der Nachkriegszeit aus dem Blick geriet. Heidelberger Forscher um Dr. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion für Klinische Tropenmedizin und Infektiologie am Universitätsklinikum, sind nun maßgeblich an der Entwicklung von zwei preisgünstigen Diagnose-Methoden beteiligt, die in ressourcenschwachen Ländern zum Einsatz kommen könnten – ein Ultraschalltest und ein Urintest. "Damit kommen wir direkt zu den Patienten", unterstreicht Denkinger. Denn anders als in Deutschland kann man dort, wo es manchmal kaum Elektrizität gibt, nicht einfach Kernspin-Aufnahmen vom Patienten anfertigen.

Es ist jetzt genau 140 Jahre her, dass Robert Koch der Physiologischen Gesellschaft in Berlin mitteilte, dass er den Erreger der Tuberkulose entdeckt habe. 1996 wurde der 24. März deshalb von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Welttuberkulosetag erklärt.

Die Seuche, die so alt ist wie die Menschheit, könnte mithilfe von Medikamenten-Kombinationen eigentlich ausgerottet sein, doch vor allem in Asien und Afrika lebt sie weiter. Nach den Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken jedes Jahr etwa zehn Millionen Menschen an einer Tuberkulose, etwa 1,5 Millionen Menschen sterben daran. Vor Covid-19 war die "weiße Pest" die tödlichste Infektionskrankheit überhaupt. Laut Robert-Koch-Institut treten die meisten Erkrankungen in Indien, Indonesien, China, den Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und Südafrika auf, oft in Verbindung mit HIV.

In Indien, in Krankenhäusern und Ambulanzen des Staates Tamil Nadu, wird der Heidelberger Mediziner Stefan Weber im April ein Projekt mit einem tragbaren Ultraschallgerät starten. Dorthin hat er bereits früher wissenschaftliche Kontakte geknüpft – und Inder tragen 20 Prozent zu den weltweiten Tuberkolose-Fällen bei.

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Bei Patienten, die unter Husten, Gewichtsverlust und Fieber leiden, wollen die Forscher mit einer schnellen Untersuchung von Lunge und Bauchraum Hinweise auf Tuberkulose finden, die etwa auch in Lymphknoten Nieren oder Harnwegen auftreten kann. Auffällige Ergebnisse sollen dann mithilfe von Gewebeproben bestätigt werden. Rund 500 Patienten wollen die Forscher in eineinhalb Jahren untersuchen, weitere 200 werden gleichzeitig in Deutschland am Projekt beteiligt sein – in der Heidelberger Thoraxklinik und bei Partnern in Köln und Frankfurt. Moderne Technik mache die Untersuchung auch mit einem leichten Tablet oder Smartphone möglich, erklärt Weber: "Dann befindet sich die Technik im Schallkopf."

Der Urintest könnte vor allem bei HIV-Patienten eingesetzt werden. Deren Immunsystem kann laut Claudia Denkinger so geschwächt sein, dass die Tuberkulose keine Entzündungen produziert. Beim Husten gibt es also keinen Auswurf, den man eigentlich für eine Untersuchung auf Tuberkolose-Bazillen in der Lunge braucht. Der Urintest, so Denkinger, erkenne vier von fünf Tuberkulose-Erkrankungen bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion. Bei kontrollierter HIV-Infektion ist es immer noch die Hälfte – so viel wie bei der Untersuchung von Auswurf.

"Selbst ein nicht so akkurater Test ist hier schon ein Fortschritt", findet Claudia Denkinger. Sie war beim WHO-Kollaborationszentrum in Genf an der Test-Entwicklung maßgeblich beteiligt. Urin- wie Ultraschalltest brauchen letztlich noch eine Empfehlung der WHO und auch Geldgeber, ehe die Materialien produziert und eingesetzt werden können.

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