Waseem Butt nimmt Stellung zu seinem Fraktionsausschluss

Ex-CDU-Mitglied bereut nichts: "Die CDU-Fraktion hat sich selbst beschädigt" – Sorge, dass die Partei nach rechts driftet

13.09.2016 UPDATE: 14.09.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

Foto: privat

ani. Waseem Butt ist nicht länger CDU-Fraktionsmitglied der CDU. Das beschlossen die Christdemokraten am Montagabend einstimmig. Jetzt nimmt der 42-Jährige Stellung dazu - und sorgt sich vor allem um die Zukunft der Heidelberger CDU. Das Interview wurde auf Wunsch von Butt schriftlich per E-Mail geführt.

Herr Butt, seit gestern Abend sind Sie fraktionslos. Wie geht es Ihnen damit?

Danke. Vorher parteilos, jetzt fraktionslos. Es gibt Schlimmeres. Persönlich freue ich mich über die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung.

Hat Sie die Entscheidung Ihrer Fraktionskollegen überrascht?

Mich überraschten drei Dinge: Die CDU-Fraktion beschädigt sich selbst. Es ist unseriös, mir vorzuwerfen, was wir schwarz auf weiß vertraglich festgeschrieben haben: keine Parteimitgliedschaft, keinen Fraktionszwang. Es lässt sich nur so erklären, dass der Druck vom rechten CDU-Flügel wegen der Flüchtlinge so groß wurde, dass meine Stimme, die sozialere und liberalere Positionen vertrat, zum Schweigen gebracht werden musste. Daran sieht man, wie geschwächt der Mitte-links-Flügel der Kanzlerin in der Heidelberger CDU momentan ist. Am meisten überrascht mich aber, dass die CDU jetzt offenbar dieselbe rechtsgerichtete Strategie wählen möchte, mit der sie die Landtagswahl in Baden-Württemberg verloren hat.

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Es gibt zwar keinen Fraktionszwang, aber so etwas wie Kollegialität. Haben Sie sich gegenüber den Fraktionskollegen immer kollegial verhalten?

Natürlich, ich habe mich stets völlig kollegial und vertragstreu verhalten. Einige sind dankbar, denn ich habe in der Öffentlichkeit viel für die CDU-Fraktion getan. Enttäuscht hat mich, dass man mich gestern noch formal zum Gespräch gebeten hat, obwohl alles schon entschieden war, die Presseerklärung schon fertig war, mein letzter Stadtblattartikel schon blockiert worden war. Aber wir haben uns kollegial voneinander verabschiedet.

In dem Fall des Lehrers Cszaszkóczy haben Sie eine Erklärung unterschrieben, ohne Rücksprache mit den Fraktionskollegen, seit Ende Juni besuchten Sie nicht mehr die Sitzungen. Vertraglich haben Sie sich aber dazu verpflichtet.

Das ist ein Vorwand, denn bis gestern gab es aus der Fraktion nie einen Hinweis an mich, dass jemand ein Problem mit meiner Unterstützung für ein Akteneinsichtsrecht von Herrn Cszaszkóczy hat. Auch für sein Recht auf Akteneinsicht würde ich mich aus Rechtsstaatsprinzip einsetzen. Selbst, wenn er die Fraktion gebeten hätte, wäre es möglich gewesen, weil wir uns vertraglich für eine bürgernahe Verwaltung einsetzen wollten. Grund für mein Fehlen in den Sitzungen war mein Protest gegen Vertragsverstöße durch die CDU-Fraktion.

Zu Ihrem Ausschluss aus der Fraktion hat auch geführt, dass Sie sich auf Facebook und in der RNZ öffentlich immer wieder von der CDU distanzierten. Bereuen Sie, was Sie gesagt und gepostet haben?

Warum sollte ich meine Transparenz und vertragstreues Verhalten bereuen? Sie gehört zu meinem Politikverständnis. Die Trennung hat weniger mit mir zu tun als mit dem innerparteilichen CDU-Flügelstreit über den "rechten" Kurs. Große Sorgen mache ich mir, weil mein Vertrag die CDU davon abhielt, mit der AfD zusammenzuarbeiten und in der Migrations- und Integrationspolitik nach rechts zu driften. So erzielte der Gemeinderat 2015 einen großen Konsens über den Umgang mit Flüchtlingen.

Sie verlieren nun Ihre Sitze in den Ausschüssen. Werden Sie versuchen, sich einer anderen Fraktion anzuschließen?

Es wird darum gehen, wie der Gemeinderat im Interesse der Wähler auch Menschen mit Migrationshintergrund im Stadtrat integriert und was wir zu einer friedlich zusammenlebenden, offenen Stadtgesellschaft beitragen können. Mit den meisten Stadtratskollegen gibt es ein gutes Verhältnis.

Was sind nun Ihre nächsten Schritte?

Viele Gespräche führen mit Stadtratskollegen und Unterstützern. Meine Themen bleiben frisch, und ich habe bisher immer Lösungen gefunden.

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