"Die Linke" will mehr bezahlbaren Wohnraum
"Wir dürfen die Fehler der Bahnstadt nicht wiederholen". Kreisvorsitzender Franky Hund erklärt, wieso ihn der Machtkampf seiner Partei auf Bundesebene nicht sorgt.

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Die Atempause für die Heidelberger Kommunalpolitik ist kurz. Nach der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Herbst folgt schon die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024. Wie bereiten sich die Parteien und Wählerinitiativen darauf vor? Wie weit sind sie mit der Aufstellung der Listen und mit ihren Programmen?
In der RNZ-Serie "Der Sommer vor der Wahl" hat sich die Stadtredaktion bei den Kreisvorsitzenden und Vorständen umgehört. Den Treffpunkt durften die Interviewten selbst aussuchen. Heute im Gespräch: Franky Hund von der Partei "Die Linke". Der 29-Jährige studiert in Heidelberg Philosophie und Geschichte auf Gymnasiallehramt.
Herr Hund, warum treffen wir uns ausgerechnet hier oben, im Emmertsgrund, an der Passage?
Noch weit vor meiner Zeit, im Jahr 2008, gab es hier einen Bürgerentscheid, bei dem es um den Verkauf von sozialem Wohnraum ging. Das zeigte schon damals, dass in Heidelberg, auch in den Bergstadtteilen, eine Verdrängung stattfindet, dass Wohnungen zunehmend privatisiert werden. Bestätigt wurde das durch den Weiterverkauf von einem großen Teil an Wohnungen in der Emmertsgrundpassage und am Jellinekplatz an zwei Immobilienfirmen im Jahr 2020.
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Was verbinden Sie noch mit den Bergstadtteilen, besonders mit dem Emmertsgrund?
Die Verbindung in die Stadt mit dem öffentlichen Nahverkehr ist zu schlecht getaktet. Außerdem bekommen wir oft die Rückmeldung, dass es zu wenige Spielplätze gibt, in zu schlechter Qualität. Im Emmertsgrund mangelt es an vielem – was wir sehr schade finden, weil es hier oben sehr schön ist.
Gerade das Wohnen in Heidelberg war in der Vergangenheit ein wichtiges Thema für Ihre Partei. Wird das auch im kommenden Kommunalwahlkampf so sein?
Absolut. Unser Ziel ist es, eine aktive Bodenpolitik in Heidelberg zu fördern, wie es etwa in Ulm oder Wien der Fall ist. Wir wollen zeigen, dass wir an der Seite der Heidelberger Mieterinnen und Mieter stehen, uns für bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum stark machen.
Wie genau wollen Sie das machen?
Indem wir etwa die Quote an gefördertem Wohnraum erhöhen oder einen kommunalen Grundstücksfonds zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum einrichten. Gerade die Entwicklung von Patrick-Henry-Village als letzte große Konversionsfläche in der Stadt ist eine große Chance. Wir sollten dort auch gemeinschaftliche Wohngruppen mit ins Boot holen, wie es sie bereits in der Südstadt gibt. Das Ziel muss sein, dass der neue Stadtteil so divers wie möglich wird und unterschiedlichen Einkommensschichten offensteht. Es dürfen auf keinen Fall die Fehler wiederholt werden, die in der Bahnstadt gemacht werden, wo ein Stadtteil nur von privaten Investoren entwickelt wurde.
Was sind sonst Ihre Ziele?
Die Frage ist, wie wir es hinbekommen, eine Stadt für alle Menschen zu schaffen. Das geht vom Wohnen über kostenlose Kulturangebote ohne Konsumzwang bis hin zur Mobilität. Gerade das Thema Verkehr ist uns ein wichtiges Anliegen: Da wollen wir soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammen denken.
Schüler und Inhaber des Heidelberg-Passes können durch Bezuschussung der Stadt für neun Euro im Monat mit Bussen und Bahnen fahren – im letzten Jahr waren es noch drei Euro. Ist Ihre Vision vom kostenlosen ÖPNV erst einmal hinfällig geworden?
Wir setzen uns auch weiter für einen perspektivisch kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für alle in Heidelberg ein. Ob und wie schnell der kommt, hängt natürlich auch von den anderen Fraktionen im Gemeinderat ab.
Heidelberg ist so hoch verschuldet wie nie. Wie wollen Sie da so etwas wie einen kostenlosen ÖPNV finanzieren?
Zum Beispiel über eine moderate Anhebung der Gewerbesteuer – aber da sind die Möglichkeiten natürlich begrenzt, weshalb wir bundesweit seit Langem eine Gemeindewirtschaftssteuer wollen, die gerade kleinere Unternehmen entlasten würde. Auch über die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer und eine höhere Erbschaftssteuer – also mehr Steuergerechtigkeit – hätten wir viel mehr Möglichkeiten, eine Politik für alle Menschen zu machen.
Auf Bundesebene ist Ihre Partei so schwach wie lange nicht: Sahra Wagenknecht könnte eine eigene Partei gründen, "Die Linke" droht zu zerfallen. Sind Sie in Sorge, dass sich die Querelen auch auf die kommunale Ebene auswirken?
Nein, das denke ich nicht. Als Kreisvorstand haben wir den Beschluss des Bundesvorstandes unterstützt, Sahra Wagenknecht zur Rückgabe ihres Mandats aufzufordern. Damit ist das Thema für uns geklärt. Wir sind hier ein junger, aufstrebender Kreisverband, haben zuletzt viele neue Mitglieder gewonnen – und wir werden uns nun auf die Kommunalwahl im nächsten Jahr konzentrieren.
Wie sieht Ihr Zeitplan für den Kommunalwahlkampf aus?
Wir wollen Anfang Dezember unser gemeinsam mit unserer Basis erarbeitetes Programm und unsere Kandidatenliste vorstellen. Uns ist es wichtig, dass sich auf dieser Liste nicht nur für Parteimitglieder wiederfinden, wir möchten auch Heidelberger aus der Zivilgesellschaft einbinden, die sich für linke Politik begeistern können. Da sind wir sehr offen für Interessierte.
Was ist Ihr Wunschergebnis?
Wir wollen uns auf jeden Fall verbessern. Wenn wir unseren Job gut machen, bin ich zuversichtlich, dass wir den ein oder anderen Sitz hinzugewinnen können.