Mit Musik und Kreativität für Freiräume und Sichtbarkeit
Die Kulturszene machte am Samstag auf sich aufmerksam. Rund 70 Teilnehmer auf Demonstration.

Von Hannes Huß
Heidelberg. Die Corona-Hilfen sind ausgelaufen, neue (Teil-)Lockdowns sind nicht in Sicht. Trotzdem ist es um die Heidelberger Kulturszene nicht gut bestellt. Mit der Schließung der "Breidenbach Studios" Ende des Jahres verliert Heidelberg eine weitere subkulturelle Institution. Um auf diese Lage aufmerksam zu machen und die eigenen Anliegen möglichst vielen Heidelbergern nahezubringen, fand an diesem Samstag die inzwischen dritte "Kulturdemo" statt. Ein breites Bündnis aus queeren Initiativen, Kulturschaffenden und Sympathisanten zog mit etwa 70 Menschen vom Karlsplatz über die Hauptstraße zur Neckarwiese, ausgestattet mit Plakaten und zwei Autos, aus denen Musik schallte.
"Für eine Stadt mit 39.000 Studenten gibt es in Heidelberg einfach zu wenige kulturelle Angebote", klagt Organisatorin Carolin Ott. Seit 20 Jahren wohne sie inzwischen in Heidelberg, in dieser Zeit sei nichts passiert. Zwar habe die Stadt während der Corona-Lockdowns Fördergelder ausgezahlt, doch die Bereitschaft dazu sei jetzt wieder geringer. Für queere Initiativen sei außerdem die Frage nach einem queeren Zentrum wie dem in Mannheim dringend.
Das sieht auch Jennifer Bihr von der Initiative "The Bubble" so. Für queere Personen gebe es in Heidelberg keine eigenen Räume, in denen sie sich treffen können, ohne Angst vor Diskriminierung. Es fehlt also an "Safe Spaces". Das sei in Mannheim deutlich besser. Dort gibt es eigene Clubs und Freiräume. Ohne solche Möglichkeiten könne sich die queere Kulturszene in Heidelberg mit ihren vielfältigen Veranstaltungen nicht zeigen.
Ausgerüstet mit einem "Der Herr OB kann alles bauen, nur nicht einen Proberaum" läuft André Przybylski auf der Demonstration mit. Bands, die nach Proberäumen suchen, werde nicht geholfen, erzählt er. Auch das Dezernat 16 könne da nicht weiterhelfen, meint ein Redner auf der Zwischenkundgebung auf dem Uniplatz. Dieses nehme nur professionelle Musiker auf, wobei sogar dafür die Räume nicht ausreichten. Amateure und junge Bands hätten gar keine Chance.
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Kurz nach Beginn der Demo stoßen auch die beiden OB-Kandidatinnen Sofia Leser und Angeliki Alina Papagiannaki-Sönmez dazu. Sie waren zuvor noch auf dem Marktplatz auf einer weiteren Demonstration, sind aber beide mit vollem Herzen dabei. Sie tanzen am meisten zum Techno aus dem hinteren Wagen und vermitteln, wie wichtig ihnen die Heidelberger Kulturszene ist: "Kultur ist absolut systemrelevant, gerade in Krisenzeiten wie wir sie aktuell durchleben", erzählt Papagiannaki-Sönmez. Kultur könne Hoffnung und Optimismus verbreiten und so den gesellschaftlichen Zusammenhalt über jegliche Grenzen hinweg stärken.
Leser, die zu den Organisatoren der Kulturdemonstration zählt, sieht in der Krise auch eine Chance: "Die Kulturszene in Heidelberg stirbt aus, aber durch die Notlage entstehen auch neue Projekte, die die Zukunft sein können." Dafür brauche es Räume und Wertschätzung.
Immer wieder schauen Fußgänger interessiert herüber, ein paar schließen sich dem Demonstrationszug sogar an, andere lesen interessiert den Flyer mit den Forderungen. Dazu zählen die Einbeziehung lokaler Akteure oder mehr Unterstützung bei der Raumsuche.
Info: Alle Forderungen des Bündnisses kann man im Internet unter https://kurzelinks.de/6vfw nachlesen.



