Neuer RNV-Betriebshof Heidelberg

Kritik und Entsetzen über hohe Kosten von 142 Millionen Euro

Trotzdem nimmt er die Hürde im Bauausschuss. Die RNV will "atmen" können.

22.02.2024 UPDATE: 22.02.2024 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Der alte Betriebshof in Bergheim ist zu klein und entspricht schon lange nicht mehr den modernen Arbeitsschutzrichtlinien. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die Pläne für den Ausbau des RNV-Betriebshofs am Standort Bergheim sind bis aufs kleinste Detail durchdacht. Dementsprechend viel Lob gab es dafür im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss am Dienstag.

Doch die hohen Investitionskosten von 120 Millionen Euro für den Altstandort und weitere 22 Millionen für eine weitere Straßenbahnabstellanlage in Wieblingen sorgten für Kritik und Entsetzen. Ungeachtet dessen sprach sich die überwiegende Mehrheit des Ausschusses bei nur zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen für das aktuelle Konzept aus, das Frank Dommasch, Bereichsleiter Infrastruktur bei der RNV, zuvor vorgestellt hatte. Am 14. März soll der Gemeinderat den entsprechenden Grundsatzbeschluss fällen.

Was ist geplant? 30 Busse und 32 Straßenbahnen könnten in dem Neubau am alten Standort in der Bergheimer Straße abgestellt werden. Dort müssen aber auch die Werkstätten für die RNV-Fahrzeuge und die technische Infrastruktur – etwa Weichen und Oberleitungen – untergebracht werden. Hinzu kommen Büros, Sozialräume und eine öffentliche Kantine mit Terrasse.

Warum sind jetzt auf einmal zwei Geschosse notwendig? "Wir wollen so wenig Flächen wie möglich versiegeln", sagte Dommasch. "Der Umstieg auf elektrische Busse hat uns aber gezeigt, dass der Platzbedarf im Vergleich zu den früheren Plänen deutlich größer ist." Allein die Ladeinfrastruktur verbraucht mit 300 Quadratmetern doppelt so viel Platz.

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Die neuen Fips-Busse müssen ebenso unterkommen wie ein "Havarie"-Stellplatz (plus 350 Quadratmeter), auf dem ein defekter Elektrobus abgestellt werden und notfalls auch ausbrennen kann. Zusätzliche Brandschutzwände benötigen ebenfalls Raum. Dommasch: "Es geht darum, dass wir im Brandfall nicht eine ganze Fahrzeugflotte verlieren." Durch das zweite Stockwerk, in dem, so Dommasch, die "gummibereiften Fahrzeuge" unterkommen, ist jetzt aber auch mehr Platz im Erdgeschoss für die Straßenbahnen. Statt 24 können dort nun 32 untergebracht werden.

Sie können von den RNV-Technikern an acht Arbeitsständen (zwei mehr als in der alten Planung) gewartet werden. Das ist ausreichend für 75 Straßenbahnen (vorher: 50). "Wir bauen den Betriebshof für die nächsten 40 bis 50 Jahre", betont Dommasch: "Das heißt, wir müssen atmen können, sonst müssen wir ganz schnell wieder um einen neuen Standort kämpfen." Und das bedeute auch zusätzliches Personal.

Bleibt der Betriebshof eine Hitzeinsel? Um die mikroklimatischen Folgen für Bergheim-West zu lindern, ist entlang der Emil-Maier-Straße, also in Richtung des Kreativwirtschaftszentrums Dezernat 16 in der alten Feuerwache, eine Grünfläche mit dem Arbeitstitel "Emil-Maier-Park" vorgesehen. Die Fassade des Betriebshofes wird zurückgesetzt, damit dort eine Grünfläche mit Aufenthaltsqualität entsteht.

6500 Quadratmeter Fassade und Dach werden begrünt, 5500 Quadratmeter Photovoltaik-Anlagen sind möglich. So sollen zum Beispiel die Busse in Carports untergebracht werden, die Dächer für Gewinnung von Sonnenenergie genutzt werden.

