Premiere des Musiktheaterprojekts "Sehr geehrte Zukunft"
Gleich fünf Gruppen des Jungen Tanztheaters widmen sich dem Blick nach vorne.

Von Peter Wiest
Heidelberg. Sie haben Briefe an die Zukunft geschrieben und sich Gedanken darüber gemacht, welche Wünsche und Vorstellungen sie damit verbinden. Dabei tauchten naturgemäß die unterschiedlichsten Vorstellungen und Fragen auf. Darüber hinaus wurden auch ebenso ängstliche wie zuversichtliche Blicke auf das geworfen, was noch kommen und ihr noch so junges Leben prägen und gestalten wird. Entstanden ist so eine Art Ansprache an die Zukunft, die die über 50 Tänzerinnen und Tänzer des Jungen Tanztheaters im Alter zwischen acht und 28 Jahren unter Leitung von Corinna Clack und zusammen mit Musikerinnen umgesetzt haben in das neue Programm "Sehr geehrte Zukunft". Für Anfang 2020 geplant, musste es verschoben werden, ging jetzt aber endlich am Wochenende im Zwinger 3 tatsächlich über die Bühne mit gleich drei Vorstellungen vor begeistertem Publikum.
Bereits bei der Premiere am Samstag wurde klar, dass die jungen Tänzerinnen und Tänzer selbst fast noch begeisterter waren als ihr Publikum und dies in ihrer Vorführung auch deutlich zum Ausdruck brachten. Es war neben tänzerischem Können absolute Leidenschaft und Hingabe, die aus den Darbietungen sprach. Immer wieder wurde dabei auch deutlich, dass bei aller gut abgestimmter Choreografie noch Raum für tänzerische Improvisation belassen wurde. Und dieser wurde von den Jugendlichen auch gerne genutzt.
Insgesamt fünf tänzerische Gruppierungen, darunter eine inklusive, beschäftigen sich bei der Produktion mit ganz unterschiedlichen Thematiken und blicken dabei tänzerisch überzeugend auf und in die Zukunft. Die Idee, sich dem Thema mit allen Sinnen zu nähern, wird förmlich sichtbar in den einzelnen Choreografien, bei denen Fragen zum Ausdruck kommen wie "Bin ich morgen glücklich?", "Werde ich einen Menschen finden, den ich so liebe wie er mich?", oder auch "Bin ich dann überhaupt noch da?" und "Werden wir gemeinsam noch unter Bäumen sitzen können?".
Um "Bäume und Bienen" geht es ebenso wie um "Kreisläufe". Die "Aktivistinnen" zeigen danach ihre Sicht der Dinge und tanzen an gegen Resignation und für ihre eigene und die nächsten Generationen. Das tun auch die "Philosophinnen", die tänzerisch reflektieren über sich selbst, die Gruppe und die Gesellschaft. Dass alle Menschen miteinander verbunden sind und letztlich ihre Zukunft nur gemeinsam gestalten können, ist schließlich Tenor der "Beziehungs*Elemente" genannten Gruppe, die mit ihrer Choreografie das zum Ausdruck bringt, was ihr inhaltlich durch ihre Zukunfts-Briefe vorgegeben wird: "Mit allen Sinnen wandern wir zwischen den Polen menschlichen Seins."
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Nicht zuletzt auch durch die wunderbare Musik wird die "Sehr geehrte Zukunft" zu einem nicht nur sehen-, sondern auch hörenswerten Gesamtevent. Für den guten Ton zur Choreografie sorgen dabei Cordula Reiner-Wormit an Keyboards und Harfe, Cellistin Elisa Herbig, Percussionistin Cris Gavazzoni und Jutta Glaser mit ihren Gesangs- und stimmlichen Geräusch-Kreationen vom Bienensummen über Piepsen und Schnattern.
Auch wenn die Produktion lange vor dem Krieg in der Ukraine abgeschlossen wurde und deshalb darauf keinen direkten Bezug nimmt, wird doch klar, dass mit dem Blick auf die Zukunft nicht nur Hoffnung, sondern auch Angst verbunden ist – eben vor Krieg und dem, was auf die Tänzerinnen und Tänzer und ihre Kinder zukommen könnte. Nicht zuletzt deshalb heißt es beim großen Finale, zu dem sich alle gemeinsam auf der Bühne einfinden, noch einmal deutlich: "Halt mich fest, Zukunft – aber bitte drück mich nicht zu sehr." Und weiter: "Hey Zukunft, bleib cool. Halte durch – und lass Dich nicht hängen!"
Info: Weitere Aufführungen von "Sehr geehrte Zukunft" am Samstag, 26. März, um 15 und 18 Uhr sowie am Sonntag, 27. März, um 12 und 15 Uhr im Zwinger 3. Tickets über eine Warteliste unter www.foerderverein-tanztheater.de.



