Der GGH-Mieterbeirat wird wohl abgeschafft
Kaum noch Interesse von Mietern - Stattdessen soll es Ombudsleute geben - Kritik von Linke, Piraten und Bunte Linke

Von Sebastian Riemer
Heidelberg. 35 Jahre lang war Heinrich Gölz im Mieterbeirat der städtischen Wohnungsgesellschaft GGH, die letzten zehn Jahre als Vorsitzender. Nun soll die Institution abgeschafft werden, doch Gölz weint ihr nicht nach. "Die Anfragen wurden in den letzten Jahren immer weniger", sagt der 70-Jährige. "Die Leute korrespondieren lieber selbst mit der GGH. Der Mieterbeirat ist überholt."
Als der Gemeinderat das Gremium 1972 einführte, war die Grundidee, ein Bindeglied zu schaffen zwischen Mietern und Vermieter. Die Beiräte in zehn verschiedenen Bezirken waren Mittler zwischen Bewohnern und der GGH, aber auch zwischen Mietern untereinander. "Heute regeln die Leute ihre Anliegen eher selbst", sagt Gölz, und die GGH behandle jedes Anliegen in der Regel zügig - ganz egal, ob nun ein Mieterbeirat oder der Mieter selbst anriefen oder eine E-Mail schrieben. Und Gölz ergänzt: "Wenn innerhalb einer Wohngemeinschaft Streit herrscht, konnten wir sowieso kaum helfen."
Der Bedeutungsverlust des Mieterbeirats wurde im Sommer ganz deutlich: Für die alle fünf Jahre stattfindenden Neuwahlen, auf die im Juni in der an alle GGH-Haushalte verteilten Zeitschrift "Domizil" hingewiesen wurde, lagen zu Bewerbungsschluss Ende August nach RNZ-Informationen nur Kandidaturen von 14 der rund 7000 GGH-Mieter vor. In zwei der zehn Bezirke wollte nicht ein einziger Mieter kandidieren. Heinrich Gölz wundert das nicht: "Sie können machen, was Sie wollen: In Städten wird es immer schwieriger, Menschen fürs Ehrenamt zu begeistern." Die GGH zog Konsequenzen und machte nach RNZ-Informationen im Aufsichtsrat einen Vorschlag: Statt des Mieterbeirats soll künftig der Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft Ombudsleute ernennen. Für Heinrich Gölz eine gute Lösung: "Für die ältere Dame, die keine E-Mail hat und sich nicht traut, bei der GGH anzurufen, ist das dann ein guter Ansprechpartner."
Doch nicht alle Mieterbeiräte sehen das so: Marion Weber und Rolf Janson wollen die Institution unbedingt retten - und haben nun sogar eine Umfrage unter den Mietern gestartet, wer für den Erhalt des Mieterbeirats ist. Und auch die Fraktionen von Linker/Piraten sowie Bunter Linker im Gemeinderat setzen sich für den Mieterbeirat ein. Linke-Stadträtin Sahra Mirow fragt sich: "Warum gibt es jetzt erstmals seit über 40 Jahren zu wenig Kandidatinnen und Kandidaten? Liegt es daran, dass der Wahlaufruf nicht gelesen wurde, oder daran, dass der Mieterbeirat zu wenig wahrgenommen wird?" Und Bunte-Linke-Stadträtin Hilde Stolz meint: "Die Abschaffung des lange bestehenden Mieterbeirates entspricht dem neoliberalen Zeitgeist. Jeder Mieter soll sich nur noch alleine um seine Angelegenheiten kümmern dürfen."
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Die geplante Umstellung auf Ombudsleute wird am heutigen Donnestag auch im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung diskutiert. Deshalb hielt GGH-Geschäftsführer Peter Bresinski sich auf RNZ-Anfrage auch noch bedeckt. Er wolle zunächst den Gemeinderat informieren. Im Vorfeld sagte er lediglich: "Wir überarbeiten und modernisieren die Mieterkommunikation und -partizipation, weil das bisherige System ein wenig überholt ist."