So könnte der Neubau aussehen: Im zweiten Obergeschoss sind Carports für Busse geplant. Gegenüber dem Landfried-Areal entsteht ein 21 Meter hoher Gebäuderiegel. Visualisierung: RNV

Wie groß wird das Ganze? Der neue Betriebshof auf dem alten Standort entsteht auf einer Grundfläche von 21.000 Quadratmetern. Er ist 170 Meter lang und 125 Meter breit. In der Karl-Metz-Straße greift der Bau mit 21 Metern die Höhe des gegenüberliegenden Landfried-Komplexes auf. Hier werden die Büros, die Cafeteria und Werkstätten untergebracht. In der Emil-Maier-Straße entsteht ein Terrassenbau mit einer Höhe von elf und zurückgesetzt 17 Metern.

Was ist in Wieblingen geplant? An der "Haltestelle Berufsschule" soll eine dezentrale Abstellanlage mit Platz für weitere 18 Bahnen entstehen. Damit könne der Bedarf auch für weitere Straßenbahnlinien in Heidelberg gedeckt werden. Hier sind auch ein Betriebsgebäude und Mitarbeiterparkplätze vorgesehen. Die zuvor von der RNV ins Spiel gebrachte zusätzliche Fläche in Rohrbach-Süd wird dagegen nicht mehr gebraucht und dient nur noch als Reserve.

Wann und wie lange wird gebaut? Die Bauzeit für den Betriebshof inklusive der dezentralen Abstellanlage wird etwa sechs Jahre dauern. Da der Straßenbahnverkehr weiter laufen muss, wird der alte Betriebshof abschnittsweise zurückgebaut. In der zweiten Bauphase müssen dann alle Busse und die ersten 17 Straßenbahnen ausgelagert werden. Mögliche Abstellplätze liegen in Handschuhsheim, Kirchheim Friedhof, Leimen Friedhof und Edingen.

In der dritten Bauphase müssen alle bis auf vier Straßenbahnen ausgelagert werden. Bis dahin muss die Abstellanlage an der Haltestelle "Berufsschule" fertig sein. In Wieblingen sollte, so der Wunsch der RNV, daher bereits Ende 2025 Baubeginn sein. Nach Fertigstellung im Jahr 2026 könnten dann auch die Arbeiten in Bergheim beginnen. Mögliche Inbetriebnahme wäre dann 2031.

Was kostet das Ganze die Stadt? Die RNV rechnet bei den Investitionskosten von 142 Millionen Euro mit Bundes- und Fördergeldern von rund 50 Prozent. Durch Photovoltaik, Begrünung und teilweise Entsiegelung in der Emil-Maier-Straße könnte der Förderanteil aber noch höher ausfallen. Bislang schätzt die Stadt, dass sie die Verkehrsbetriebe wegen der hohen Kosten mit jährlich 7,6 Millionen Euro zusätzlich bezuschussen muss – und das für die nächsten 30 Jahre.

Wie reagieren die Stadträte? Viele, darunter Matthias Fehser (Heidelberger) waren entsetzt über die immensen Kosten. Fehser kündigte an, dass sich seine Fraktion deshalb enthalten werde. Die Preisexplosion sei den "Pseudo-Naturschützern" zu verdanken, die den Betrieshof-Bau auf dem Ochsenkopf verhindert hätten. Das Geld fehle nun bei der Schulsanierung und anderen Nahverkehrsprojekten.

Sören Michelsburg (SPD) und Ursula Röper (Grüne) sahen hingegen keine Alternative zu den RNV-Plänen. Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) wiederum kritisierte, dass das Projekt nun fast zweieinhalb mal so teuer werde wie ursprünglich geplant. Er befürchtet, dass Bund und Land einen Sparkurs einschlagen könnten. "Wir benötigen die Fördermittel dringender für die neuen Straßenbahnen zum Patrick-Henry-Village oder im Neuenheimer Feld."

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