Welche Visionen junge Leute vom Leben in der Stadt haben
Junge Erwachsene aus Montpellier und Heidelberg möchten feste Strukturen aufbrechen und Freiräume mit Leben füllen.

Von Lena Scheuermann
Heidelberg. Wie sieht für junge Menschen die Stadt der Zukunft aus? Mit dieser Frage beschäftigten sich am letzten Wochenende 25 junge Menschen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren aus Heidelberg und Montpellier. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft veranstaltete der Stadtjugendring in Kooperation mit dem Heidelberg-Haus in Montpellier ein dreitägiges Barcamp, bei dem sich junge Erwachsene über ihre Visionen zum Thema Lebensqualität in beiden Städten austauschen und gleichzeitig länderübergreifend vernetzen konnten.
Mehr Mitspracherechte bei der Stadtgestaltung und vor allem mehr funktionale Orte, die nicht in einer Struktur verharren, sondern flexibel und in Eigenregie gestaltet werden können – das wünschen sich die jungen Erwachsenen von der Politik. "Wir möchten feste Strukturen aufbrechen, um mehr Platz für Kreativität und Austausch zu schaffen", bringen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Wünsche auf einen gemeinsamen Nenner.
Als positives Beispiel für eine kreative und vor allem flexible Raumgestaltung wurde das Heidelberger Projekt Neckarorte angeführt, das am Iqbalufer mit seiner Paletten-Landschaft verschiedene Nutzungsmöglichkeiten anbietet: Vormittags durch gemütliche Sitzgelegenheiten als offener Arbeitsplatz nutzbar, wird der Ort nachmittags zum Treffpunkt für Familien, an dem man abends dank mobilem Gastronomie-Angebot und kulturellen Veranstaltungen den Tag ausklingen lassen kann.
"Man könnte den Anwohnern zeigen, wie man diese Paletten baut, sie so aktiv an der Gestaltung teilhaben und anschließend das Ergebnis nutzen lassen", schlagen die jungen Erwachsenen für ähnliche Projekte vor – und präsentieren mit mobilen Gemeinschaftsgärten oder -bibliotheken auch gleich erste konkrete Nutzungsangebote. Jetzt bräuchte man nur noch Flächen im Stadtgebiet, auf denen sich derartige Ideen verwirklichen ließen.
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"Wenn die Städte Freiräume zur Verfügung stellen, werden wir ihn auch füllen", davon ist die Heidelberger Studentin Lydia Beck überzeugt. Dieser Meinung sind auch ihre Mitstreiter und verweisen auf das aktuelle "Feierbad"-Projekt für Jugendliche auf dem Gelände des ehemaligen Schwimmbadclubs. Das Wichtigste sei allerdings, dass man die Bürger bei der Gestaltung mit ins Boot hole, um die freien Flächen nach deren Bedürfnissen und Wünschen zu gestalten – und hier kommt die Politik ins Spiel.
Am Sonntag präsentierten die jungen Visionäre ihre Ergebnisse Raoul Schmidt-Lamontain, Bürgermeister für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, sowie Montpelliers Oberbürgermeister Michaël Delafosse – die beide einige Anregungen und Ideen für ihre Städte mitnahmen. So brachte Schmidt-Lamontain etwa das Airfield als möglichen Raum ins Gespräch, auf dem zukünftig kreative Gestaltungsmöglichkeiten ausprobiert werden könnten – gab aber gleichzeitig zu bedenken, dass dafür viel Engagement und ehrenamtliche Arbeit notwendig seien. Delafosse lobte unterdessen die Ideen, die sich schnell und unkompliziert umsetzen ließen und sprach sich für Begegnungsmöglichkeiten für alle Altersgruppen aus.
Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während des dreitätigen Barcamps die städtebaulichen Entwicklungen Heidelberg genauer unter die Lupe nehmen konnten, hoffen sie nun auf einen baldigen Gegenbesuch – schließlich sollen die Heidelberger Jugendlichen Montpellier nicht nur aus Erzählungen kennenlernen, sondern auch aktiv vor Ort erleben.



